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UN-Palästinenserhilfswerk betrachtet Israel als Provisorium

UNRWA-Zentrale in Gaza
UNRWA-Zentrale in Gaza (© Imago Images / NurPhoto)

Um Geld für das Palästinenserhilfswerk der Vereinten Nationen (UNRWA) zu sammeln, haben Jordanien und Schweden für den 16. November 2021 zu einer internationalen Ministerkonferenz in Brüssel eingeladen.

Die UNRWA ist international äußerst umstritten, u.a. weil die Organisation in den von ihr betriebenen Schulen Schulbücher benutzt, in denen Massenmörder wie die Fatah-Terroristin Dalal Mughrabi als Vorbild für die Schüler dargestellt werden. Zudem verbreiten Mitarbeiter der UNRWA über die sozialen Medien immer wieder Aufrufe zu Gewalt und antisemitische Propaganda.

Darum haben in der Vergangenheit immer wieder Staaten ihre Zahlungen an die UNRWA vorübergehend ausgesetzt, darunter Kanada, die USA, Belgien, die Schweiz und die Vereinigten Arabischen Emirate.

Der Zweck der Konferenz besteht laut der UNRWA-Website darin, „der Agentur finanzielle Stabilität und Vorhersehbarkeit der Finanzierung“ zu bieten. Außerdem fordert die UNRWA ein „unerbittliches Bekenntnis zu humanitären Grundsätzen, einschließlich Neutralität, gegen politische Angriffe“. 

Die Aussage scheint paradox, schließlich gibt es die vermeintlichen „politischen Angriffe“ auf die UNRWA – gemeint ist in Wahrheit: jegliche Kritik an Fehlverhalten der UNRWA, Terrorbegünstigung und Aufwiegelung zum Hass – nur deshalb, weil diese beharrlich jegliche Neutralität vermissen lässt.

Gewalt und Antisemitismus

Laut einem im August veröffentlichten Bericht der Nichtregierungsorganisation UN Watch, einer unabhängigen Menschenrechtsgruppe mit Sitz in Genf, haben über 100 UNRWA-Pädagogen und -Mitarbeiter in sozialen Medien öffentlich zu Gewalt aufgerufen und Antisemitismus verbreitet.

Der Bericht mit dem Titel „Beyond the Textbooks“ („Jenseits der Lehrbücher“) deckt 22 aktuelle Fälle von Aufwiegelung durch UNRWA-Mitarbeiter auf, die eindeutig gegen die eigenen Regeln des Hilfswerks und die von ihm proklamierten Werte sowie die „Nulltoleranz“ gegenüber Rassismus, Diskriminierung oder Antisemitismus verstoßen.

UN Watch forderte die wichtigsten Geldgeber des Hilfswerks – darunter die USA, Deutschland, Großbritannien und die Europäische Union – auf, die UNRWA zur Einhaltung ihrer eigenen Standards und Bekenntnisse zu verpflichten.

In einem Brief, den Hillel Neuer, der Exekutivdirektor von UN Watch, Ende Oktober an UNRWA-Generalkommissar Philippe Lazzarini sandte, verlangte Neuer von Lazzarini, herauszufinden, „welche der genannten Mitarbeiter seither suspendiert“ wurden.

Neuer warf Lazzarini vor, er weigere sich, „sich mit der umfangreichen Recherche und Dokumentation von UN Watch auseinanderzusetzen, die das Versäumnis der UNRWA zeigt, ihre angebliche ‚Null-Toleranz‘-Politik gegenüber Lehrern anzuwenden, die zu Rassismus und Gewalt anstacheln“. Gleichzeitig versuche die UNRWA, „den Überbringer der Nachricht zu töten, indem sie UN Watch böswillig diffamiert“, weil die Organisation „eine minimale Form der Aufsicht bietet, die die UNRWA selbst nicht ausgeübt hat.“

Neuer sagte auch, dass die UNRWA ihren Gebern „grundlegende Transparenz und Rechenschaftspflicht“ schulde, bevor sie „riesige Summen an Steuergeldern“ überweise:

 „Wenn die UNRWA immer wieder Lehrer, die Hitler verherrlichen, vor ein Klassenzimmer junger palästinensischer Schüler stellt, dann ist das Kindesmissbrauch.“

Fragen an die UNRWA

Mena-Watch sprach über die Konferenz der UNRWA-Geldgeber mit David Bedein, dem Gründer und Leiter des Bedein Center for Near East Policy Research, der die UNRWA und ihre Arbeit seit Jahrzehnten beobachtet. Bedein sagt:

„Das Nachrichten- und Recherchebüro, das ich seit 1987 leite, konzentriert sich auf die UNRWA, in der Hoffnung, dass die 5,3 Millionen Nachkommen arabischer Flüchtlinge von 1948, die in 59 Flüchtlingslagern auf die Versorgung durch die UNRWA angewiesen sind, eines Tages eine angemessene humanitäre Lösung für ihre Notlage finden.“

Dass sich die UNRWA-Geberländer nächste Woche in Brüssel treffen, nennt Bedein eine „positive Entwicklung“, da die Geldgeber der UNRWA gemeinsam eine „konstruktive Rolle bei der Bereitstellung der bestmöglichen Dienstleistungen für die palästinensische Flüchtlingsbevölkerung spielen“ könnten.

Da die internationale Geberkonferenz vorhat, sich mit der gesamten UNRWA-Politik zu befassen, richtet Bedein einen Fragenkatalog an die versammelten Regierungsvertreter. Er wolle wissen, „ob diese Nationen die folgenden sechs Fragen zur Politik der UNRWA auf dem Tisch haben“:

• Bestehen die Geber darauf, dass der UNRWA-Lehrplan, der die Prinzipien des Dschihad, des Märtyrertums und des Rückkehrrechts mit Waffengewalt beinhaltet, in UN-Schulen, die sich an dem UNRWA-Slogan Frieden beginnt hier orientieren sollen, aufgehoben wird?

 • Werden die Geldgeber darauf bestehen, dass die paramilitärische Ausbildung in allen UNRWA-Schulen eingestellt wird, die ein Bekenntnis zu den UN-Prinzipien für ‚Friedenserziehung‘ an den Tag legen sollten?

• Werden die Geber darauf bestehen, dass die UNRWA die mit der Hamas verbundenen Mitarbeiter entlässt – gemäß den in westlichen Staaten geltenden Gesetzen, die es untersagen, Organisationen zu unterstützen, die Mitglieder einer terroristischen Organisation beschäftigen?

• Werden die Geber darauf bestehen, dass die UNRWA ihren Vertrag mit dem „Jugendbotschafter“ Mohammad Assaf, der um die Welt reist und Gewalt fördert, kündigt? Wäre dies nicht der richtige Zeitpunkt für die Geberländer, die UNRWA aufzufordern, diesen Vertrag mit einem Kriegstreiber aufzulösen?

Blutrünstiger UNRWA-„Jugendbotschafter“

Mohammad Assaf wird nicht allen Lesern ein Begriff sein. Er war der Gewinner der zweiten Staffel des Song-Castingwettbewerbs „Arab Idol, die am 22. Juni 2013 ihr Finale hatte. Der 1990 geborene und im Gazastreifen aufgewachsene Assaf ist Enkel von Flüchtlingen des arabisch-israelischen Kriegs von 1948 und gilt laut der Süddeutschen Zeitung als„der Tom Cruise des Nahen Ostens“.

Das Lied, mit dem er sich den ersten Preis im Gesangswettbewerb ersang, besteht aus schwülstiger Blut-und-Boden-Lyrik; er preist Helden, Märtyrer und Gewalt, lobt das Blutvergießen. In dem begleitenden Video sieht man junge Männer – in Filmaufnahmen wie auch als heroisch-idealisierende Zeichnungen –, die Steine schleudern oder werfen.

Zu dem „Palästina“, das es zu befreien gelte, zählt Assaf im Liedtext die israelischen Städte Safed, Tiberias, Nazareth, Bet Shean, Akko, Haifa und die gesamte Region Galiläa. Jerusalem selbstredend ohnehin. Diejenigen, die mit Messern jüdische Zivilisten töten oder danach trachten, pries er in der Vergangenheit auf seiner Facebookseite als „Märtyrer“.

Spiegel Online schrieb 2013 über Assafs Sieg im Gesangswettbewerb: „Assaf selbst widmete seinen Erfolg ‚dem palästinensischen Volk, das seit über 60 Jahren unter Besatzung leidet‘“. Daran, dass Assaf den Beginn der „Besatzung“ auf die israelische Staatsgründung datiert, fanden die Journalisten nichts Ungewöhnliches.

Weiter fragt David Bedein:

• Bestehen die Geber auf einer Prüfung der Gebermittel, die an das UNRWA fließen?

Es gehe dabei um verschwendete Ressourcen und den „Geldfluss an in Gaza ansässige Terrorgruppen, die in den letzten 18 Jahren die Kontrolle über die UNRWA-Operationen in Gaza erlangt haben“, so Bedein. Weiter will er wissen:

• Werden die Geber nach mehr als 70 Jahren darauf bestehen, dass die UNRWA die UNHCR-Standards einführt, um die Neuansiedlung arabischer Flüchtlinge voranzutreiben?

Dazu muss man wissen, dass die Zielsetzungen der beiden UN-Flüchtlingshilfswerke – das für Nachfahren der arabischen Flüchtlinge des arabisch-israelischen Kriegs von 1948 und das für die 82 Millionen Flüchtlinge weltweit – grundverschieden, ja: gegensätzlich sind. Die Aufgabe des UNHCR ist es, ein bestehendes Flüchtlingsproblem zu lösen, das Ziel der UNRWA hingegen ist es, es bis in alle Ewigkeit zu erhalten.

Der UNHCR soll Flüchtlingen helfen, so schnell wie möglich wieder selbstständig ein normales Leben zu führen. Wenn das in ihrem Herkunftsland nicht geht, versucht er, eine neue Heimat für die Flüchtlinge zu finden, und hilft ihnen, einen Asylantrag zu stellen oder auf andere Art die rechtlichen Bedingungen für die Einwanderung in ein anderes Land zu erfüllen.

Die UNRWA, die offiziell einen „zeitlich befristeten“ Auftrag hat, der alle drei Jahre verlängert wird, soll dagegen alle Flüchtlinge und deren Nachkommen „provisorisch“ in „Flüchtlingslagern“ betreuen, so lange – bis Israel zerstört ist und sie in ihre von Mohammad Assaf besungene „Heimat“ „zurückkehren“ können. Irgendetwas zu tun, das die von ihnen Betreuten aus dem Flüchtlingselend erlöst, ist der UNRWA untersagt.

Die UNRWA selbst schrieb dazu anlässlich ihres 60jährigen Bestehens:

„Die UNRWA hat kein Mandat, um dauerhafte Lösungen für die palästinensischen Flüchtlinge zu finden, obwohl sie in den ersten Jahren ihres Bestehens noch das Recht hatte, Aktivitäten nachzugehen, die die Integration von Flüchtlingen in ihren Gastländern fördern.“

„Die derzeitige UNRWA-Politik besagt, dass die Umsiedlung von Flüchtlingen das ‚Rückkehrrecht‘ in arabische Dörfer, die vor 1948 [im Staat Israel gemäß der Waffenstillstandslinie von 1949; S.F.] existierten, beeinträchtigen würde“, sagt David Bedein.

UNRWA behandelt Israel als Provisorium

Und das ist das Kernproblem und der Grund, warum die UNRWA eines der größten Friedenshindernisse ist: Indem sie die Nachfahren der Flüchtlinge in „Flüchtlingslagern“ ausdrücklich in einem Zustand des „Provisoriums“ vegetieren lässt, nimmt sie ihnen die Chance auf ein selbstbestimmtes Leben und nährt beharrlich die Hoffnung, dass Israel eines Tages zerstört werden und das Versprechen des „Rückkehrrechts“ für fünf, sechs oder sieben Millionen „Flüchtlinge“ eingelöst werden wird.

Die UNRWA, das sogenannte „Provisorium“ basiert in ihrer jetzigen Form auf der Vorstellung, dass der Staat Israel ein Provisorium sei, das es zu beenden gelte.

Die UNRWA untersteht formal der UNO, doch über 90 Prozent ihres Haushalts erhält sie direkt von einzelnen Staaten. Diese Staaten stehen in der Verantwortung, dass das von ihnen gegebene Geld nicht zu mehr Hass, Gewalt und Blutvergießen führt – und das Elend der „Flüchtlingslager“ ein für allemal beendet wird, statt es aus politisch-ideologischen Gründe in alle Ewigkeit fortzusetzen.

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