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Türkische Buchhandlung in Wien bietet Literatur für Islamisten und Antisemiten

Ecke Columbusgasse / Buchengasse in Wien
Ecke Columbusgasse / Buchengasse in Wien (Quelle: Screenshot Google Streetview)

Nicht nur im Internet lassen sich antisemitische Hetztiraden, antizionistische Verschwörungstheorien und Glorifizierungen von Attentaten finden. Mittlerweile bieten auch österreichische Buchhandlungen Literatur dieser Art an.

In eine islamistische Parallelwelt lässt sich in Wien nicht nur in der Buchhandlung MGV-Publications abtauchen, auch andere Geschäfte verkaufen Literatur von islamistischen Vordenkern, Holocaust-Leugnern oder Warnern vor einer »zionistischen Weltverschwörung«.

So hat die türkische Buchhandlung Aziziye gleich zwei Filialen in Wien – eine im 10. und eine im 15. Bezirk –, in der einschlägig Interessierte fündig werden können.

Antisemitische Propaganda

Aziziye bietet Bücher mit Titeln wie Isgal (Besatzung) oder Küresel Musibet Siyonizm (Globale Geißel Zionismus) an, in denen – antizionistisch eingekleidet – der Mythos der jüdischen Weltverschwörung propagiert wird.

In Isgal geht es, wie das Oberösterreichische Volksblatt beschreibt, um die »mächtigen Organisationen«, welche »die zionistische Lobby in vielen Ländern gegründet hat«, und um den »schmutzigen Plan, den die Zionisten derzeit in der Türkei, im Irak und in Syrien umsetzen«.

Das schon vom Titel her keine Fragen offenlassende Küresel Musibet Siyonizm will die Leser darüber aufklären, dass der »Zionismus keinen Schaden darin sieht, die Welt in Übereinstimmung mit seinen perversen Überzeugungen in ein Meer aus Blut und Tränen zu verwandeln«.

Schriften, die von einer Unterstützung Hitlers durch die mit der Freimauerei verbündeten Zionisten schwadronieren, finden sich ebenso im Angebot wie die Autobiografie des als »berühmter Befehlshaber Palästinas« angepriesenen Hamas-Anführers Abdullah Ghaleb Barghouti.

Der in der Buchbeschreibung auf der Aziziye-Homepage für den »Schaden, den er den Invasoren zugefügt hatte« gelobte Barghouti (geboren 1972 in Kuwait) war als Kommandant und Bombenbauer der Hamas für zahlreiche Anschläge während des »Zweite Intifada« genannten Terrorkriegs gegen Israel verantwortlich.

Auf Barghoutis Konto gehen mindestens 66 Tote. So war er an einem der tödlichsten Attentate der »Zweiten Intifada« beteiligt: dem Anschlag auf die Pizzeria Sbarro in Jerusalem mit 15 Toten und 130 Verletzten. Der von ihm 2001 mitverübte Anschlag in der Fußgängerzone in der Jerusalemer Ben-Yehuda-Straße forderte zehn Tote und 191 Verletzte, der auf den Sheffield Club in Rishon LeZion im Jahr 2002 kostete 15 Menschen das Leben und verletzte 59.

2004 wurde Barghouti schließlich von einem israelischen Gericht zu 67 lebenslangen Haftstrafen verurteilt, was 5.200 Jahren entspricht.

Unterschätzte Gefahr

Laut dem islamischen Religionspädagogen an der Pädagogik-Hochschule Freiburg, Abdel-Hakim Ourghi, stellen Buchhandlungen wie MGV-Publications oder Aziziye aufgrund ihres Einflusses auf die türkische Community in Europa eine – bislang unterschätzte – Gefahr dar.

Die dort angebotenen Bücher dienten der »Etablierung eines radikalisierten Konservatismus« und der Propagierung »eines Gegenentwurfs zum Westen«, so Ourghi, der gegenüber dem Oberösterreichischen Volksblatt die Forderung einer öffentlichen Debatte »über die verdrängte Wahrheit des Politischen Islam« aufstellt.

Man dürfe »nicht im Namen einer missverstandenen Toleranz unsere Werte und vor allem die Sicherheit der Menschen vernachlässigen«, warnt Ourghi, der ein Verbot von Büchern fordert, die zum Djihad gegen Israel und die Juden aufrufen.

Bislang scheint das Bewusstsein über die zeitgenössischen Formen des Antisemitismus in Österreich jedoch nicht ausgeprägt genug zu sein, um die von Ourghi beschriebene Gefahr bewerten und juristisch gegen sie vorgehen zu können.

So verweist der vom Oberösterreichischen Volksblatt zur Causa befragte Rechtsextremismus-Experte des Dokumentationsarchivs des Österreichischen Widerstandes (DÖW), Benhard Weidinger, zwar auf den möglicherweise greifenden Verhetzungsparagrafen des Strafgesetzbuchs, schränkt zugleich aber ein, dass »durch die Rede vom Zionismus die Attacke auf Jüdinnen und Juden wohl nicht pauschal genug« sei.

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