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Das Antisemitismus-Problem der UNO

Israels UN-Botschafter Gilad Erdan zeigt Stein, mit dem Palästinenser Israels beworfen haben
Israels UN-Botschafter Gilad Erdan zeigt Stein, mit dem Palästinenser Israelis beworfen haben (© Imago Images /Pacific Press Agency)

Die Mitglieder der ständigen Untersuchungskommission des UN-Menschenrechtsrats zu Israel gaben sich immer wieder als Antisemiten zu erkennen. Ihr nun vorgelegter Bericht belegt ihre radikale antiisraelische Haltung.

Anne Bayefsky

Naziähnlicher Verbrechen schuldig: So lautet das Urteil der offenen Untersuchungskommission des UN-Menschenrechtsrats zu Israel, der damit eine geradezu paradetypische moralische Verkehrung liefert.

Die Untersuchungskommission wurde im Mai 2021 ins Leben gerufen und veröffentlichte dieser Tage ihren ersten Bericht an die Generalversammlung. Keine einzige westliche Demokratie stimmte für die Einrichtung der Untersuchung, aber das oberste Menschenrechtsgremium der Vereinten Nationen ist durch eher ungewöhnliche Eigenschaften charakterisiert. Nur dreißig Prozent der in ihm vertretenen Staaten sind freie Demokratien; islamische Staaten halten durch ein System regionaler Gruppen große Macht in Händen, und so bekannte Staaten der Menschenrechtsbewegung wie China, Libyen, Somalia, Sudan und Venezuela gehören zu seinen Mitgliedern.

Israelfeinde als Kommissionsmitglieder

Der Bericht der Untersuchungskommission steht im Einklang mit seinen Architekten. Alle drei Mitglieder der Kommission – Chris Sidoti, Miloon Kothari Navi Pillay – wurden ausgewählt, weil sie Israel bereits im Vorfeld der Verbrechen, die sie untersuchen sollten, für schuldig erklärt hatten. Das Mandat der Kommission trieft vor Doppelmoral in seiner enormen breiten Aufgabenbereich, seinem Umfang und seinen Ressourcen.

Die Kommission legte dem Menschenrechtsrat im Juni einen ersten Bericht vor, wobei sich ihre Mitglieder schon damals mit antisemitischen Äußerungen profilierten. Das australische Mitglied Chris Sidoti wies die Stimmen jüdischer Opfer von Diskriminierung mit der Aussage zurück, dass »Antisemitismusvorwürfe wie Reis auf einer Hochzeit umhergeworfen werden«. Im Juli behauptete das indische Mitglied Miloon Kothari, dass »die jüdische Lobby« und ihr Geld die sozialen Medien und die schlechte Presse der Untersuchung kontrolliere, und schlug vor, Israel aus der UNO zu werfen.

Die Vorsitzende der Kommission, die ehemalige UN-Hochkommissarin für Menschenrechte Navi Pillay, ist verficht selbst gerne die These einer mächtigen »extremistischen Israel-Lobby«, verleumdet Israel als Verleumdung »Apartheid-Staat« und ist eine Sympathisantin der Boykottbewegung BDS (Boykott, Desinvestition und Sanktionen). Im August verteidigte Pillay unnachgiebig das entsetzliche Verhalten ihrer Kollegen, während die UN-Behörden nichts unternahmen, um sie aus dem Amt zu entfernen.

Natürlich hatten alle drei Kommissionsmitglieder gegen die grundlegenden Regeln der Vereinten Nationen verstoßen, die Unparteilichkeit, Objektivität und persönliche Integrität vorschreiben – aber weil sie Israel nichts davon entgegenbringen wurden sie ja überhaupt erst gewählt.

Keine Überraschung

Der neue Bericht an die Generalversammlung ist daher zwar keine Überraschung, aber doch ein beunruhigendes Zeugnis für die moralische Verworfenheit des UN-Menschenrechtsapparats und seiner Funktionäre.

So ist der Bericht gespickt mit einer Reihe von Zitaten von Palästinensern aus Hebron, wobei es sich dabei um undatierte, nicht unterzeichnete, anonyme Anschuldigungen handelt, die mit keinerlei Beweisen, ja, nicht einmal mit einer Fußnote versehen sind. Ein Zitat enthält eine Blutverleumdung gegen Juden, die während der Nacht in palästinensische Häuser eindrängen und drohten, deren Bewohner zu verbrennen. In einer anderen wird behauptet, Juden seien Kinderschänder, die es darauf abgesehen hätten, die Brüste palästinensischer Mädchen zu betatschen.

Wie haben die Untersuchungsbeamten ihre »Tatsachenfeststellung« durchgeführt? Sie veröffentlichten im Herbst 2021 einen »Aufruf zur Einreichung von Beiträgen« und behaupteten, Einzelheiten über die Opfer »systematischer Diskriminierung und Unterdrückung« sowie über die »tieferen Ursachen« des israelisch-palästinensischen Konflikts erfahren zu wollen. Ein Zeitraum, in der sich diese Taten abgespielt haben sollen wurden ebenso wenig benannt wie genauere Details über Täter oder Verbrechen.

Beispiellose Reaktion

Daraufhin habe ich über das Touro Institute on Human Rights and the Holocaust und die Organisation Human Rights Voices mehr als fünf Millionen Einzelbeiträge zu jüdischen Opfern »systematischer Diskriminierung und Unterdrückung« und zur Rolle von Palästinensern und anderen arabischen Tätern gesammelt. Im Laufe des Winters und Frühjahrs 2022 wurden sorgfältig dokumentierte Fotos, Videos, Aussagen, Namen und statistische Beweise von Forschungszentren wie Palestinian Media Watch (PMW), dem Meir Amit Intelligence and Terrorism Information Center, dem Middle East Media Research Institute (MEMRI), der Jewish Virtual Library und dem Committee for Accuracy in Middle East Reporting in America (CAMERA) an die Kommission übermittelt und diese Übermittlungen bei uns akribisch aufgezeichnet.

Diese Eingaben waren beispiellos in der Geschichte des Menschenrechtssystems der Vereinten Nationen. Ebenfalls beispiellos war die Reaktion: Jede einzelne wurde in den Papierkorb geworfen, offenbar ohne gelesen zu werden. Auf einer UN-Pressekonferenz im Juni erklärte Pillay, auf unsere Eingaben angesprochen: »Ich habe sie nicht gesehen« und außerdem »wären sie sie alle pro-israelisch«.

Wir haben nicht aufgehört. Im Laufe des Sommers ermöglichten wir die Einreichung von 180.316 weiteren Akten. Darin wurden 190.161 einzelne jüdische Opfer von Verfolgung und Unterdrückung sowie die palästinensisch bzw. arabischen Verbindungen zu diesen Ereignissen aufgeführt. Die Akten dokumentierten 5.875 Angriffe von Palästinensern und ihren Kollaborateuren im 21 Jahrhundert. Darüber hinaus waren sechs arabische Kriege gegen den jüdischen Staat sowie acht israelische Militäroperationen zur Verteidigung gegen arabische Angriffe im 20. Jahrhundert zu verzeichnen.

Angesichts des jüngsten Berichts der Kommission wissen wir nun, dass auch diese Eingaben alle ignoriert und auf den Müll geworfen wurden, was beweist, dass die UN-Kommission eine Fälschung ist, ein Betrug und nichts anderes.

Die Untersuchungsbeamten en rühmen sich damit, Interviews »mit Primär- und Sekundärquellen« und »persönliche sowie Online-Diskussionen mit Interessenvertretern« geführt zu haben. Ihr Bericht enthält 65 Zitate von 18 Organisationen. Aber jede einzelne der angeführten NGOS macht Israel schlecht, und nicht eine einzige Äußerung einer »pro-israelisch« zu nennenden Nichtregierungsorganisation oder Interessengruppe ist in dem Bericht zu finden.

Schockierend selbst für UNO-Verhältnisse

Die schamlose Voreingenommenheit, die der Bericht an den Tag legt, ist schockierend, selbst für UN-Verhältnisse. Die Zusammenfassung an die Generalversammlung – eine Zusammenfassung einer Untersuchung, die angeblich »alle zugrundeliegenden Ursachen« des Konflikts aufdecken soll – verkündet unverfroren, es gehe nur um »die Auswirkungen auf die Menschenrechte der Palästinenser«, nicht aber um die »Menschenrechte« der jüdischen Israelis.

In diesem Umfeld grassiert der Geschichtsrevisionismus. In einer anonymen, undatierten »Untersuchung« wird ein Palästinenser zitiert, der erklärt, Hebron sei »unser Land und das Land unserer Väter und Großväter«. Auch dazu gibt es keine Fußnote. Vielleicht, weil Hebron die älteste jüdische Gemeinde der Welt ist, der Ort, an dem Abraham das erste Stück Land erworben haben soll, das dem jüdischen Volk in seinem gelobten Land gehörte. Weil es die Begräbnisstätte fast aller Patriarchen und Matriarchinnen des Judentums ist, Dutzende Male in der Bibel erwähnt wird und erst im 20. Jahrhundert durch arabische Massaker an seinen jüdischen Bewohnern, britische Vertreibung und jordanische Gewaltanwendung zeitweise judenrein gemacht wurde.

In dem Bericht werden zahlreiche israelische Menschenrechtsverletzungen beanstandet. Unter anderem werden die Israelis für die hygienischen Probleme palästinensischer Frauen und Mädchen während der Menstruation verantwortlich gemacht. Und noch ein weiteres, prominentes »Opfer« wird eingeführt: die palästinensische Frau, die von einem israelischen Mann misshandelt wird. Das Schweigen zu Ehrenmorden, diskriminierenden Gesetzen und zügelloser häuslicher Gewalt, die von sexistischen, chauvinistischen und Missbrauch begehenden Palästinensern verübt werden, ist hingegen ohrenbetäubend.

Palästinensische Verbrechen werden ignoriert

Was fehlt noch? Das Wort »Terrorismus« ist nirgends zu finden und die palästinensischen Straftäter sind verschwunden. Die Hamas und der Palästinensische Islamische Dschihad tauchen nicht auf. Es gibt eine beiläufige Bemerkung, dass palästinensische Demonstranten »bei einigen Gelegenheiten Molotowcocktails in Richtung der israelischen Streitkräfte warfen«. Es stellt sich jedoch heraus, dass dies nur »als Reaktion« auf israelische Übeltäter geschehen sein soll, wobei bei den »Würfen« ohnehin niemand verletzt worden sei.

Nicht erwähnt werden hingegen palästinensische Raketen- und Mörserangriffe, Selbstmordattentate, Feuerdrachen, Rohrbomben, Beschuss mit Handfeuerwaffen, Brandstiftung, Fahrzeugangriffe, Überfälle, Granaten, Sprengfallen, Scharfschützenfeuer, Panzerabwehrfeuer, Flugabwehrfeuer, Entführungen, Messerstechereien, Vergewaltigungen, Folter, Steinigungen und Enthauptungen.

In der einzigen Zeile zu jüdischen Opfern bezieht sich der Bericht auf die Jahre 2000 bis 2007 wie folgt: »Die Kommission erkennt die erheblichen negativen Auswirkungen bewaffneter Angriffe und Sicherheitsvorfälle an.« »Negative Auswirkungen« ist also die Bezeichnung für die Juden, die während des palästinensischen Terrorkriegs bei Selbstmordattentaten in die Luft gesprengt wurden, als Menschenrechtsverletzung werden sie jedoch nicht bezeichnet.

Der Bericht endet mit Schlussfolgerungen und Empfehlungen, die einen weiteren moralischen Tiefpunkt darstellen. Die Untersuchungsbeamten plädieren dafür, dass Israelis vom Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit ausgeforscht, strafrechtlich verfolgt und ins Gefängnis gesteckt werden sollen – für die naziähnlichen Verbrechen der »Verfolgung« und des »Bevölkerungstransfers« (wohl wissend, dass Letzteres sich auf den Transfer in die Todeslager bezieht).

Andererseits konnten sie kein einziges palästinensisches Verbrechen nennen, das strafrechtlich verfolgt werden sollte. So richtet sich die Liste der Empfehlungen nur an die Regierung Israels, den Ankläger des IStGH und verschiedene UN-Gremien und Mitgliedstaaten. An die palästinensischen Behörden wird keine einzige Empfehlung gerichtet.

Und zu guter Letzt sollten sich die Amerikaner nicht der Illusion hingeben, dass sie vor diesem giftigen internationalen Pogrom sicher wären. Der Bericht fordert nämlich, dass der Internationale Gerichtshof, der »Weltgerichtshof« der Vereinten Nationen, instrumentalisiert werden soll, um »Drittstaaten« zu verpflichten, angeblich kriminelle Israelis zu verfolgen.

Der letzte Absatz dieses Meisterwerks des modernen Antisemitismus verkündet, wie eng das Netz mittlerweile gesponnen ist. In juristischer Küchensprache fordert die Untersuchung der Kommission, dass die UN-Mitgliedstaaten damit beginnen, »gegen Personen zu ermitteln und sie strafrechtlich zu verfolgen, die verdächtigt werden, Verbrechen zu begehen oder anderweitig Beihilfe zu leisten oder bei der Begehung oder versuchten Begehung von Verbrechen zu helfen«.

Um welche Verbrechen handelt es sich hier? Um Verbrechen in den Augen genau jener Männer und Frauen, die das kriminelle Unternehmen der Zerstörung des jüdischen Staates und der Dezimierung seiner Einwohner unterstützen und fördern.

Anne Bayefsky ist Direktorin des Touro Institute on Human Rights and the Holocaust und Präsidentin von Human Rights Voices. (Der Artikel erschien auf Englisch beim Jewish News Syndicate. Übersetzung von Alexander Gruber.)


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