Eineinhalb Monate vor der Präsidentschaftswahl in der Türkei steht die Kandidatenliste fest: Vier Bewerber konkurrieren um das höchste Amt im Staat.
Wenn die Türken am 14. Mai zu den Wahlurnen schreiten, um ihren nächsten Staatspräsidenten zu wählen, werden sie sich zwischen vier Kandidaten zu entscheiden haben.
Amtsinhaber Präsident Recep Tayyip Erdoğan geht als Kandidat der Volksallianz ins Rennen, einem Bündnis, dem neben der regierenden AKP die rechtsextremen Parteien MHP (die parlamentarische Vertretung der Grauen Wölfe) und islamistisch-nationalistische BBP (Partei der Großen Einheit), die Millî-Görüş-Partei YRP sowie die islamistisch HÜDAPAR angehören, die aus der terroristischen türkischen Hisbollah hervorgegangen ist.
Um die Wiederkandidatur Erdoğan hatte es einige Diskussionen gegeben, da der Präsident gemäß der türkischen Verfassung nur zwei Amtszeiten ausführen darf, Erdoğan nach 2014 und 2018 aber bereits zum dritten Mal antritt. Einige Parteien haben deswegen bei der obersten Wahlbehörde Einspruch gegen die Kandidatur Erdoğans eingelegt.
Die Angelegenheit wurde am Mittwoch durch Justizminister Bekir Bozdag mittels eines Tricks zugunsten des Präsidenten entschieden. Die fadenscheinige Begründung: Mit dem Systemwechsel in der Türkei von einer parlamentarischen Demokratie zu einem Präsidialsystem habe die Zeitrechnung quasi neu begonnen. Obwohl Erdoğan 2018 also zum zweiten Mal zum Präsidenten gewählt wurde, müsse dies im Rahmen des neuen Systems als seine erste Präsidentschaft gewertet werden, weswegen er noch einmal kandidieren dürfe.
Aussichtsreichster Gegenkandidat zum amtierenden Präsidenten ist Kemal Kılıçdaroğlu, der an der Spitze der Nationalen Allianz, eines sechs Parteien umfassenden, inhaltlich sehr breiten Oppositionsbündnisses antritt. Dieses umfasst neben Kılıçdaroğlus CHP die nationalistische İyi Parti (Gute Partei), die Demokrasi ve Atılım Partisi (Partei für Demokratie und Fortschritt/DEVA) des ehemaligen AKP-Wirtschaftsministers Ali Babacan, die Gelecek Partisi (Zukunftspartei) des ehemaligen Außenministers und AKP-Vorsitzenden Ahmet Davutoğlu, die liberal-konservative Demokrat Parti sowie die der Millî-Görüş-Bewegung verbundene, islamistische Saadet Partisi angehören.
Kılıçdaroğlus Chancen, den Amtsinhaber abzulösen, sind noch einmal deutlich gestiegen, als die von einem Parteiverbot bedrohte pro-kurdische HDP (Demokratische Partei der Völker) beschloss, nicht mit einem eigenen Kandidaten ins Rennen zu gehen. Das kommt einer stillen Unterstützung Kılıçdaroğlus gleichkommt, die rund 10 Prozent HDP-Wähler könnten damit zu entscheidenden Faktor für den Ausgang der Wahl werden.
Bei den beiden übrigen Kandidaten bei der Präsidentschaftswahl handelt es sich um den ehemaligen CHP-Politiker Muharrem İnce von der Memleket Partisi (Heimatpartei) sowie um den ehemaligen MHP-Politiker Sinan Oğan, der als Kandidat des rechtsextremen Parteibündnisses Ata İttifakı.
Die Kandidatur İnces hat für einigen Unmut im Oppositionsbündnis gesorgt. Laut Prognosen könnte İnce rund acht Prozent der Stimmen gewinnen, die am Ende Kılıçdaroğlu abgehen könnten, um Erdoğan wirklich stürzen zu können.