Todesstrafe in Libyen für Übertritt zum Christentum

Religiöse Gesetze in Libyen werden zunehmend dazu benutzt, die Zivilgesellschaft zum Schweigen zu bringen
Religiöse Gesetze in Libyen werden zunehmend dazu benutzt, die Zivilgesellschaft zum Schweigen zu bringen (© Imago Images / Panthermedia)

Aktivisten zufolge werden in Libyen religiöse Gesetze zunehmend dazu benutzt, die Zivilgesellschaft und Menschenrechtsgruppen zum Schweigen zu bringen.

Sechs Libyern droht die Todesstrafe, weil sie zum Christentum konvertiert sind und als Missionare tätig waren. Nach Ansicht von Aktivisten werden die Gesetze zunehmend dazu benutzt, die Zivilgesellschaft und Menschenrechtsorganisationen zum Schweigen zu bringen. 

Die Frauen und Männer, von denen einige ethnischen Minderheiten wie den früher Berber genannten Amazigh angehören, wurden im März unabhängig voneinander von Sicherheitskräften in Libyen festgenommen. Zusätzlich wurde im vergangenen Monat ein amerikanischer Bürger von der Behörde für innere Sicherheit (ISA) verhaftet, mittlerweile aber wieder freigelassen. Anschließend soll er das Land verlassen haben.

Die sechs Libyer wurden auf der Grundlage von Artikel 207 des Strafgesetzbuchs angeklagt, der jeden Versuch bestraft, Ansichten zu verbreiten, die darauf abzielen, die »grundlegenden Verfassungsprinzipien oder die grundlegenden Strukturen der sozialen Ordnung zu verändern« und den Staat zu stürzen. Auch der Besitz oder die Verbreitung von Büchern, Flugblättern, Zeichnungen und anderen Gegenständen bzw. das Skandieren von Slogans, die oben genannten Tatbeständen dienlich seien und deren Sache fördern könnten, stehen unter Strafe.

Veröffentlichte Geständnisse

Die ISA verlautbarte in einer Erklärung, die Verhaftungen dienten dazu, »eine organisierte Bandenaktion zu stoppen, die darauf abzielt, Menschen zum Austritt aus dem Islam zu bewegen«. Der Anwalt einer der Festgenommenen sagte, deren Familien hätten von den Verhaftungen erst erfahren, als die ISA Videos ihrer Geständnisse ins Internet gestellt habe. Eines davon zeigt das Geständnis eines Ingenieurs und Vater eines Kindes, Seyfao Madi.

Er sei 2017 zum Christentum konvertiert und habe versucht, andere zu bekehren, heißt es in der Aufzeichnung: »Ich bin 1977 geboren und wurde von der Einheit für innere Sicherheit verhaftet, weil ich zum Christentum konvertiert bin. Ich schloss mich einer Gruppe von Libyern und Ausländern in Libyen an, die zum Christentum aufriefen und dafür warben. Im Jahr 2016 stellte mich ein Freund anderen Freunden vor, darunter ein Christ aus den USA. Wir haben geredet und diskutiert … dann bin ich im nächsten Jahr konvertiert und er hat mich getauft.« Sein Anwalt, der aus Sicherheitsgründen anonym bleiben möchte, sagte, Madi habe seinen christlichen Glauben unter der Folter aufgegeben.

Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Humanists International ist die libysche Gesetzgebung weitgehend auf die Religion ausgerichtet. Eine Übergangsverfassung, die nach dem Sturz des ehemaligen Staatschefs Muammar Gaddafi im Jahr 2011 verfasst wurde, garantiert Nicht-Muslimen zwar die Freiheit, ihren Glauben zu praktizieren, aufgrund der anhaltenden politischen Kämpfe zwischen der international unterstützten islamistischen Regierung in Tripolis und der säkularen Regierung in Tobruk wurde die Verfassung jedoch ausgesetzt.

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