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Unklare US-Position zum iranischen Uran

Verurteilung des Iran: Rafael Grossi bei der Sitzung des IAEO-Gouverneursrats in Wien
Verurteilung des Iran: Rafael Grossi bei der Sitzung des IAEO-Gouverneursrats in Wien (Quelle: JNS)

Während die Verhandlungen zwischen dem Iran und den USA weiterhin festgefahren scheinen und die IAEO am Donnerstag den Iran verurteilte, ist für Sonntag eine sechste Verhandlungsrunde geplant.

Yaakov Lappin

Die iranische Atomkrise ist in den letzten Tagen wieder in die Schlagzeilen geraten, nachdem der Chef der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEA), Rafael Grossi, eine deutliche Warnung ausgesprochen hatte, Teheran verfüge über genügend angereichertes Uran, um mehrere Atombomben herzustellen. Während die angespannten Verhandlungen zwischen dem Iran und den Vereinigten Staaten aufgrund grundlegender und möglicherweise unüberbrückbarer Differenzen weiterhin festgefahren sind, ist für Sonntag im Oman eine sechste Verhandlungsrunde geplant.

Die IAEO hatte am 31. Mai zwei kritische Berichte veröffentlicht: In einem wurde die fortgesetzte Ausweitung der Bestände an auf sechzig Prozent angereichertem Uran detailliert beschrieben, sodass Teheran nun über genügend Material für schätzungsweise zehn Bomben verfügt, wobei für den Bau der Sprengköpfe noch separate Arbeiten erforderlich sind. Im zweiten wurde der Iran für seine mangelnde Zusammenarbeit bei der Überwachung und Inspektion kritisiert, zu der Teheran gemäß dem von ihm unterzeichneten Atomwaffensperrvertrag verpflichtet ist.

Dies hat die Möglichkeit erhöht, dass die als E3 bekannten europäischen Länder Großbritannien, Frankreich und Deutschland und die Vereinigten Staaten die Nichteinhaltung der Verpflichtungen durch den Iran als Rechtfertigung für den sogenannten Snapback-Mechanismus anführen, der in der Resolution 2231 des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen verankert ist.

Dieser Mechanismus ermöglicht es allen Parteien des Atomabkommens mit dem Iran aus dem Jahr 2015, einseitig alle früheren internationalen UN-Sanktionen gegen Teheran wieder in Kraft zu setzen, wenn festgestellt wird, dass der Iran seine aus der Vereinbarung resultierenden Verpflichtungen in erheblichem Maß nicht einhält. Dieser Prozess ist so konzipiert, dass er durch kein Veto blockiert werden kann, also andere Mitglieder des Sicherheitsrats wie Russland oder China ihn nicht verhindern können, was ihn zum mächtigsten nichtmilitärischen Durchsetzungsinstrument macht, das zur Verfügung steht, um den Iran zur Rechenschaft zu ziehen.

Der Iran hat gewarnt, jede Wiedereinführung der Sanktionen würde zu schwerwiegenden Vergeltungsmaßnahmen führen, was eine versteckte Drohung mit weiteren Fortschritten im Nuklearprogramm sein dürfte, die wiederum militärische Maßnahmen gegen Nuklearstandorte auslösen könnten.

Einigung möglich?

Der ehemalige stellvertretende Nationale Sicherheitsberater des israelischen Premierministers Benjamin Netanjahu und ehemaliger Leiter des Nationalen Sicherheitsrats Israels Jacob Nagel, der heute Senior Fellow bei der in Washington ansässigen Foundation for Defense of Democracies (FDD) ist, erklärte vergangenen Montag, dass »die Vergrößerung der auf sechzig Prozent angereicherten Uranvorräte keine andere Bedeutung hat als die anhaltende Missachtung aller Verpflichtungen durch den Iran und der Zahl der Bomben, die er produzieren könnte, wenn er die militärisch nutzbare Neunzig-Prozent-Marke durchbricht.«

Laut Nagel könne dies »eine Frage von Tagen sein, sollte sich der Iran dazu entschließen. Aber die Iraner sind klug genug, dies in der Zwischenzeit nicht zu tun, solange die Verhandlungen mit den USA andauern. Da wir uns dem Punkt nähern, an dem es kein Zurück mehr gibt, was die Aktivierung des Snapback-Prozesses betrifft, der die Wiedereinführungen aller Sanktionen des UN-Sicherheitsrats und mehr ermöglicht, verwenden die Vereinigten Staaten und Europa und in ihrem Gefolge auch die IAEO zwar harte Worte gegenüber dem Iran. Aber sie zeigen immer noch nicht ihre Zähne.«

Es wäre interessant zu wissen, worauf sie warten, fügte er hinzu: »Vielleicht liegt es an den fortgesetzten Verhandlungen mit den Vereinigten Staaten. Daher ist dies momentan kein strategischer Wendepunkt in der Krise, es sei denn, die Atomgespräche scheitern.«

Nagel hob die Unklarheit der Verhandlungsposition der USA als zentrales Problem hervor. »Es gibt zwar eine grundlegende Kluft zwischen den Forderungen des Irans und dem amerikanischen Vorschlag, aber die iranischen Forderungen sind laut allen öffentlich zugänglichen Informationen klar und deutlich: Sie beabsichtigen nicht, das von ihnen beanspruchte Grundrecht auf Anreicherung aufzugeben. Der Iran könnte lediglich bereit sein, Kompromisse hinsichtlich des Anreicherungsgrads, des Umfangs und der Menge des im Iran verbleibenden angereicherten Materials einzugehen.«

Auf der anderen Seite sei die amerikanische Position, »zumindest die veröffentlichte, nicht so klar. Was genau meinen Präsident Trump oder sein Gesandter Witkoff damit, der Iran dürfe nicht anreichern? Vor allem, wenn zugleich Berichte veröffentlicht werden, dies sei vielleicht die Absicht für den endgültigen Status, aber dass der Iran in der Zwischenzeit und bis zur Einrichtung der regionalen Konsortialanlagen seine Anreicherung fortsetzen kann.«

Ein von den USA während der Verhandlungen vorgeschlagenes Konzept war ein regionales Anreicherungskonsortium, das die Schaffung einer multinationalen Anlage außerhalb des Irans vorsah, in der die gesamte Urananreicherung durchgeführt werden sollte, um den Energiebedarf des Landes zu decken und gleichzeitig eine Anreicherungskapazität auf iranischem Boden zu verhindern. »Bedeutet dies, dass es dem Iran in Zukunft verboten sein wird, Uran anzureichern? Was wird in der Zwischenzeit mit der gesamten Anreicherungsinfrastruktur in [den Nuklearanlagen] Natanz und Fordo? Wird der Strom abgeschaltet oder werden sie demontiert und zerstört?«

Nagels Expertise zufolge sind diese Fragen erst dann beantwortbar, wenn beurteilt werden kann, ob eine diplomatische Einigung noch möglich oder ein militärischer Konflikt der einzige verbleibende Weg ist.

Beispiellose Krise

Auf die Frage nach einem möglichen Militärschlag verwies Nagel auf die wiederholten Erklärungen des israelischen Premiers Benjamin Netanjahu, Jerusalem werde dem Iran den Besitz von Atomwaffen nicht gestatten. »Es muss erneut betont werden, dass es notwendig ist, alle Komponenten zur Entwicklung einer Bombe zu beseitigen, um alle Wege und Kanäle des Irans zu nuklearer Bewaffnung zu blockieren: das spaltbare Material, die Entwicklung des Waffensystems und die Verbindung zwischen den Waffen- und Trägersystemen, vor allem Raketen. Ohne eine umfassende Beseitigung aller Komponenten könnte unser Gewinn zum Verlust werden.«

Am Montag erklärte IAEO-Generaldirektor Rafael Grossi gegenüber den israelischeni24NEWS, dass »die Iraner mir gesagt haben, im Fall eines Angriffs auf die Nuklearanlagen aus dem Nichtverbreitungsvertrag auszutreten«. Er warf der Islamischen Republik außerdem vor, zwei Jahrzehnte zuvor »in betrügerischer Weise« vertrauliche IAEO-Dokumente erlangt zu haben, um sich den Ermittlungen zum Atomprogramm zu entziehen.

Angesichts all dessen schein der diplomatische Prozess bereits kurz vor dem Zusammenbruch zu stehen. Am 9. Juni erklärte ein Sprecher des iranischen Außenministeriums offiziell, Teheran habe den Vorschlag der USA abgelehnt, da er »kein Ergebnis des Verhandlungsprozesses« sei, und kündigte an, der Iran werde über den Oman einen eigenen »vernünftigen, logischen und ausgewogenen« Gegenvorschlag vorlegen. Dies stand in krassem Gegensatz zu der Erklärung von US-Präsident Donald Trump am selben Tag nach einem Telefonat mit Netanjahu, dass die USA dem Iran einen »vernünftigen Vorschlag« unterbreitet hätten und eine Antwort erwarteten.

Der Senior Research Fellow am Institut für Nationale Sicherheitsstudien in Tel Aviv und ehemaliger Leiter der Iran-Abteilung des Militärgeheimdienstes der Israelischen Verteidigungsstreitkräfte Dennis Citrinowicz vermutete am Montag, dass die Situation wahrscheinlich auf eine schwerwiegende Krise zusteuere: »Obwohl die USA und der Iran an einer Einigung interessiert sind, steuern wir aufgrund der Differenzen in der Frage der Urananreicherung und der IAEO-Maßnahmen gegen den Iran auf eine beispiellose Krise zu. Ohne eine Einigung scheint eine Eskalation fast unvermeidlich. Dies sind keine taktischen Schritte, sondern äußerst bedeutende Maßnahmen. Derzeit gibt es keine [diplomatische] Lösung, ohne dass die USA das Recht des Irans auf Urananreicherung anerkennen«, was für diesen aber eine rote Linie ist.

Inmitten dieser diplomatischen Pattsituation geht die Debatte über militärische Optionen weiter. In einem Brief im Wall Street Journal vom 8. Juni legten Reuel Marc Gerecht, Resident Scholar bei der Foundation for the Defense of Democracies, und Ray Takeyh, Senior Fellow beim Council on Foreign Relations, nahe, dass Israels Diskussionen zurzeit solche Angriffe favorisierten, die »nicht die ›Gesamtheit‹ des Atomwaffenprogramms zerstören müssen. Eine teilweise Zerstörung mit der Androhung einer weiteren Eskalation, die möglicherweise auch die Ölindustrie betrifft, könnte Teherans nukleare Bestrebungen für Jahre, wenn nicht sogar für immer zunichte machen.« Diese Kalkulation hänge davon ab, ob Israel über ausreichende Mittel verfüge, um die Anreicherungsanlagen in Natanz und Fordo schwer zu beschädigen.

Der Iran hat auf den erhöhten Druck mit eigenen direkten Drohungen reagiert. Am 9. Juni erklärte der Oberste Nationale Sicherheitsrat, jeder israelische Angriff würde mit einer direkten Reaktion gegen die »versteckte nukleare Infrastruktur« Israels beantwortet werden und stellte die Behauptung auf, seinen Streitkräften läge eine detaillierte Datenbank mit israelischen Zielen vor.

Die angespannte Lage wird durch Russlands Plan, der jüngst vom Leiter der iranischen Atomenergieorganisation Mohammad Eslami öffentlich präsentiert wurde, nämlich acht neue Atomkraftwerke im Iran zu errichten, weiter verschärft.

Die stellvertretende Direktorin des Programms für Nichtverbreitung und biologische Verteidigung bei der FDD, Andrea Stricker, erklärte am Montag: »Die IAEO hat ihre lang erwartete Feststellung veröffentlicht: Der Iran hält sich nicht an seine Verpflichtungen aus dem Atomwaffensperrvertrag und versteckt heute nukleares Material und Ausrüstung. Da Teheran immer näher an Atomwaffen rückt, erklärte die Behörde auch, dass sie nicht feststellen kann, ob das iranische Atomprogramm friedlich ist. Um das Regime zur Rechenschaft zu ziehen, bleibt dem Westen nur wenig Zeit, um den Iran im Gouverneursrat der IAEO zu verurteilen und die Aussetzung der UN-Sanktionen gegen den Iran vor deren Auslaufen im Oktober wieder in Kraft zu setzen.«

Yaakov Lappin ist Korrespondent und Analyst für militärische Angelegenheiten in Israel, hausinterner Analyst am MirYam-Institut, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Alma-Forschungs- und Bildungszentrum und am Begin-Sadat-Zentrum für strategische Studien an der Bar-Ilan-Universität sowie Autor von Virtual Caliphate – Exposing the Islamist State on the Internet. (Der Text erschien auf Englisch zuerst beim Jewish News Syndicate. Übersetzung von Alexander Gruber.)

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