Türkei: Mehr Gewalt gegen Frauen während Corona-Krise

Frauen demonstrieren gegen einen möglichen Rückzug der Türkei aus der der Istanbuler Konvention
Frauen demonstrieren gegen einen möglichen Rückzug der Türkei aus der der Istanbuler Konvention (© Imago Images / Kyodo News)

Zwei Drittel aller an einer Umfrage teilnehmenden Frauen erklärten, dass sie während der Corona-Krise physischer Gewalt ausgesetzt waren.

Bianet

Die Mitglieder der Plattform „Lila Solidarität“ haben in der türkischen Mittelmeerprovinz Adana eine Presseerklärung mit dem Titel „Unser Leben, unsere Rechte und Freiheiten werden angegriffen. Wir sind nicht sicher“ abgegeben, in der sie ihre Besorgnis über die zunehmende Gewalt von Männern während der Coronakrise zum Ausdruck bringen.

Wie auf der Frauen-Nachrichtenwebsite JinNews berichtet, hat sich Pelin Çiçek von „Lila Solidarität“ an die Reporter gewandt und unterstrichen, dass die Pandemie das Leben der Frauen erschwert hat. Unter Bezugnahme auf die von der Plattform im Juli gestartete „Take Action“-Kampagne hat Çiçek auch die Ergebnisse einer kürzlich durchgeführten Umfrage präsentiert, an der sich 1.462.000 Frauen im Alter von 14-79 Jahren in 76 Städten beteiligten. Die Ergebnisse der Umfrage lassen sich wie folgt zusammenfassen:

  • 84 Prozent der Befragten sind zwischen 14 und 40 Jahre alt. 16 Prozent von ihnen sind über 40 Jahre alt.
  • 32 Prozent der Befragten haben angegeben, dass sie kein Einkommen haben. Mehr als die Hälfte von ihnen hat ein Einkommen, das unter dem Mindestlohn liegt. Nur 23 Prozent der Teilnehmerinnen verdienen mehr als 3.000 Lira (330 Euro) im Monat.
  • Während 29 Prozent der Frauen, die an der Umfrage teilnahmen, Vollzeit arbeiten, sind 63 Prozent von ihnen arbeitslos.
  • 68 Prozent der Frauen haben keine Sozialversicherung. Während nur 16 Prozent der Frauen einer Frauenorganisation angehören, haben 29 Prozent entweder eine Beschwerde über Gewalt während einer Pandemie eingereicht oder Unterstützung einer Frauenorganisation erhalten.
  • Zusätzlich zur steigenden Zahl von Frauen, die während der Pandemie unbezahlten Urlaub nehmen mussten, wurden die Probleme der Frauen im Arbeitsleben während der Pandemie durch fehlende Hygienemaßnahmen, die Arbeit mit großen Personengruppen, lange Arbeitszeiten, prekäre Arbeit, zunehmende Nachtschichten, Kürzung der Verpflegungs- und Transportzulagen, obligatorische Sitzungen, Hausarbeiten, Lohnkürzungen weiter verschärft.
  • 987 von 1.462 Frauen (67,5 Prozent), die an der Umfrage teilgenommen haben, gaben an, dass sie während der Pandemie Gewalt ausgesetzt waren.
  • 68,9 Prozent der Teilnehmerinnen gaben an, dass sie die Istanbuler Konvention und das Gesetz Nr. 6284 zum Schutz der Familie und zur Verhütung von Gewalt gegen Frauen kennen. 72,4 Prozent wissen, was sie tun können und welche Rechte sie haben, wenn sie Gewalt ausgesetzt sind.
  • 99 Prozent der Frauen glauben nicht, dass Frauenmorde während der Pandemie zurückgegangen sind. Während 95 Prozent der Frauen es für wichtig halten, eine Notrufnummer zu haben, die sie erreichen können, wenn sie Gewalt ausgesetzt sind, sagten sie auch, dass die Dienste der Kommunen nicht ausreichen.

(Aus dem Artikel „Male violence has increased during pandemic“, der bei Bianet erschienen ist. Übersetzung von Alexander Gruber.)

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