Zumindest in einer Hinsicht ist die Türkei führend: Kein anderes Land auf der Welt verschleppt so viele seiner Bürger aus dem Ausland.
Susanne Güsten, Deutschlandfunk
Das Regime in Minsk ist längst nicht das einzige Regime in der Welt oder auch nur in der Region, das seine eiserne Faust weit über die eigenen Landesgrenzen ausstreckt, um geflohene Dissidenten zu ergreifen. Alleine die Türkei hat in den vergangenen fünf Jahren mehr als einhundert Regimegegner im Ausland ergriffen und verschleppt. (…)
Die Türkei folgt damit einem Trend, dem seit einigen Jahren weltweit mehr und mehr autoritäre Regime folgen – in einem solchen Ausmaß, dass Menschenrechtler inzwischen einen Fachbegriff dafür geprägt haben: „Transnational repression“ lautet er auf Englisch, auf Deutsch bedeutet er: „Unterdrückung über Grenzen hinweg“. (…)
Die internationale polizeiliche Zusammenarbeit bei Interpol zum Beispiel werde von autoritären Staaten zunehmend zur Verfolgung von Dissidenten missbraucht, stellte das amerikanische Außenministerium fest. Insbesondere die Türkei, Russland, Iran, China und Venezuela versuchten regelmäßig, geflohene Dissidenten von Interpol als Kriminelle oder Terroristen suchen zu lassen – auch wenn sie damit nicht immer durchkommen. (…)
Ein gutes Beispiel dafür ist in der Türkei die staatsnahe Zeitung Daily Sabah: Die hat eine Rubrik namens „Krieg gegen den Terror“, in der über die türkischen Entführungen von Oppositionellen im Ausland berichtet wird – das wird also ausdrücklich mit dem amerikanischen „Anti-Terror-Krieg“ gleichgestellt.“ Die Zeitung hat stets Stoff für ihre Rubrik, denn weltweit verschleppt kein Land mehr Dissidenten als die Türkei, wie Freedom House festgestellt hat.
„China hat eine größere Reichweite bei seiner Aggression gegen Dissidenten im Ausland, und Russland begeht mehr Mordanschläge – jedes Land hat seine eigene Handschrift. Aber was Verschleppungen angeht, ist die Türkei weltweit führend.“
(Aus dem Bericht „Wie die Türkei weltweit auf Dissidentenjagd geht“, der vom Deutschlandfunk veröffentlicht wurde.)