Zwischen dem Jahr 2013, als nach der Niederschlagung der Gezi-Proteste eine Repressionswelle über das Land rollte, und dem Jahr 2015, als der kurdische Konflikt eskalierte, stieg der Gebrauch von Antidepressiva um rund 17 Prozent. Im Jahr des gescheiterten Putsches stieg er weiter an. Allein in den ersten neun Monaten verschrieben Ärzte fast eine Million Packungen dieser Medikamente mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Seitdem hat die Regierung keine Zahlen mehr vorgelegt. Doch die Auslastung von Psychiatrien zeigt: Die Türken sind gestresst. Im vergangenen Jahr erreichte die Bettenbelegung 100 Prozent. Eine acht- bis zehnfache Kapazitätssteigerung sei nötig, um alle Patienten behandeln zu können, sagte die Psychiaterin Nesrin Dilbaz der regierungsnahen Tageszeitung Milliyet. Mehr als jeder Zehnte greift heute zu Pillen. Um das Problem zu lösen, müsse die Türkei die Ursachen in den Griff bekommen, so Dilbaz: Stress, Migration, Trauma und Krieg. Doch danach sieht es derzeit nicht aus.“ (Inga Rogg: „Die Politik macht die Türken krank“)
