Den Westen scheint diese Entwicklung aber kaum noch zu interessieren. Ungerührt sieht die hiesige Politik und Öffentlichkeit zu, wie Assads Kriegskoalition Idlib in Schutt und Asche bombardiert, die Infrastruktur der Provinz systematisch zerstört und dabei bereits an die 500 Zivilisten getötet sowie über 400.000 Bewohner in die Flucht getrieben hat.
Doch der Triumph der Kriegsachse Damaskus-Moskau-Teheran wird verheerende weltpolitische Auswirkungen haben, deren Dimension man sich im Westen offenbar nicht bewusst ist – oder nicht sein will. Dabei hat der Westen Syrien sehenden Auges preisgegeben und der Willkür Russlands und des Iran ausgeliefert. (…)
Syrien ist aber auch zum exemplarischen Testfeld dafür geworden, wie weit man bei der Missachtung des humanitären Völkerrechts ungestraft gehen kann. Dieses ist damit zu Makulatur und die viel beschworene „liberale Weltordnung“ zur Farce geworden. Zu den von Assads Regime und seinen Verbündeten verübten Verbrechen gegen die Menschlichkeit gehört eine Politik der gezielten Vertreibung „unzuverlässiger“ Bevölkerungsgruppen. (…)
Assad will mehr als nur die ganze Macht zurückerobern. Sein Regime betrachtet den Vernichtungskrieg gegen die eigene Bevölkerung vielmehr als eine Art groß angelegte Reinigung der Gesellschaft und Königsweg zu ihrer völligen Gleichschaltung. Einer Aussage Assads zufolge habe Syrien in diesem Krieg zwar ‚seine besten Söhne verloren‘, und die Infrastruktur des Landes sei komplett zerstört, doch dafür hätten ‚wir eine gesündere und harmonischere Gesellschaft erreicht, im wahren und tiefsten Sinne von Harmonie‘. (…)
Doch hat man erst einmal damit begonnen, vor der exzessiven Gewalt totalitärer und autoritärer Kräfte zurückzuweichen, wird dieses Nachgeben chronisch. In Afghanistan steht die Trump-Regierung jetzt kurz vor dem Abschluss eines Abkommens mit den Taliban, das den Radikalislamisten eine Beteiligung an der Regierung sichern soll.“ (Richard Herzinger: „Assad will sehr viel mehr, als nur die Macht zurückerobern“)
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