„Da er die Entwicklung in Syrien, wo er sich zunehmend mit den USA und Russland konfrontiert sieht, nicht maßgeblich beeinflussen kann, hat Präsident Recep Tayyip Erdoğan sich zur Sicherung der türkischen Interessen zu einem Störmanöver mit hohem Einsatz entschlossen. Der kürzlich erfolgte türkische Luftangriff auf die von Ankara als kurdische Terrororganisation eingestuften Volksverteidigungseinheiten (YPG) in Syrien gibt hierauf einen eindeutigen Hinweis. Die YPG werden politisch und militärisch sowohl von den USA als auch von Russland unterstützt. Es kann also kein Zweifel daran bestehen, dass Erdoğans Botschaft sich an diese Mächte richtet. Er gab später noch zu erkennen, dass die Türkei mit diesen Luftschlägen fortfahren werde, wann immer es ihr erforderlich erscheine.
Die langfristige Wirkung dieser Machtdemonstration Ankaras wird sich erst noch zeigen müssen. Die bisherigen Ergebnisse können Erdoğan aber kaum erfreuen. Das türkische Vorgehen gegen die YPG wurde sowohl von Washington als auch von Moskau als ‚inakzeptabel’ verurteilt. In ihrer Reaktion auf den türkischen Angriff auf die YPG zeigen sich die USA und Russland vereint, obgleich sie im Syrienkrieg gegnerische Seiten unterstützen. (…) Im Endeffekt hat Erdoğan sich mit Blick auf Syrien offenbar auf ein Nullsummenspiel mit den USA und Russland eingelassen. Große Erfolge hat die Türkei weder in Syrien noch im Irak zu verzeichnen.“ (Semih İdiz: „Erdoğan raises the stakes in Syria“)