Ukraine-Krieg: Iran will Raketen an Russland liefern

Der Iran will weitere Drohnen und Kurzstreckenraketen an Russland liefern
Der Iran will weitere Drohnen und Kurzstreckenraketen an Russland liefern (© Imago Images / ZUMA Wire)

Die fortgesetzten Waffenlieferungen an Russland sind auch eine Möglichkeit für den Iran, sich auf der Krim zu verankern und näher an den Westen heranzubewegen.

Wie Beamte eines westlichen Landes, welches das iranische Waffenprogramm genau überwacht, kürzlich erklärten, bereite sich der Iran darauf vor, etwa tausend zusätzliche Waffen, darunter Boden-Boden-Raketen mit kurzer Reichweite und weitere Angriffsdrohnen, nach Russland zu schicken, das diese in seinem Krieg gegen die Ukraine einsetzen möchte. Es wäre das erste Mal, dass der Iran fortschrittliche Präzisionslenkraketen nach Russland schickt, was dem Kreml auf dem Schlachtfeld einen erheblichen Vorteil verschaffen könnte. 

Die bislang letzte iranische Waffenlieferung nach Russland umfasste nach offiziellen Angaben etwa 450 Drohnen, die Russland mit iranischer Hilfe bereits für Terrorangriffe auf ukrainische Städte eingesetzt hat. Die USA machten mittlerweile publik, dass der Iran militärisches Personal, nämlich Revolutionsgardisten auf die Krim geschickt hat, um das russische Militär bei der Verwendung von Drohnen iranischer Bauart zu schulen und auszubilden. Die iranische Präsenz auf dem von Russland besetzten ukrainischem Territorium bedeutet nicht nur eine erhebliche Eskalation der iranischen Beteiligung am Ukraine-Krieg, sondern stellt auch eine neue Phase in der aufkeimenden Militärallianz der beiden Länder dar. 

Trotz ihrer Differenzen haben sich der Iran und Russland einander angenähert, weil sie »dieselbe Bedrohungswahrnehmung teilen«, so Behnam Ben Taleblu, Senior Fellow bei der Foundation for Defense of Democracies. Die beiden Staaten verstünden die regionale Ordnung als eine »von einer außerregionalen Macht gegen sie ausgerichtete Ordnung«, sagte Taleblu unter Bezug auf die Vereinigten Staaten. Verkauft der Iran Raketen an Russland, bedeute dies, dass er »einige seiner präzisesten Waffen näher an Europa heranbringt. Es ist wichtig, die iranischen Beziehungen mit Russland als Teil eines größeren Kriegs mit dem Westen zu sehen.«

Die erwartete neue Lieferung würde die iranische Unterstützung für Russlands Kriegsanstrengungen erheblich verstärken. Wann genau sie in Russland eintreffen wird, ist zwar unklar, doch gehen Beamte davon aus, dass die Waffen auf jeden Fall noch vor Ende des Jahres geliefert werden. Dies ist ein Schritt, der die Beziehungen sowohl Russlands als auch des Irans zu den USA wahrscheinlich weiter verschlechtern und damit direkt Auswirkungen auf die Verhandlungen zur Wiederbelebung des Atomdeals haben wird. 

Am Montag sagte der US-Beauftragte für den Iran, Rob Malley, die Regierung Biden wolle keine Zeit mit Gesprächen zur Wiederbelebung des Atomabkommens verschwenden, wenn klar sei, dass sich auf iranischer Seite nichts weiterbewege. In seiner Erklärung kritisierte Malley die iranischen Drohnenlieferung entschieden. »Wir wissen, dass diese Drohnen für Angriffe auf Zivilisten und zivile Infrastruktur eingesetzt wurden. Und wir wissen, dass der Iran angesichts all dieser Beweise weiterhin lügt und dieses Faktum leugnet.« Anfang des Monats erklärte der Kommunikationskoordinator des Nationalen Sicherheitsrats, John Kirby, die Anwesenheit iranischen Militärpersonals auf der Krim sei ein Beweis für die direkte Beteiligung Teherans an dem Konflikt. 

Der Iran hat immer wieder bestritten, Russland mit Waffen für den Einsatz in der Ukraine zu beliefern und erklärt, dies »nicht getan [zu haben] und nicht tun wird«.

Am Montag sagte ein hochrangiger US-Verteidigungsbeamter, keine detaillierten Informationen zu der Behauptung geben zu können, der Iran bereite die Lieferung von Raketen an Russland zum Einsatz in der Ukraine vor. US-Beamte erklärten jedoch, sie wüssten von Gesprächen über weitere iranische Waffenlieferungen an Russland, die noch nicht erfolgt sind. Die USA würden »alles in Betracht ziehen, was wir tun können, nicht nur Sanktionen«, um zu verhindern, dass iranische Waffen nach Russland geliefert werden, sagte Außenminister Tony Blinken vergangene Woche und fügte hinzu, die USA »versuchen, diese Netzwerke zu zerschlagen«. Es ist jedoch unklar, ob die USA in der Lage sein werden, weitere Lieferungen zu unterbinden, zumal die Sorge wächst, dass die Iraner noch modernere Waffen an Russland schicken könnten. 

»Für die Iraner geht es um Marktanteile, Prestige und die Festigung von Allianzen«, sagte Eric Lob vom Iran-Programm des Middle East Institute und betonte die Anreize, die diese für ein so isoliertes Land wie den Iran darstellt. Der Iran war bisher nicht als Waffenexporteur bekannt, sondern belieferte in der Vergangenheit nur seine ideologischen Stellvertreter im Irak, im Jemen und im Libanon, vor allem, um die eigene regionale Agenda der Islamischen Republik zu erfüllen. Mit dem Ukraine-Krieg ändert sich das, sagen Analysten. 

Drohnen werden im Nahen Osten schon seit einigen Jahren eingesetzt, aber, so Lob, »die Iraner haben seit dem Iran-Irak-Krieg in den 1980er Jahren an ihren eigenen Drohnenfähigkeiten gearbeitet«, was Teheran reichlich Zeit für deren Modernisierung gegeben hat. 

Der Ukraine-Krieg ist für den Iran somit auch eine Gelegenheit zu beobachten, wie sich seine Drohnen auf dem Schlachtfeld bewähren, sodass er eventuelle Mängel erkennen und beheben kann, um die Kampfkraft weiter zu verbessern, sagte die leitende Wissenschaftlerin am Royal United Services Institute (RUSI) in London, Aniseh Bassiri Tabrizi, und fügte hinzu: »Es ist möglich, dass die Ereignisse in der Ukraine dem Iran weitere Kunden bringen. Der Iran möchte zu einem großen Akteur in der Waffen- und Drohnenindustrie werden.«

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