„Ihre weiteste Verbreitung fanden die Verschwörungstheorien über den 11. September freilich in der islamischen Welt. In Ländern wie Pakistan glaubt „tout le monde“ an die Geschichte von dem jüdischen Komplott; auch die Gebildeten servieren ihrem Gast dieses Gerücht lächelnd zum Tee. Der ägyptische Popstar Shaaban Abdel Rahim, der sich Chaaboula nennt, schrieb ein populäres Lied mit dem Titel ‚Ich hasse Israel‘. Auf dem dazugehörigen Musikvideo sieht man in einem Zeichentrickfilm, wie Ariel Scharon grinsend das World Trade Center in die Luft sprengt. Dass solch gefährlicher Unsinn sich in der islamischen Welt enormer Beliebtheit erfreut, ist allerdings kein Wunder. Schließlich sind die ‚Protokolle der Weisen von Zion‘ – eine antisemitische Fälschung, in der zu lesen ist, die Juden würden allenthalben Chaos stiften, um die Weltherrschaft an sich zu reißen – in der arabischen Welt das am weitesten verbreitete Buch nach dem Koran.
Wenn man sich mit Arabern unterhält, wird die Behauptung, der Mossad und der CIA seien an dem Anschlag vom 11. September schuld, meist von einer selbstkritischen Anmerkung begleitet, die psychologisch ziemlich aufschlussreich ist: „Wir Muslime können gar nicht an diesem Terrorangriff schuld sein“, heißt es dann – ‚wir wären technisch gar nicht dazu in der Lage!‘ Mit anderen Worten: Hinter dem Hass auf Israel verbirgt sich ein abgrundtiefer Selbsthass. Muslimische Gesprächspartner sind auch fähig, ohne Luftholen die folgenden beiden Aussagen miteinander zu verbinden. Erstens: Wir haben diesen Anschlag nicht zu verantworten. Der Islam hat nichts damit zu tun. Zweitens: Die Amerikaner haben verdient, was ihnen am 11. September geschah.“
(Richard Herzinger: „Der gefährliche Glaube an die große Verschwörung“)