Nachdem die Vereinten Nationen wegen ihres langen Schweigens in die Kritik geraten waren, gibt es fünf Monate nach dem Hamas-Massaker nun durch einen UN-Bericht die offizielle Bestätigung der Massenvergewaltigungen durch die Terroristen.
Mike Wagenheim
Es gebe ebenso »klare und überzeugende« Beweise dafür, dass Terroristen sexuelle Gewalt, einschließlich Vergewaltigung, gegen israelische Geiseln im Gazastreifen verübt haben, wie es »berechtigte Gründe« für die Schlussfolgerung gebe, dass Terroristen am 7. Oktober 2023 an mehreren Orten israelische Frauen einzeln und in Gruppen vergewaltigt haben, heißt es in einem am Montag veröffentlichten Bericht der Vereinten Nationen.
»In Bezug auf die Geiseln fand das Team der UN-Mission klare und überzeugende Informationen, dass einige von ihnen verschiedenen Formen von konfliktbezogener sexueller Gewalt ausgesetzt waren, darunter Vergewaltigung und sexualisierte Folter sowie sexualisierte grausame, unmenschliche und erniedrigende Behandlung«, so das Resümee im Bericht. Darüber hinaus »gibt es auch berechtigte Gründe zu der Annahme, dass solche Gewalt andauern könnte«.
»Es gibt hinreichende Gründe für die Annahme, dass es auf dem Nova-Musikfestival und in seiner Umgebung zu mehreren Vorfällen sexueller Gewalt gekommen ist, bei denen die Opfer vergewaltigt und/oder gruppenweise vergewaltigt und dann getötet wurden oder bereits während der Vergewaltigung getötet wurden«, heißt es in dem Bericht. Auch gebe es »berechtigte Gründe« für die Annahme, dass sexuelle Gewalt, einschließlich Vergewaltigungen, auf der von den Festivalbesuchern als Fluchtroute benutzten Straße 232 und im Kibbutz Re’im, wo sie Schutz suchten, stattfand.
Die »berechtigten Gründe für diese Annahme« liefere der im Bericht verwendete »primäre Beweisstandard«, so das UNO-Dokument, in dem es weiter heißt, die Charakterisierung »klar und überzeugend« beziehe sich auf »Beweise, die über ›berechtigte Gründe zur Annahme‹ hinausgehen, aber nicht unter die Charakterisierung ›über jeden berechtigten Zweifel erhaben‹ fallen«. Dementsprechend wird nirgendwo in dem Bericht erklärt, irgendeine der detaillierten Gewalttaten sei »ohne jeden berechtigten Zweifel« als wahr einzustufen.
»Unsere Schlussfolgerungen beruhen auf unseren eigenen Einschätzungen der Glaubwürdigkeit von Zeugen sowie auf der Überprüfung von Quellen und Querverweisen«, sagte die Sonderbeauftragte des UN-Generalsekretärs für sexuelle Gewalt und Konflikte, Pramila Patten. Ihr Team fand auch ein Muster unter den Opfern, zumeist Frauen, die ganz oder teilweise nackt, gefesselt und erschossen an mehreren Orten gefunden wurden, was »auf diverse Formen sexueller Gewalt hinweisen könnte«.
Monate oder Jahre
Die Führung der Vereinten Nationen und mehrere ihrer Organisationen waren heftiger Kritik vonseiten Israels und anderer ausgesetzt, weil sie sich monatelang geweigert hatten, Berichte über sexuelle Gewalt während der Morde und Geiselnahmen durch die Hamas-Terroristen am 7. Oktober anzuerkennen.
Patten hatte Ende Januar und Anfang Februar auf Einladung der israelischen Regierung für siebzehn Tage Israel und das Westjordanland besucht. In einer Pressemitteilung vom Montag betonte sie wiederholt, ihr Auftrag habe nicht darin bestanden, Ermittlungen durchzuführen. Vielmehr hätten sie und ein neunköpfiges Expertenteam bereits bestehende Informationen gesammelt, unter anderem bei dreiunddreißig Treffen mit israelischen Vertretern und in vierunddreißig vertraulichen Interviews mit Überlebenden und Zeugen, freigelassenen Geiseln, Ersthelfern und anderen. Darüber hinaus sichteten sie mehr als fünftausend Fotos und fünfzig Stunden Videomaterial.
Zu ihrem Team gehörten »Spezialisten, die in geschützter und ethischer Befragung von Überlebenden, Opfern und Zeugen sexueller Gewaltverbrechen geschult sind, ein forensischer Pathologe und ein Analyst für digitale und öffentliche Informationen«, so Patten.
Es könnte »Monate oder Jahre dauern«, bis das wahre und volle Ausmaß der am 7. Oktober 2023 und in der Zeit danach verübten sexuellen Gewalt »ans Licht kommt, und vielleicht wird es nie vollständig bekannt sein«, sagte Patten und verwies auf den Mangel an forensischen Beweisen, die in den unmittelbaren chaotischen Stunden nach dem Massaker gesammelt werden konnten, auf die Veränderung der Tatorte bei der Suche, die übermäßige Verbrennung einiger Opfer und die mangelnde forensische Ausbildung einiger freiwilliger Ersthelfer.
Patten hat im Zuge ihrer Mission nicht direkt mit den Opfern sexueller Übergriffe des 7. Oktober gesprochen. Ihr wurde gesagt, dass mehrere von ihnen wegen eines Traumas in Behandlung waren und nicht mit ihr sprechen konnten, während sie in Israel war. Auf eine Nachfrage sagte die UNO-Sonderbeauftragte, sie habe die israelische Regierung um eine Folgemission gebeten, bei der ihr Büro direkt mit dazu bereiten Opfern sowie mit aus dem Gazastreifen freigelassenen Geiseln sprechen könne, Jerusalem habe jedoch noch nicht geantwortet.
Das Büro des UN-Hochkommissars für Menschenrechte und die Untersuchungskommission zum israelisch-palästinensischen Konflikt sollten eine juristische Untersuchung durchführen, sagte Patten. Die Untersuchungskommission ist wegen der Zusammensetzung ihrer Mitglieder und ihres unbefristeten Mandats, das mit einem umfangreichen Budget ausgestattet ist, von Israel und anderen Ländern in der Vergangenheit heftig kritisiert worden.
Kein Anstandswauwau
Patten sagte, ihr Team habe nur Informationen über Sexualverbrechen in einem Umfang gesammelt, der im Voraus mit Israel vereinbart worden sei. Dabei habe das Team festgestellt, dass einige der gemeldeten Vorwürfe, darunter die Behauptung, Terroristen hätten am 7. Oktober einer schwangeren Frau ein ungeborenes Kind aus dem Bauch geschnitten, unbegründet gewesen seien.
Patten sagte, die »glaubwürdigen« Informationen in ihrem Bericht reichten nicht aus, um Verbrechen spezifisch der Hamas, dem Palästinensischen Islamischen Dschihad oder den Zivilisten im Gazastreifen zuzuordnen, von denen angenommen wird, dass sie an dem Massaker beteiligt waren. Israel habe nicht versucht, Einfluss auf die Bemühungen ihres Teams zu nehmen oder sich in die Sammlung von Informationen eingemischt. »Ich hatte keine Anstandsdame«, sagte sie.
Patten reiste auch nach Ramallah, um Personen zu treffen, die israelische Sicherheitskräfte der Vergewaltigung beschuldigen. Der Bericht erwähnt zwar diesbezügliche Drohungen, aber keine Taten selbst. »Es wurden zwar keine Vergewaltigungen gemeldet, aber palästinensische Frauenorganisationen betonten immer wieder, dass neben Einschüchterung und Unsicherheit auch das hohe Maß an Stigmatisierung sowie konservative kulturelle Normen und das Machtungleichgewicht im Kontext der Besatzung Anzeigen von sexueller Gewalt erschweren«, heißt es dort.
Patten hat keine konkrete Zahl der begangenen Sexualverbrechen veröffentlicht, um zu vermeiden, dass der Bericht sensationslüstern aufgeladen oder politisiert wird, sagte sie am Montag gegenüber Reportern. Als sie auf der Pressekonferenz gefragt wurde, was der UN-Generalsekretär António Guterres und der UN-Sicherheitsrat als Nächstes tun sollten, nachdem sie nun im Besitz des Berichts sind, antwortetet Patten nur, der Bericht sei ein weiterer Grund, einen sofortigen Waffenstillstand in Gaza zu fordern.
Wer ihnen geschadet hat, wird bezahlen
»Der jüngste UN-Bericht beschreibt in aller Deutlichkeit die Gräueltaten der Hamas am 7. Oktober, darunter Massenmorde, Vergewaltigungen und systematische sexuelle Übergriffe«, schrieb der israelische Außenminister Israel Katz in den sozialen Medien. »Doch der Vorsitzende schweigt. Es ist Zeit zu handeln, António Guterres. Die Hamas muss weltweit als terroristische Vereinigung eingestuft und die sie unterstützenden Staaten als Terrorsponsoren bezeichnet werden. Der Abzug der UNRWA aus dem Gazastreifen ist zwingend erforderlich, und die sofortige Freilassung der Geiseln muss Vorrang haben.«
»Ich habe unseren Botschafter bei den Vereinten Nationen, Gilad Erdan, angewiesen, zu sofortigen Konsultationen nach Israel zurückzukehren, um den Versuch zu unterbinden, den seriösen UN-Bericht über die Massenvergewaltigungen durch die Hamas und ihre Verbündeten vom 7. Oktober in der Schublade verschwinden zu lassen«, schrieb er auf Hebräisch. »Trotz der ihm verliehenen Befugnis hat der UN-Generalsekretär in Anbetracht der Ergebnisse nicht die Einberufung des Sicherheitsrats angeordnet, um die Hamas-Organisation zu einer terroristischen Organisation zu erklären und Sanktionen gegen ihre Anhänger zu verhängen.«
Unter Verwendung des rabbinischen Begriffs hefker, der sich auf herrenloses Eigentum bezieht, fügte er hinzu: »Unsere Töchter sind nicht hefker. Wer ihnen Schaden zugefügt hat, wird dafür bezahlen.«
Das israelische Außenministerium erklärte, der jüdische Staat begrüße »die endgültige Anerkennung der Sexualverbrechen der Hamas durch einen offiziellen Vertreter der Vereinten Nationen in diesem wichtigen Bericht. Zum ersten Mal hat eine UNO-Vertreterin die von der Hamas und anderen terroristischen Organisationen am 7. Oktober begangenen Sexualverbrechen ausdrücklich anerkannt. Die UNO erkennt auch an, dass die Verbrechen gleichzeitig an verschiedenen Orten begangen wurden und auf ein Muster von Vergewaltigung, Folter und sexuellem Missbrauch hinweisen.«
Katz betonte, dass der Bericht »das Bestehen andauernder sexueller Verbrechen gegen die noch von der Hamas als Geiseln gehaltenen israelischen Frauen und Männer anerkennt und die sofortige Freilassung der Geiseln fordert«.
Vonseiten des Ministeriums hieß es weiter, dass »Israel die Forderung des Berichts zurückweist, die palästinensischen Behauptungen über ›sexuelle Gewalt durch israelische Elemente‹ zu untersuchen. Dies ist ein höhnisches und vorsätzliches palästinensisches Manöver, das darauf abzielt, eine unerträgliche Gleichsetzung herzustellen zwischen den schrecklichen Verbrechen, die von der Hamas begangen wurden und weiterhin begangen werden, und den böswilligen und unbegründeten Behauptungen gegen Israel und Israelis«.
Auch Pattens Forderung einer Zusammenarbeit mit der Untersuchungskommission zum israelisch-palästinensischen Konflikt, die »für ihre Feindseligkeit und die Feindseligkeit ihrer Mitglieder, angeführt von ihrer Vorsitzenden Navi Pillay, gegenüber Israel bekannt ist«, wies Jerusalem zurück.
»Nach der Veröffentlichung dieses schwerwiegenden Berichts fordert Israel die sofortige Einberufung des Sicherheitsrats mit dem Ziel, die Hamas als terroristische Organisation zu bezeichnen und internationale Sanktionen gegen sie zu verhängen«, erklärte das Außenministerium abschließend. »Israel wird weiterhin entschlossen handeln, um die als Geiseln gehaltenen Frauen und Männer zu befreien und die palästinensische Lügenkampagne zu bekämpfen.«
Der Artikel erschien auf Englisch beim Jewish News Syndicate. Übersetzung von Alexander Gruber.