Die sudanesische Regierung ist zu den Verhandlungen in Genf nicht erschienen. Werden die USA nun beginnen, mehr Druck auszuüben?
Die Vereinigten Staaten haben sich bemüht, die Konfliktparteien im Sudan zu Verhandlungen in Genf zusammenzubringen, um den Bürgerkrieg zu beenden. Doch die bisherige Strategie Washingtons sieht sich mit großen Hindernissen konfrontiert.
Die Gespräche in Genf, zu denen die USA am 23. Juli eingeladen hatten, begannen am vergangenen Mittwoch ohne der sudanesischen Regierungsdelegation. Am Montag forderten die internationalen Teilnehmer an den Genfer Gesprächen die Konfliktparteien auf, Zivilisten und Hilfskräfte zu schützen und das humanitäre Völkerrecht zu achten.
Am Dienstag bezeichnete der US-Gesandte für den Sudan, Tom Perriello, die Gespräche auf einer Pressekonferenz in Genf als »neues Modell« und gab sich vorsichtig optimistisch: »Wir wollen weiter darauf aufbauen.« Perriello betonte, dass US-Präsident Joe Biden und Außenminister Anthony Blinken den eingeschlagenen Weg unterstützten und vermerkten, von beiden Konfliktparteien, der Armee und den Schnellen Eingreiftruppen (Rapid Support Forces/RSF), »positive Schritte« gesehen zu haben.
Wie der US-Gesandte sagte: »Wir arbeiten weiterhin mit internationalen Partnern zusammen, welche die Vereinten Nationen, die Schweiz, Saudi-Arabien, Ägypten, die Emirate und die Afrikanische Union vertreten.«
Vorerst gehe es darum, »die Probleme von mehr als zwanzig Millionen Sudanesen zu lösen, die von einer Hungersnot infolge massiver Nahrungsmittelknappheit betroffen sind«. Die Konfliktparteien müssten sich auf humanitäre Hilfe, den Schutz der Zivilbevölkerung und die Beendigung von Zusammenstößen konzentrieren, entsprechend ihren Verpflichtungen in der »Erklärung von Dschidda«. In dieser, die bereits im Mai 2023 veröffentlicht, bislang aber nicht umgesetzt wurde, mussten sich beide Konfliktparteien verpflichten, »auf jegliche militärische Aktion zu verzichten, die Zivilisten gefährden könnte«.
Seit dem 15. April 2023 herrscht im Sudan ein Bürgerkrieg zwischen den von Abdel Fattah Al-Burhan befehligten Streitkräften und den von Mohamed Hamdan Dagalo (Hemeti) angeführten Schnellen Eingreiftruppen. Nach Angaben der Vereinten Nationen hat der Konflikt rund 18.800 Opfer gefordert und über zehn Millionen Menschen zu Vertriebenen und Flüchtlingen gemacht.
Wo bleiben die Armee-Vertreter?
Trotz der Versuche der USA, die beiden Kriegsparteien in Genf am Verhandlungstisch zusammenzubringen, weigert sich der Befehlshaber der Armee, Abdel Fattah Al-Burhan, an der Konferenz teilzunehmen mit dem Argument, die sudanesische Armee habe Vorbehalte gegen den Mechanismus der Gespräche und deren Teilnehmer.
Jabr Aldar, Mitglied des politischen Komitees der sudanesischen Umma-Partei, erklärt dazu: »Die Armeeführung besteht auf der Umsetzung des Abkommens von Dschidda, bevor sie zu neuen Verhandlungen bereit ist, weil sie behauptet, dass das, was darin vereinbart wurde, nicht umgesetzt worden ist und es keinen Follow-up-Mechanismus für die Umsetzung gibt.«
Der Umstand, dass die internationalen Vermittler die Genfer Gespräche als Fortsetzung der früheren Dschidda-Gespräche betrachten und diesmal unter ernsthafter Beteiligung Washingtons stattfinden, war für die Armee bislang nicht Grund genug, in Genf am Verhandlungstisch Platz zu nehmen.
Aldar gibt zu bedenken: »Die sudanesische Armee sollte die Gespräche als Fortsetzung der Dschidda-Gespräche betrachten und sich zu Verhandlungen bereit zeigen, anstatt sich auf eine Konfrontation mit den Vereinigten Staaten einzulassen.«
US- Sanktionsdrohungen
Al-Burhans Team besteht weiters darauf, dass die Armee als verfassungsgemäß im Auftrag der sudanesischen Regierung agierend und daher als Vertreter der Regierung angesehen werden müsse. Die Vereinigten Staaten, der offizielle Sponsor der Genfer Verhandlungen, lehnen dies jedoch ab. Aus ihrer Sicht soll die Armee nicht den Staat an sich, sondern eine der beiden Konfliktparteien des Bürgerkriegs vertreten.
Cameron Hudson, Fellow am Center for Strategic and International Studies in Washington, hält Al-Burhans Position für einen »vernünftigen« Standpunkt und meint, die Vereinigten Staaten müssten noch viel tun, um ihn zur Teilnahme an den Verhandlungen zu bewegen. Dass keine Delegation der Armee nach Genf gereist ist, sei eine Folge dessen, dass ihre Abwesenheit keine Konsequenzen nach sich ziehen wird. Laut Hudson haben »die beiden Parteien (die Armee und die Schnellen Eingreiftruppen) nichts zu befürchten, wenn sie den Verhandlungen fernbleiben«.
Dieses Problem dürfte auch den USA mittlerweile klar geworden sein. Erwartet wird, dass die Vereinigten Staaten versuchen werden, mit Sanktionsdrohungen Druck auf die sudanesischen Parteien auszuüben, was allerdings eine wesentliche Änderung der bisher verfolgten amerikanischen Strategie darstellen würde.
Auch der Leiter der einer Regierungsdelegation, die zu vorbereitenden Gesprächen nach Dschidda gereist war, bestätigt einen möglichen Kurswechsel der Amerikaner. Sie hätten neuerdings auf »Drohungen und Einschüchterungen« gesetzt und die sudanesische Regierungsdelegation mit »einer vorgefertigten Agenda« konfrontiert anstatt wie bisher auf offene Konsultationen zu setzen.