Die türkische Regierung kontrolliert 95 Prozent der Medien des Landes, doch das reicht ihr nicht. Denn die wenigen noch freien Medien erfreuen sich großer Beliebtheit.
Gerd Höhler, Redaktionsnetzwerk Deutschland
95 Prozent der Medien in der Türkei werden direkt oder indirekt von der Regierung kontrolliert, sagt Yavuz Baydar, Journalist und Mitbegründer der unabhängigen Medienplattform P24. Die Organisation Reporter ohne Grenzen (ROG) führt die Türkei in ihrer Rangliste der Pressefreiheit auf Platz 153 unter 180 Staaten. „Die einst pluralistische Medienlandschaft steht inzwischen fast völlig unter Kontrolle der Regierung oder regierungsnaher Geschäftsleute“, stellt ROG fest.
Auch das Auswärtige Amt stellt der Türkei in Sachen Meinungs- und Pressefreiheit ein vernichtendes Urteil aus. Grundrechte wie Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, Meinungs- und Pressefreiheit seien „in der Praxis weitgehend ausgehebelt“, heißt es in einem vertraulichen Papier des Ministeriums. Die türkischen Print- und TV-Medien seien „nahezu vollständig gleichgeschaltet“.
Eine Studie des Internationalen Presseinstituts vom März zeigte, dass die wenigen unabhängigen Medien in der Türkei immerhin 33,5 Millionen Nutzer haben, gegenüber 47,8 Millionen der regierungsnahen Medien. Die große Beliebtheit macht die unabhängigen Medien für die Regierung gefährlich.
(Aus dem Artikel „Wie Erdogan den Druck auf kritische Medien erhöht“, der beim Redaktionsnetzwerk Deutschland erschienen ist.)