„Der Oldenburger Gesamtschullehrer Christoph Glanz, der derzeit Thema in der deutschen und internationalen Presse ist, weil er in der Zeitschrift derLehrergewerkschaft GEW für einen Boykott Israels werben wollte, firmiert, wie nun bekannt wurde, auch unter dem jüdisch klingenden Pseudonym „Christopher Ben Kushka“. Wie kommt es, dass jemand, der das jüdische Volk so wenig leiden kann, dass er ihm keinen eigenen Staat gönnt, offensichtlich in seinen Tagträumen ein Jude ist? Hasst er die Juden, weil er keiner sein kann? Nein, die wahrscheinlichste Erklärung ist eine andere. (…)
Eine Theorie: Antisemiten sind nicht nur Juden- sondern auch in einem umfassenden Sinn Menschenhasser. Antisemitismus tritt ja fast immer im Verein mit Antiindividualismus auf; Antisemiten sind üblicherweise auch gegen die Freiheit des Individuums, neigen einer kollektivistischen Ideologie zu, die Unterwerfung verlangt: Katholizismus, Obrigkeitsverehrung nach Art Martin Luthers, Sozialismus, Nationalsozialismus, Islamismus.
Das unbeaufsichtigte, kreative Handeln freier Individuen ist ihnen ein Graus. Sie sind von Selbsthass getrieben und wollen, dass alle so depressiv sind wie sie selbst. Nichts hassen sie mehr als prosperierende Gesellschaften glücklicher Menschen. Nichts lieben sie so sehr wie Diktaturen, in denen es den Menschen schlecht geht. Darum verherrlichen sie islamische und ‚Volks‘-Republiken aller Art.
Für viele von ihnen sind antisemitische Juden Helden: Juden, die sich selbst so sehr hassen, dass sie Kampagnen betreiben, die, wenn sie erfolgreich wären, auf nichts anderes hinausliefen, als die Endlösung der Judenfrage doch noch Wirklichkeit werden zu lassen. Weiter kann die Phantasie der Selbstzerstörung nicht gehen.
Bei denen, die von kindischem Temperament sind, gerät das Nacheifern zur Kostümierung. Für sie ist das ganze Jahr Karneval, sie nennen sich Ben Kushka, Israel Shamir oder Ich-als-Jüdin. Die Antwort auf die Frage, warum sich Antisemiten als Juden ausgeben, lautet also: Weil es ihnen nicht reicht, nur die Juden zu hassen, sie wollen dabei das masochistische Gefühl genießen, dass, wenn sie Israel die Peitsche geben, sie sich gleichzeitig selbst geißeln. Oj wej.“
(Stefan Frank: „Der Club der Möchtegernjuden“)
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