Tunesien schafft demütigende Analtests ab

Von Thomas von der Osten-Sacken

Tunesien schafft demütigende Analtests abEs scheint, als ginge es in Tunesien in großen Schritten voran, ja man mag sogar das in diesen tristen Zeiten fast vergessene Wort vom Fortschritt bemühen, wenn man über die Entwicklungen in dem nordafrikanischen Land liest. Aber Fortschritt heißt, wenn man über Nordafrika und den Nahen Osten spricht, oft nur die Herstellung von Zuständen, welche die alltägliche und staatlich bzw. religiös sanktionierte Barbarei abschaffen. So auch in diesem Fall: Denn fast überall in der Region – der Libanon könnte bald eine Ausnahme darstellen – gilt Homosexualität noch immer als ein Delikt und oft sind die Strafen drakonisch. Männer, die im Verdacht stehen, sexuellen Kontakt mit anderen Männern gehabt zu haben, müssen sich in einigen Ländern auch noch äußerst demütigenden Untersuchungen unterziehen.

Nach dem Libanon, wo diese Praxis 2012 eingestellt wurde, folgt jetzt Tunesien als zweites arabisches Land. Wenn der tunesische Minister für Menschenrechte nun ankündigt, fortan auf diese Praxis verzichten zu wollen, ist dies ein wichtiger, wenn auch nur erster Schritt, denn Homosexualität soll weiter eine strafbare Handlung bleiben. Aber die Entwicklung macht Hoffnung, dass auch dieser Paragraph gestrichen wird. Je früher, desto besser.

„Tunesien, wo die Sodomie mit Haft geahndet wird, hat sich laut einer gestrigen Erklärung des Ministers für Menschenrechte in dem nordafrikanischen Staat verpflichtet, erzwungene Analuntersuchungen zur Feststellung der sexuellen Orientierung zu verbieten. Die Behörden nehmen diese Untersuchungen an Männern vor, die der Homosexualität verdächtigt werden. Mehdi Ben Gharbia erklärte der AFP gegenüber, ‚diese Untersuchungen können nicht mehr mit körperlichem oder moralischen Zwang oder ohne Einwilligung der betreffenden Person durchgeführt werden’. Wann die Änderung in Kraft treten würde, gab er nicht an.

Menschenrechtsgruppen im In- und Ausland haben die Praxis der erzwungenen Analuntersuchungen als ‚grausam’ und ‚inhuman’ verurteilt. Ben Gharbia erklärte, Richter könnten nach wie vor die Untersuchung eines Verdächtigen beantragen, ‚doch kann die Person ihre Einwilligung verweigern, ohne dass die Weigerung als Beleg für die Homosexualität gewertet werden kann’. Tunesien ‚ist dem Schutz der sexuellen Minderheit vor jeder Form der Stigmatisierung, Diskriminierung und Gewalt’ verpflichtet, versicherte der Minister.“

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