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Tunesien: Trotz Anti-Gewalt-Gesetz immer noch große Hürden für Frauen

Tunesien: Trotz Anti-Gewalt-Gesetz immer noch große Hürden für Frauen„Fast ein Jahr nach dem Inkrafttreten eines Gesetzes zum Schutz von Frauen vor Gewalt trafen sich tunesische Regierungsbeamte und Aktivisten um zu bewerten, wie gut die Umsetzung bisher gelungen ist – und der Bericht fiel nicht besonders gut aus. Als das Gesetz 58 im Juli 2017 verabschiedet wurde, bezeichnete  Human Rights Watch es als Meilenstein für den Schutz von Frauen. Tunesien ist führend in Nordafrika, was Frauenrechte und Regierungsvertretung anbelangt, aber mindestens 47 Prozent der Frauen des Landes sind von häuslicher Gewalt betroffen.

Das im Februar in Kraft getretene Gesetz Nr. 58 bot umfassenden Schutz vor physischem, wirtschaftlichem und psychologischem Missbrauch und sogar Belästigung in der Öffentlichkeit. Nichtregierungsorganisationen, Regierungsvertreter und Überlebende häuslicher Gewalt, die sich Ende letzten Monat getroffen haben, um zu beurteilen wie das Gesetz tatsächlich umgesetzt wird, berichteten jedoch von einer Reihe an Mängeln, von logistischen Barrieren, die manche Frauen an der Anzeige von Klagen hindern, oder von sozialem Druck, der einige sogar davon abhält, Taten zur Anzeige zu bringen. (…) Eines der größten Hindernisse für die Meldung von Straftaten im Rahmen des neuen Gesetzes ist der Mangel an geschultem Personal, sagten Teilnehmer der Konferenz. Nabiha Gaddechi, eine Sprecherin des Innenministeriums, sagte, 264 Beamte hätten ihre Ausbildung abgeschlossen und Hunderte weitere seien noch in der Ausbildung. Die neuen Einheiten, die sich auf Gewalt gegen Frauen spezialisiert haben, verfügen jedoch nach wie vor über zu wenig Personal, was zu Problemen beim Berichterstattungsprozess führt. (…) 

Konferenzteilnehmer erklärten, dass es aber auch viele gesellschaftliche Normen gebe, die dazu führen, dass Menschen Gewalt gegen Frauen tolerieren oder sogar rechtfertigen. Das Ministerium für religiöse Angelegenheiten überwacht laut Sprecher Slim Bencheikh, ob religiöse Botschaften die Anwendung des Gesetzes beeinträchtigen. Einige Beamte hätten ihre Macht missbraucht und Frauen unter Druck gesetzt, ihre Gatten nicht vor Gericht zu bringen, sagte Gaddechi. (…)

Auch wenn es ihnen gelingt, erfolgreich eine Besschwerde einzureichen, stehen die Frauen vor weiteren Herausforderungen. So gibt es nur wenige spezialisierte Gerichte, die für Fälle im Zusammenhang mit Gewalt gegen Frauen gerüstet sind, sagte Richter Raoudha Garafi. Andere stellten fest, dass es einigen Frauen schwer fällt, sich einen Anwalt zu leisten. Sana Ben Achour, die Präsidentin der Association Beity, die Frauenhäuser unterhält, sagte, es gebe viele Gründe Straftäter in einer Weise zu bestrafen, die keine Haftstrafen beinhaltet. Einige der Konferenzteilnehmer wiesen darauf hin, dass einige Frauen die Anklage gegen ihren Ehemann fallen ließen, weil sie Angst davor haben, als einzige in ihrem Haus zurückzubleiben. (Rihab Boukhayatia: „Tunisia’s Violence Against Women Law Seemed Perfect On Paper. In Practice, It Hasn’t Been“)

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