Die dramatische Wirtschaftslage und der massive Einflussverlust im Nahen Osten zwingen das Regime zu Verhandlungen mit den USA, die es zuvor kategorisch abgelehnt hatte.
Seit Jahren fordert die iranische Bevölkerung den Dialog mit und ein friedliches Engagement des Landes in der Welt, also die Beendigung von Krieg, Sanktionen, Isolation und Zusammenbruch. Die Antworten des autoritären Regimes bestanden stets aus Unterdrückung, Zensur, Gewalt und Demütigung. Der Oberste Führer der Islamischen Republik, Ali Khamenei, der bis vor Kurzem Verhandlungen mit dem Westen als »unmoralisch«, »irrational« und »würdelos« bezeichnete, hat nun indirekte Gespräche mit genau jenen Ländern genehmigt, die er zuvor noch als Todfeinde gebrandmarkt hatte.
Doch zu welchem Preis hat sich dieser abrupte politische Wandel vollzogen? Die Antwort liegt auf der Hand: Jahre der lähmenden Sanktionen, des wirtschaftlichen Zusammenbruchs, des sinkenden Lebensstandards, der Kapitalflucht, der Abwanderung von Fachkräften und der Zerstörung von Millionen von individuellen und kollektiven Chancen ließen ihm kaum eine andere Wahl, nachdem selbst hochrangige Vertreter seines eigenen Umfelds die Revidierung seiner ursprünglichen Ablehnung des Dialogangebots von US-Präsident Donald Trump gefordert hatten.
Denn das Land befindet sich in einer dramatischen Lage: War vor Jahrzehnten die Wirtschaftsleistung fast doppelt so groß wie jene Südkoreas, ist heute mit Samsung ein einziges südkoreanisches Unternehmen doppelt so viel wert wie das gesamte iranische Bruttoinlandsprodukt.
Während Jugendliche auf der Suche nach einer besseren Zukunft das Land verließen und Familien für Fleisch und Speiseöl Schlange standen, lehnten die Mullahs stolz das Verhandlungsangebot von US-Präsident Donald Trump ab. Damals stand der Dollar bei nur 7.000 Tomans. Und jetzt, nach Jahren des Drucks und der Verluste, werden dieselben Verhandlungen, die einst als »Schande« und »Verrat« bezeichnet wurden, plötzlich als ein Akt der »Würde« gepriesen.
Politische Show
Was diesen Wandel noch bemerkenswerter macht, ist nicht der Inhalt der Verhandlungen, sondern ihr Zeitpunkt und die Umstände: In einer Zeit, in der der Wert des Dollars und des Goldes in einem noch nie dagewesenen Tempo fällt, gibt es im Iran nicht einmal einen Wirtschaftsminister – dafür aber eine realistische Bevölkerung: »Wenn der Dollar auf 1.000 Tomans fällt, die Preise aber hoch bleiben, kommt der Rückgang des Dollars nur dem Regime zugute, nicht aber den Menschen«, hört man auf den Straßen Teherans.
In einer solchen Atmosphäre hat sich beißender Sarkasmus in der öffentlichen Meinung etabliert: »Amerikanische B-52-Bomber haben mehr dazu beigetragen, die Kriegstreiberei, den Wahn und die Sturheit des Obersten Führers zu heilen, als es jeder interne Dialog je könnte.« Derselbe Mann, der sich einst für den »Führer der islamischen Welt« hielt und »Widerstand bis zum letzten Blutstropfen« skandierte, sitzt mit denselben Feinden von gestern heute an einem Tisch – auf seinen eigenen Befehl. – Es ist und bleibt wie gehabt: Die Islamische Republik ändert ihr Verhalten immer nur dann, wenn sie unter extremem Druck und existenzieller Bedrohung steht.
Doch heute lassen sich die Iraner nicht mehr täuschen. Sie verstehen sehr gut, dass dieses Regime weder reformierbar noch an ihrem Wohl interessiert ist, denn: Solange die Preise für lebenswichtige Güter, Autos, Wohnungen und Medikamente nicht wieder auf ein Niveau sinken, das im Verhältnis zum Einkommen der Menschen steht, kann kein Abkommen als »volksnahe« und »würdevoll« verkauft werden.
Insofern gilt für die Verhandlungen dasselbe wie für die Tatsache, dass der Dollar im Vergleich zum Toman gefallen ist. Denn ein sinkender Wechselkurs ist, erleichtert er nicht das tägliche Leben der Menschen, nichts weiter als eine politische Show, um die öffentliche Meinung zu beruhigen.