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Too small for Hanno Loewy?

Hanno Loewy, Direktor des Jüdischen Museum Hohenems. (© imago images/Rudolf Gigler)
Hanno Loewy, Direktor des Jüdischen Museum Hohenems. (© imago images/Rudolf Gigler)

Mit Blick auf Hanno Loewy fragt man sich: Wer soll eigentlich ein jüdisches Museum leiten?

Ich weiß nicht, ob es Ihnen schon aufgefallen ist, aber es gibt so viele jüdische Identitäten und Meinungen wie Juden. Die meisten Juden und viele Nicht-Juden sind sich trotzdem einig, dass Judenhass nicht ganz so gut ist. Manche sind durch ihre und die Lebensgeschichten ihrer Familien – und deren mörderisches Ende – sensibilisierter als andere. Manche haben Identitätskonflikte zwischen ihrem Judentum und ihren politischen Orientierungen. Und manche verkaufen verschiedene Ausprägungen von Judenhass so, als ob es kein Judenhass wäre. Das ist mehr als traurig.

Was aber, wenn so jemand dann auch noch ein jüdisches Museum leitet und damit in eine Position kommt, als legitimer Repräsentant und Einordner jüdischer Angelegenheiten wahrgenommen zu werden? Schon komisch, aber so passiert’s. Es ist nichts Neues und diese Figuren sind auch nicht besonders wichtig im Weltgeschehen, aber warum sind sie so laut?

Welche Voraussetzungen sind eigentlich dafür notwendig, so ein öffentlich finanzierter Meinungsmacher sein zu dürfen? Und was sollten jüdische Museen in Österreich leisten? Das sind zwei zentrale Fragen.

Soll ein öffentlich subventioniertes jüdisches Museum in Österreich

  • … über jüdische Geschichte und Themen informieren und zwar im Kontext, also mit Kenntnis und Verständnis der historischen und gegenwärtigen Gegebenheiten im Lande?
  • … für oder gegen Juden sein?
  • … für oder gegen die Existenz des israelischen Staates sein?
  • … für oder gegen Antisemitismus sein, selbst wenn er »nur« subtil daherkommt?
  • … jüdische Themen so vermitteln, dass Antisemitismus – egal, ob er als Israel-Hass oder in anderer Form erscheint – möglichst legitimiert oder eher verhindert wird?

Sollte der Direktor eines jüdischen Museums in Österreich Antisemitismus verharmlosen und Israel ablehnen? So einen gibt’s wirklich! Der hat dann zum Beispiel im eitlen Wettstreit kultureller Deutungshoheit über die documenta 2022 Antisemitismus als angeblich ungerechtfertigtes, »wohlfeiles Argument« gegen »Künstlerkollektive aus aller Welt, die das deutsche Feuilleton komischerweise noch nicht so richtig kennt« nicht nur verharmlost, sondern gleich ganz negiert.

Ist es in Ordnung, wenn der Direktor eines jüdischen Museums meint, dass »zwei vollkommen unterschiedliche legitime Perspektiven auf den Nahen Osten aufeinandertreffen«, wenn eine davon den Judenstaat und Juden vernichten will, während die andere Seite selbstverständlich ausnahmslos allen Bevölkerungsschichten die Vertretung im eigenen Parlament einräumt? Arabische Parteien haben es sogar schon einmal als drittstärkste Kraft in israelische Regierungsfunktionen geschafft. Umgekehrt wird Gaza von den Palästinensern waffengestützt judenfrei gehalten.

Der unseriösen Gleichsetzungen nicht genug, ist das wirklich der Direktor eines jüdischen Museums, der meint, dass »die einseitige Parteinahme« Österreichs »in dem Konflikt um Israel und Palästina genauso hilfreich« wäre »wie die einseitige Parteinahme, die wir vom Iran kennen«? Also, wenn Österreich eine israelische Flagge hisst, um zumindest symbolisch gegen Raketenangriffe militanter Palästinenser zu sein, ist es dasselbe wie ein Mullah-Regime, in dem Frauen vergiftet, verprügelt und umgebracht werden, weil sie sich selbstbestimmt kleiden wollen?

Können Sie sich vorstellen, dass jemand Direktor eines jüdischen Museums ist, welcher der Shoah-Gedenkstätte Yad Vashem unterstellt, »mit triumphalem Blick über das Land« genau dorthin ausgerichtet zu sein, wo palästinensische Bewohner eines Dorfes massakriert wurden?

Gibt es wirklich einen Direktor eines jüdischen Museums, der bei einer privaten Einladung zu einem Abendessen die Runde demonstrativ verlässt, weil ein kleines Kind Hatikva, die israelische Hymne, am Klavier zu intonieren versucht – denn das wäre das Symbol eines »faschistischen« Staates?

Sie meinen, solch einen Direktor eines jüdischen Museums gibt es nicht? Doch. Hanno Loewy, Direktor des Jüdischen Museums Hohenems. Gerade habe ich wieder eine Werbung für sein dortiges Tun erhalten. »A Place of Your Own«, wie eine aktuelle Ausstellung heißt, ist natürlich völlig in Ordnung. Im Salomon-Sulzer-Saal des Museums tritt eine palästinensische Sängerin auf. Aber wie wäre es mit Verhältnismäßigkeit? Wieso wird der tragischen Geschichte der Palästinenser in Loewys Wertungen wesentlich mehr Gewicht beigemessen als der Geschichte der Juden? Und das ausgerechnet in einem jüdischen Museum?

Hat Loewy je Sulzer, einem engen Freund von Franz Schubert und der bedeutendste Kantor und Komponist jüdischer Liturgie in Österreich, ein Konzert gewidmet? Für Loewy wäre das in einem jüdischen Museum scheinbar nicht angebracht. »Was geht uns das an? Rassismus, Islamfeindlichkeit und Orientalismus aus jüdischer Perspektive« heißt eine andere Veranstaltung. Fokus? Eh klar. Verhältnismäßigkeit? Wie gehabt.

Hanno Loewy erinnert mich an einen ehemaligen FPÖ-Politiker und Vizekanzler der Republik, der sich international als Berater feilbot, da »Vorarlberg too small« für ihn wäre. Von Gorbach hört man Gott sei Dank nichts mehr. Bei Hanno Loewy ist es noch nicht so weit. Aus Vorarlberg ist er jedenfalls auch noch nicht herausgekommen. Nicht, dass er es nicht versucht hätte …

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