Nach den Angaben des Bundesinnenministeriums wurden 632 der 681 antisemitischen Delikte von Rechtsextremisten begangen (93 Prozent). Nur bei 23 Fällen wird ein religiöser oder ausländisch motivierter Hintergrund unterstellt, dabei handelt es sich um Extremismus, der durch ausländische Themen bestimmt ist, beispielsweise um den Palästinenser-Konflikt. (…)
Zweifel an der Darstellung, von wem die antisemitischen Taten ausgehen, äußert Benjamin Steinitz, Leiter der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) in Berlin. Es gebe eine ‚Diskrepanz zwischen der Wahrnehmung der Betroffenen von antisemitischen Angriffen, Beleidigungen und Beschimpfungen und den polizeilichen Statistiken‘, sagt Steinitz unter Berufung auf den Bericht des ‚Unabhängigen Expertenkreises Antisemitismus‘, der auf Anregung der Bundesregierung im April von namhaften Wissenschaftlern vorgelegt worden war. Darin heißt es, fremdenfeindliche und antisemitische Straftaten würden grundsätzlich immer dann dem Phänomenbereich ‚Politisch motivierte Kriminalität Rechts‘ zugeordnet, ‚wenn keine weiteren Spezifika erkennbar‘ und ‚keine Tatverdächtigen bekannt geworden sind‘. So tauche der Schriftzug ‚Juden raus‘ generell als ‚rechtsextrem motiviert‘ in Statistiken auf, obwohl eine solche Parole auch in islamistischen Kreisen populär ist. ‚Damit entsteht möglicherweise ein nach rechts verzerrtes Bild über die Tatmotivation und den Täterkreis‘, schrieben die Autoren des Expertenberichts.“ (Ansgar Graw: „Zahl der antisemitischen Delikte in Deutschland steigt“)