Türkei: Vereint gegen syrische Flüchtlinge

Türkei: Vereint gegen syrische Flüchtlinge
“Quelle: Wikimedia Commons)

„Nach Angaben des UN-Hochkommissars für Flüchtlinge beherbergt die Türkei derzeit 3.614.108 Syrer. Diese Zahl macht fast zwei Drittel der gesamten syrischen Flüchtlingsgemeinschaft weltweit aus. Bis 2018 bedeutete das einen Anstieg der türkischen Bevölkerung von 82 Millionen Einwohnern um 4,4%. Die Regierung hat diese Flüchtlinge größtenteils aus eigener Kraft betreut, mit einiger Unterstützung durch die Europäischen Union.

Die Entscheidung des Istanbuler Gouverneurs fällt in eine Zeit zunehmender öffentlicher Ressentiments gegenüber diesen Syrern, die von der Zentralregierung nicht offiziell als Flüchtlinge anerkannt werden, sondern denen ‚vorübergehender Schutzstatus‘ eingeräumt wird. In einer Anfang des Jahres durchgeführten Umfrage äußerten sich 68% der türkischen Befragten unzufrieden mit der Anwesenheit der Syrer, verglichen mit 58% im Jahr 2016.

Die Türken sind in vielen Fragen stark gespalten, wobei ein Block sich gegen die Politik von Präsident Recep Tayyip Erdogan stellt, während ein gleichgroßer Block ihn leidenschaftlich unterstützt. Die Unzufriedenheit mit der Aufnahme syrischer Flüchtlinge seit 2011 stellt jedoch eine seltene Ausnahme von dieser Regel dar: Sie findet eine Mehrheit über Parteigrenzen hinweg. Rund 60% der Befürworter der Erdogan‘schen Regierungspartei Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP) äußern Unzufriedenheit mit der syrischen Anwesenheit, zusammen mit 64% von mit der AKP alliierten Partei der Nationalistischen Bewegung (MHP); auf der Oppositionsseite sind es 62% von der IYI-Partei, 71% von der Demokratischen Partei der Völker (HDP) und 83% von der Republikanischen Volkspartei (CHP). (…)

Die wachsende anti-syrische Stimmung in der Türkei scheint einer von mehreren Faktoren zu sein, die die öffentliche Unterstützung für Präsident Erdogan untergraben, bis hin zur Zusammenführung der Pro- und Anti-Erdogan-Blöcke. Erdogan ist sich dieser Entwicklung bewusst und tut alles in seiner Macht Stehende, um so viele Flüchtlinge wie möglich zurück nach Syrien zu bringen. Die Regierung hat bereits Hunderttausende von Flüchtlingen in die türkisch kontrollierten Enklaven im Nordwesten Syriens transferiert. Erdogan hat versucht, dieses Modell weiter voranzutreiben und hat Washington gedrängt, eine gemeinsame ‚Sicherheitszone‘ im Nordosten Syriens zu schaffen und mehr Flüchtlinge dorthin zurückzuschicken. Er könnte sogar bereit sein, einen Deal mit dem Assad-Regime zu schließen und diese als die legitime Regierung Syriens anzuerkennen, als Gegenleistung dafür, dass Damaskus Flüchtlingen die Rückkehr in ihre Heimat erlaubt.“ (Soner Cagaptay/Deniz Yuksel: „Growing Anti-Syrian Sentiment in Turkey“)

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