USA besorgt über türkische Militäroperationen in Syrien

Der US-Verteidigungsminister Lloyd J. Austin mit seinem türkischen Amtskollegen Hulusi Akar
US-Verteidigungsminister Austin mit seinem türkischen Amtskollegen Akar (© Imago Images / ZUMA Wire)

Mit großer Skepsis beobachten die Vereinigten Staaten die militärischen Aktionen der Türkei in Nordsyrien. Vor allem die von Präsident Erdogan geplante Bodenoffensive steht im Zentrum der Kritik.

Der türkische Verteidigungsminister Hulusi Akar erklärte letzten Donnerstag, sein amerikanischer Amtskollege Lloyd Austin habe ihn am Vortag telefonisch gebeten, Ankaras erwartete Bodenoffensive gegen kurdische Kräfte in Nordsyrien einer Neubewertung zu unterziehen. 

Am 20. November hatte Ankara seine aktuelle Luftkampagne »Claw Sword« gestartet, die sich gegen Stellungen kurdischer Kämpfer in Nordsyrien und der autonomen Region Kurdistan im Nordirak richtet. Später weitete Ankara die Operation auf große Teile Nordostsyriens aus, wobei vor allem die Infrastruktur der Region, insbesondere Öl- und Gasfelder, getroffen wurden. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan drohte kurz darauf mit einer »baldigen« Bodenoperation. 

Verteidigungsminister Austin teilte am Mittwoch in einem Tweet mit, er habe Hulusi Akar seine »Besorgnis über die türkischen Angriffe in Syrien und die Opposition seines Ministeriums gegen eine neuerliche türkische Militäroperation in diesen Gebieten« mitgeteilt.

Akar sagte der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu am Donnerstag, sein amerikanischer Amtskollege habe die Türkei gebeten, ihren Plan für eine Bodenoperation in Syrien zu überdenken. »Sie baten uns, [die Bodenoperation] neu zu bewerten. Wir haben auch unsere Empfindlichkeiten erklärt und wollen, dass die Versprechen eingehalten werden. Wir haben betont, dass sie unseren Standpunkt verstehen sollten«, fügte der türkische Minister hinzu.

Während der jüngsten türkischen Luftoperation wurden mit Dutzenden Drohnen- und Flugzeugangriffen Stellungen der kurdisch geführten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) ins Visier genommen, die jedoch auch das in diesem Gebiet stationierte US-Personal gefährden.

Mazloum Abdi, Oberbefehlshaber der SDF, warnte vergangene Woche, die Türkei treffe an der Grenze bereits Vorbereitungen für die geplante Bodenkampagne. »Was die Bodenoperation betrifft, so bestehen sie [die Türkei] darauf, diese durchzuführen. Wir wissen, dass sie sich darauf vorbereiten, und sie bereiten auch syrische Gruppen, die in [Teile] der Region eingedrungen sind, auf die Offensive vor«, sagte er während einer Online-Pressekonferenz am Dienstag. 

Bodenoperation jederzeit möglich

Erdogans oberster Berater und Sprecher, Ibrahim Kalin, erklärte am Dienstag gegenüber einem regierungsnahen Sender, die Bodenoperation in Syrien könne »morgen, nächste Woche, früher, später oder zu jedem beliebigen Zeitpunkt« stattfinden.

Außenminister Akar betonte gegenüber türkischen Staatsmedien, die Türkei habe den mit ihr »verbündeten Ländern« die »notwendige Warnung« überbracht, die kurdischen Volksschutzeinheiten (YPG) – das Rückgrat der SDF – in keiner Weise zu unterstützen, »auch nicht unter dem Vorwand des Kampfes gegen den IS«. Er fügte hinzu, dass es für die türkischen Streitkräfte schwierig sein könnte, die Truppen jener Staaten, welche aufseiten der kurdischen Kräfte stehen, von den YPG-Kämpfern zu unterscheiden.

Die USA sind der Hauptunterstützer der SDF im Kampf gegen den Islamischen Staat. Um sich auf die Verteidigung ihrer Gebiete gegen türkische Angriffe zu konzentrieren, haben die SDF mittlerweile ihre militärischen Aktivitäten gegen den IS eingestellt. Die globale Anti-IS-Koalition wurde 2014 gegründet und stützt sich auf die kurdischen Kräfte im Nordosten Syriens (Rojava) und in der benachbarten Region Kurdistan sowie die irakischen Kräfte im Kampf gegen die radikale Gruppe. 

Die Türkei behauptet, die YPG sei der syrische Ableger der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), die von Ankara als terroristische Organisation eingestuft wird. Die türkischen Behörden haben immer wieder erklärt, die YPG und SDF stellten eine Bedrohung für ihre nationale Sicherheit dar, weshalb die Türkei die Einrichtung einer dreißig Kilometer tiefen »Sicherheitszone« in Nordsyrien fordert. Seit dem Jahr 2016 hat Ankara drei große Militäroperationen gegen die kurdischen Gruppen in Syrien durchgeführt und dabei mehrere kurdische Städte wie Afrin eingenommen

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