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Ukraine-Krieg führt zu Krise in irakisch-kurdischem Gesundheitssystem

Das Hiwa-Spital in der kurdischen Stadt Sulaymaniyah im Nordirak
Das Hiwa-Spital in der kurdischen Stadt Sulaymaniyah im Nordirak (Quelle: Kurdistan Save the Children)

Der Krieg in der Ukraine bedroht auch die medizinische Versorgungslage in vielen Ländern des Nahen Osten und Nordafrikas in besorgniserregendem Ausmaß.

Der Krieg in der Ukraine wird ganz besonders für den Nahen Osten und Nordafrika verheerende Folgen haben. Kaum eine andere Region der Welt ist so abhängig von Weizenimporten aus Russland und der Ukraine, weshalb schon jetzt befürchtet wird, dass es ab Sommer zu schweren Krisen kommen wird. Ganz besonders betroffen dürften dabei neben Ägypten Syrien und der benachbarte Libanon sein: Dort hat sich

»die Kaufkraft inflationsbedingt in nur zwei Jahren um sagenhafte 90 Prozent reduziert. Die Zahl der Menschen, die unterhalb der Armutsgrenze von acht US-Dollar am Tag leben, hat sich verdreifacht: Drei von vier Libanesen sowie 90 Prozent der syrischen Flüchtlinge sind davon betroffen. Der Staat ist pleite und gezwungen, die bisherige Subventionspolitik für Grundnahrungsmittel aufzugeben, während die Preise schwindelerregende Höhen erreicht haben.

Ganz besonders verheerend wird dieses Jahr wohl für die Millionen von Flüchtlingen aus Syrien in den Nachbarländern und den Binnenvertriebenen innerhalb Syriens werden. Eindringlich warnt das Welternährungsprogramm (WFP), dass es über keine ausreichenden Vorräte für ihre Versorgung verfüge und nicht wisse, wo neue zu beschaffen seien.

Ähnlich düster sieht es für den Jemen und das benachbarte Ostafrika aus, schließlich stammt die Hälfte aller Weizenimporte Afrikas aus der Ukraine. »Wenn Sie denken, gerade herrscht die Hölle auf Erden«, kommentierte jüngst der Chef des WFP die Lage, »dann bereiten Sie sich lieber auf das vor, was noch kommt«.

Je länger der Krieg dauert, desto verheerender werden Sommer und Herbst für Abermillionen von Menschen werden. Andere Folgen bekommen Patienten in Irakisch-Kurdistan schon jetzt zu spüren, denn die Ukraine ist wichtiger Produktionsstandort für Medikamente und medizinische Produkte, die meist auch preiswerter sind als jene aus Europa.

Neuer Arabischer Frühling?

In Sulaymaniyah, einer der größten Städte der autonomen Region Irakisch-Kurdistan, etwa droht eine handfeste Krise in den Krankenhäusern, die zwar zum Teil der notorischen Korruption und Unterversorgung im Gesundheitssystem geschuldet ist, aber eben auch auf den Krieg in der Ukraine zurückzuführen ist:

»Das Hiwa-Krankenhaus, das größte Krebsbehandlungszentrum der Stadt, hat seit über zwei Jahren mit Engpässen und hohen Schulden zu kämpfen. Außerdem sind die meisten medizinischen Geräte defekt und es ist kein Geld für Reparaturen vorhanden, obwohl die Versorgung der Krebspatienten dringend notwendig ist.

Der Gesundheitssektor in Sulaymaniyah befindet sich in einer gefährlichen Situation‹, warnte Yad Naqshbandy, Direktor des Hiwa-Krankenhauses. Er fügte hinzu, das Problem sei auf ›fehlende Mittel zurückzuführen, und dieses Problem muss so schnell wie möglich angegangen werden‹.«

Der Krieg in der Ukraine bedroht auch die medizinische Versorgung in der Region. Etwa zehn ukrainische Unternehmen haben in den vergangenen Jahren Medikamente in die Region Kurdistan geliefert, sie aber jetzt aufgrund des Konflikts eingestellt. Eine medizinische Quelle erklärte im März gegenüber Rudaw English, dass die Region im Moment noch über »ausreichende Vorräte« verfüge, aber eine Eskalation oder ein längerer Konflikt werde sich auf die medizinische Versorgung auswirken.

Es gibt also viele gute Gründe dafür, schon jetzt neue Unruhen, Proteste und Massendemonstrationen für die Region vorauszusagen. Nur, dass es sich diesmal dann größtenteils wirklich um Hungerrevolten in völlig bankrotten Staaten handeln wird, die nichts mehr zu verteilen haben.

Die Lage heute sei, meint auch David Beasley vom WFP, wie in den Tagen vor dem Ausbruch des sogenannten Arabischen Frühlings. Diese Einschätzung dürfte noch zu optimistisch sein, denn vor elf Jahren waren die meisten Länder in der Region zwar auch abgewirtschaftet, aber nicht in dem Ausmaß, wie sie es heute sind. Im Vergleich erscheinen die Lebenserhaltungskosten, die schon damals für große Teile der Bevölkerung viel zu hoch waren, sogar noch moderat.

Aber wie so oft in den vergangenen zehn Jahren werden solche Warnungen wohl erneut ungehört verklingen. Kürzungen der Lebensmittelrationen für syrische Flüchtlinge im Jahr 2014 waren einer der Gründe für den damals beginnenden Massenexodus gen Europa. Und eine ähnliche Entwicklung sieht Beasley nun auch:

»Wenn wir Nordafrika vernachlässigen, kommt Nordafrika nach Europa. Wenn wir den Nahen Osten vernachlässigen, kommt [der] Nahe Osten nach Europa.«

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