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UNO: Die feinen Freunde des Miloon Kothari

Ständige unabhängige und internationale Untersuchungskommission: Chris Sidoti, Navanethem Pillay und Miloon Kothari
Ständige unabhängige und internationale Untersuchungskommission: Chris Sidoti, Navi Pillay und Miloon Kothari (Quelle: UN Photo / Jean Marc Ferré)

Ein Mitglied der ständigen gegen Israel gerichteten Untersuchungskommission des UN-Menschenrechtsrats hat sich in einem Interview antisemitisch geäußert. Dafür gab es Kritik sogar aus den Reihen der UNO selbst, während das Kommissionsmitglied derweil eine klassische Nicht-Entschuldigung verbreitete.

Etwas mehr als zwanzig Jahre ist es her, dass Miloon Kothari im Auftrag der UN-Menschenrechtskommission als »Sonderberichterstatter für angemessenes Wohnen als Bestandteil des Rechts auf einen angemessenen Lebensstandard« die palästinensischen Gebiete bereiste. Er zeichnete anschließend für einen Bericht verantwortlich, in dem die Selbstmordattentate palästinensischer Terroristen in der zweiten Intifada als »Widerstand« verharmlost, während Israel im Gegenzug »ethnische Säuberungen« und »Massaker« vorgeworfen wurden sowie fälschlich behauptet wurde, Israels Rechtssystem habe einen »theokratischen Charakter«.

Die Menschenrechtskommission gibt es nicht mehr, sie wurde im Jahr 2006 aufgelöst, da sie mit ihrer Struktur, Zusammensetzung und Politik immer wieder verhinderte, dass Menschenrechtsverletzungen von Autokratien und Despotien zur Sprache kamen und verurteilt wurden. An ihre Stelle trat der Menschenrechtsrat, der diesbezüglich aber keinen Deut besser ist. Am häufigsten richten sich seine Resolutionen bekanntlich gegen Israel, weswegen es nur folgerichtig ist, dass er für seine Untersuchungskommissionen immer wieder diesbezüglich linientreues Personal nominiert wie den Inder Miloon Kothari, der schon vor zwei Jahrzehnten unter Beweis gestellt hat, dass auf ihn in dieser Hinsicht Verlass ist.

Seit August 2021 gehört er einem ganz besonderen Gremium des Rates an, nämlich der ständigen unabhängigen und internationalen Untersuchungskommission, die »alle zugrundeliegenden Ursachen für wiederkehrende Spannungen, Instabilität und die Fortdauer des Konflikts« zwischen Israel und den Palästinensern untersuchen soll, »einschließlich systematischer Diskriminierung und Unterdrückung aufgrund der nationalen, ethnischen, rassischen oder religiösen Identität«.

Geschaffen hat der UN-Menschenrechtsrat damit ein Gremium, das nicht nur anlassbezogen und zeitlich begrenzt, sondern permanent gegen den jüdischen Staat ermittelt. Auch wenn das Mandat der Kommission nicht durchgängig explizit so formuliert ist, dass seine einseitig antiisraelische Ausrichtung sofort ins Auge springt, so ist diese Ausrichtung doch, verfolgt man die Aktivitäten des Rates in der Vergangenheit und kennt seine Verfasstheit, eindeutig. Geleitet wird die dreiköpfige Kommission von Navanethem »Navi« Pillay, die von 2008 bis 2014 Hohe Kommissarin für Menschenrechte bei den Vereinten Nationen war und in dieser Zeit ebenfalls tat, was sie konnte, um Israel zu schaden.

UN-Kritik an Kotharis antisemitischen Äußerungen

Miloon Kothari geriet unlängst in die Schlagzeilen, weil er in einem Interview der radikal antizionistischen amerikanischen Website Mondoweiss aus seinem Herzen keine Mördergrube machte: Den Terminus »Apartheid« findet er in Bezug auf Israel sogar noch zu schwach, er fragt sich, »warum Israel überhaupt Mitglied der Vereinten Nationen ist«, und er ist »sehr enttäuscht über die sozialen Medien, die größtenteils von der jüdischen Lobby oder bestimmten Nichtregierungsorganisationen kontrolliert werden«.

Das waren eindeutig antisemitische Äußerungen, für die Kothari deshalb deutliche Kritik erfuhr, nicht nur von zahlreichen Diplomaten, sondern auch aus den Reihen der Vereinten Nationen. UN-Generalsekretär Antonio Guterres etwa beeilte sich zu bemerken, es gebe »keinen Platz für Antisemitismus bei den Vereinten Nationen«, und selbstverständlich sei Israel ein UN-Mitglied mit denselben Rechten und Pflichten wie jedes andere Mitglied auch.

Selbst der Präsident des Menschenrechtsrats, Federico Villegas, wurde vergleichsweise deutlich: »Die Äußerungen von Miloon Kothari könnten als Stigmatisierung des jüdischen Volkes interpretiert werden, was der Kern jedes Ausdrucks von Antisemitismus ist.« Die US-Botschafterin im Menschenrechtsrat, Michele Taylor, und die amerikanische Sonderbeauftragte für Antisemitismus, Deborah Lipstadt, erklärten:

»Kürzlich äußerte sich Miloon Kothari […] in einem Medieninterview abfällig über die ›jüdische Lobby‹, wobei er uralte antisemitische Tropen wiederholte und das Recht des Staates Israel auf die Mitgliedschaft in den Vereinten Nationen infrage stellte. Die USA sind solidarisch mit der Regierung Israels und dem israelischen Volk. Wir lehnen Antisemitismus und israelfeindliche Voreingenommenheit kategorisch ab, einschließlich der Kommentare von Herrn Kothari, die empörend, unangemessen und ätzend sind.«

Wer Kothari zur Seite sprang

Navanethem Pillay dagegen, die Vorsitzende der gegen Israel gerichteten ständigen Untersuchungskommission, verteidigte Kothari; sie war der Ansicht, seine Bemerkungen im Mondoweiss-Interview seien »bewusst aus dem Kontext gerissen« worden. Wer sich das Gespräch anhört oder die Transkription liest, wird diesen Eindruck allerdings nicht bestätigen können.

In einem Schreiben an UN-Generalsekretär Guterres forderte der israelische Premierminister Yair Lapid dann auch, »alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um den sofortigen Rücktritt von Frau Pillay und den anderen Kommissionsmitgliedern sowie die Auflösung der Kommission zu bewirken«. Bereits zuvor hatte Lapids internationale Sprecherin, Keren Hajioff, auf Twitter geschrieben: »Die internationale Gemeinschaft sollte über die antisemitischen Kommentare von Miloon Kothari empört sein. Seine rassistischen Äußerungen über die ›jüdische Lobby‹, welche die Medien kontrolliert, und seine Infragestellung des Existenzrechts Israels als Mitglied der Familie der Nationen erinnern an die dunkelsten Zeiten des Antisemitismus.«

Beistand erhielt Kothari dagegen wenig überraschend nicht nur von Pillay, sondern auch von sechzehn palästinensischen Vereinigungen, darunter fast all jene, die Ende Oktober des vergangenen Jahres von der israelischen Regierung wegen ihrer Unterstützung der terroristischen PFLP zu Terrororganisationen erklärt worden waren, beispielsweise Addameer und Al-Haq.

41 regionale und internationale NGOs – viele davon verstehen sich explizit als Teil der internationalen antisemitischen BDS-Bewegung – schlossen sich der Erklärung der palästinensischen Organisationen an. Sie fordern die Fortführung der Untersuchungskommission und sind wie Pillay der Ansicht, Zitate aus Kotharis Interview seien »aus dem Zusammenhang gerissen« und der »Vorwurf des Antisemitismus« werde »benutzt, um die Ermittlungen der Kommission zu Israels internationalen Verbrechen gegen das palästinensische Volk, einschließlich des Menschheitsverbrechens der Apartheid, aufzuhalten«.

UNO behandelt Israel als Pariastaat

Wie so oft in solchen Fällen fanden sich auch diesmal wieder einige Dutzend jüdische Gelehrte bereit, den Antisemitismus in einem offenen Brief herunterzuspielen und Israel verbal ins Visier zu nehmen. »In den vergangenen Jahren haben rechtsgerichtete Aktivisten sowohl jüdischer als auch nichtjüdischer Gruppen enorme Energie und Ressourcen investiert, um legitime Kritik an Israel und Versuche, Israel für seine ständigen Verstöße gegen internationales Recht zur Verantwortung zu ziehen, als inhärent antisemitisch darzustellen«, heißt es in dem Schreiben.

Atalia Omer, Professorin an der University of Notre Dame im UN-Bundesstaat Indiana und eine der Unterzeichnerinnen, sagte, der offene Brief zeige, »dass viele jüdische Wissenschaftler und Intellektuelle es ablehnen, den Antisemitismus als Waffe zu instrumentalisieren, damit Israel nicht für seine Politik zur Verantwortung gezogen wird, und dass sie gleichzeitig den Antisemitismus als reales Phänomen anerkennen«.

In dieser verqueren Weltsicht ist es also schlimmer, den Antisemitismus zu kritisieren, als sich antisemitisch zu äußern. Dabei ist es offensichtlich, dass die Vereinten Nationen und viele ihrer Gremien Israel als Pariastaat betrachten und behandeln; dessen vermeintliche oder tatsächliche Verstöße rechtfertigen es niemals, dass der jüdische Staat, um nur zwei Beispiele zu nennen,

  • von der Generalversammlung jedes Jahr häufiger verurteilt wird als alle anderen Länder der Welt zusammen – darunter sämtliche Autokratien, Despotien und Diktaturen,
  • und dass der Menschenrechtsrat ihm sogar auf jeder Sitzung einen eigenen Tagesordnungspunkt (Item 7) widmet.

Es handelt sich vielmehr um eine Dämonisierung Israels, die mit einer Delegitimierung einhergeht und dabei andere Maßstäbe anlegt als an jedes andere Land der Welt. Das aber ist antisemitisch.

Kothari und seine Nonpology

Miloon Kothari selbst schrieb in einer Stellungnahme, er bedaure es, von einer »jüdischen Lobby« gesprochen zu haben, und wolle dafür um Entschuldigung bitten. Er nehme es ernst, dass seine Worte »als antisemitisch wahrgenommen und erlebt« worden seien und bezeichnete sie als »unsensibel«. Damit stufte er seine Äußerung, wohlgemerkt, nicht selbst als antisemitisch ein, obwohl sie es unzweifelhaft war, sondern schob das Problem vielmehr zu den Rezipienten, die seine Aussagen als antisemitisch interpretiert und sich verletzt gefühlt hätten. Eine klassische Nonpology also, eine Nicht-Entschuldigung.

Heute beginnt die nächste Sitzungsperiode des UN-Menschenrechtsrats, die bis zum 7. Oktober dauert. Dass Miloon Kothari zurücktritt, ist unwahrscheinlich; dass die ständige Untersuchungskommission, der er angehört, aufgelöst wird, erst recht. Vielmehr wird es wie immer eine Reihe von Verurteilungen des jüdischen Staates geben, und die Vielzahl an autokratischen Regimen, die im Rat sitzen, wird das einmal mehr für menschenrechtliches Engagement halten. Dabei gehört der Menschenrechtsrat aus denselben Gründen aufgelöst wie seinerzeit die UN-Menschenrechtskommission, für die Kothari ebenfalls tätig war. Doch dass erneut ein UN-Generalsekretär diesen Schritt unternimmt, ist ganz gewiss nicht zu erwarten.

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