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Mit Muslimbrüdern verbunden: Tunesien kämpft gegen Ennahda-Bewegung

Der Vizepräsident der Ennahda-Bewegung, Noureddine El-Bhiri, wurde kürzlich verhaftet
Der Vizepräsident der Ennahda-Bewegung, Noureddine El-Bhiri, wurde kürzlich verhaftet (Quelle: Parti Mouvement Ennahdha / CC BY 2.0)

Die Verhaftung eines Führers der tunesischen »Ennahda« befeuert erneut die Kontroverse um den »Geheimapparat« der Muslimbruderschaft.

Vor einigen Tagen verhafteten die tunesischen Sicherheitsdienste den Vizepräsidenten der Ennahda-Bewegung, Noureddine El-Bhiri, wegen mehrerer Verstöße, die er in seiner Zeit als Justizminister zwischen 2011 und 2013 begangen haben soll.

In einer Erklärung bestätigte Ennahda die Verhaftung ihres Vizepräsidenten und erklärte, El-Bhiri sei an einen unbekannten Ort gebracht worden.

Zahlreiche Anschuldigungen

Die mit der Muslimbruderschaft verbundene Bewegung sieht sich derzeit mehreren Anschuldigungen im Zusammenhang mit Korruption, der Annahme von Geldern aus dem Ausland sowie mit Anschuldigungen im Zusammenhang mit Terrorismus und politischen Attentaten konfrontiert. Sie verlor ihre Macht, nachdem im vergangenen Sommer Präsidialbeschlüsse erlassen worden waren, die ihre Kontrolle über das Parlament und die Regierung beendeten.

Was die Verhaftung von El-Bhiri betrifft, so wird der Vizepräsident der Ennahda-Bewegung laut tunesischen Medien beschuldigt, während seiner Amtszeit als Justizminister den Justizsektor zerstört, Straftaten begangen und die Ausreise von Terroristen nach Syrien und in den Irak erleichtert zu haben.

In diesem Zusammenhang erklärte der tunesische Politologe Nizar Al-Jledi gegenüber Sky News Arabia, die Verhaftung und der Hausarrest von El-Bhiri seien im Einklang mit dem Gesetz erfolgt.

»Nach den mir vorliegenden Informationen werden in den kommenden Tagen Dutzende von Führern der Muslimbruderschaft verhaftet werden. Es gibt ernstzunehmende Fälle, die mit Beweisen und Indizien belegt sind, insbesondere Mordfälle und den geheimen Apparat‹ der Ennahda-Bewegung betreffend, die allesamt Fälle der nationalen Sicherheit sind und für deren Nachweis kein großer Aufwand erforderlich ist.«

Laut Al-Jledi haben die Anwälte der beiden politischen Aktivisten Chokri Belaid und Mohamed Brahmi, die vor Jahren ermordet worden waren, stichhaltige Beweise vorgelegt, die die Beteiligung des Geheimdienstes der Ennahda-Bewegung an politischen Morden in Tunesien belegen.

Der tunesische Schriftsteller Nasser Al-Tilili erklärte, die Sicherheitskräfte seien sich der Gefahr bewusst, die von »Maestro Noureddine El-Bhiri ausgeht, der der Motor der Ennahda-Bewegung und das Herz des inneren Kerns der Muslimbruderschaft in Tunesien ist«.

Hoda Naqd, die Witwe des Aktivisten Lotfi Naqd, dessen Ermordung weithin der Bruderschaft angelastet wird, sagte ihrerseits, es sei unvermeidlich gewesen, El-Bhiri zu stoppen; insbesondere, weil er während seiner Amtszeit im Justizministerium Richter entlassen und andere mit gefälschten Akten bedroht habe. Das habe ihm geholfen, einige bedeutende Prozesse zu beeinflussen, insbesondere Prozesse wegen politischer Morde.

Außerdem sei der Geheimapparat der Ennahda-Bewegung ein Jahrhundertproblem für Tunesien, von dessen Lösung der demokratische Übergangsprozess im Lande in der Tat abhänge, so Hoda Naqd weiter.

Geheimer Apparat

Der Begriff ›Geheimorganisation‹ oder ›geheimer Apparat‹ der Ennahda-Bewegung wird seit Langem in politischen und juristischen Kreisen Tunesiens verwendet; einem Land, das vor einigen Jahren eine Reihe politischer Morde und terroristischer Angriffe auf die Sicherheitskräfte erleben musste.

Dabei ist es nicht verwunderlich, dass Tunesien von einer Geheimorganisation innerhalb einer Bewegung spricht, die der Muslimbruderschaft angehört: die Muttergruppe in Ägypten verfügte jahrzehntelang über solch einen geheimen Apparat zur Sammlung von Informationen und zur Durchführung von Attentaten, die vor allem in den Jahren zwischen 1928 und 1954 immer wieder stattfanden.

In Tunesien enthüllten Presseberichte vor Monaten, die Ennahda-Bewegung verfüge ebenfalls über einen geheimen Apparat, der sich durch eine Clusterstruktur auszeichne und »eine Armee von Informanten unterhält, die aus Extremisten und kleinen Händlern besteht, die von der Bewegung finanziell unterstützt werden«.

In tunesischen Berichten hieß es weiter, Lotfi Ben Jeddou, der ehemalige Innenminister Tunesiens, habe zugegeben, die Ennahda verfüge über Geräte zur Telefonüberwachung, die die technischen Fähigkeiten der Armee und der Sicherheitskräfte in Tunesien übersteigen. So sei die Bewegung in der Lage, 4.000 Anrufe gleichzeitig zu erfassen.

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