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Tod von Shireen Abu Akleh: Die Kugel, auf die es nicht ankommt

Die Journalistin Shireen Abu Akleh wurde zu einer Ikone der palästinensischen Propaganda
Die Journalistin Shireen Abu Akleh wurde zu einer Ikone der palästinensischen Propaganda (© Imago Images / ZUMA Wire)

Vom ersten Tag an war unbestreitbar klar, wer die Schuldigen am Tod der bei einem Feuergefecht in Dschenin ums Leben gekommenen Journalistin Shireen Abu Akleh sind.

Stephen M. Flatow

Die Kugel, die die Palästinensische Autonomiebehörde den US-Behörden übergeben hat, ist möglicherweise diejenige, welche die Al Jazeera-Reporterin Shireen Abu Akleh im Mai in Dschenin tötete – oder auch nicht. Die Kugel ist mag zu stark beschädigt sein, um zweifelsfrei feststellen zu können, aus wessen Waffe sie stammt. Die Kugel kann von einem israelischen Soldaten abgefeuert worden sein – oder auch nicht.

Doch all das ist letztlich auch nur halb so wichtig, denn wichtig ist nur, wer die rechtliche und moralische Verantwortung für Abu Aklehs Tod trägt. Und es war vom ersten Tag an unbestreitbar klar, wer diese Schuldigen sind: die palästinensisch-arabischen Terroristen, die das Feuergefecht angezettelt haben, das zu Abu Aklehs Tod führte, und die Palästinensische Autonomiebehörde (PA), die diese Terroristen verhätschelt und schützt.

Die PA und das Oslo-Abkommen

Es sei an diese Fakten erinnert: Dschenin wird seit 1995 ausschließlich von der Palästinensischen Autonomiebehörde verwaltet. Es gibt dort keine israelischen Siedler. Keinen israelischen Gouverneur. Keine israelische Militärverwaltung. Der einzige Grund, warum israelische Truppen an jenem verhängnisvollen Tag kurzzeitig in Dschenin einmarschierten, war die Verfolgung von Terroristen, deren Verhaftung die Palästinensische Autonomiebehörde verweigert hatte.

In eklatanter Verletzung des Oslo-Abkommens lässt die PA Terrorzellen der Hamas, der Fatah und des Palästinensischen Islamischen Dschihad (die Bande, die meine Tochter Alisa ermordet hat) in Dschenin frei agieren.

Gemäß dem Oslo-Abkommen ist die Palästinensische Autonomiebehörde verpflichtet, alle Terrorgruppen aufzulösen, ihre Waffen zu beschlagnahmen und sie zu verbieten – mit anderen Worten, sie aus dem Verkehr zu ziehen. Aber das haben sie nie getan.

Die PA hat die terroristischen Gruppen nie verboten. Sie hat nie ernsthafte Anstrengungen unternommen, ihre Mitglieder zu verhaften oder ihre Waffen zu beschlagnahmen, weder in Dschenin noch anderswo. Sie könnte die terroristischen Gruppen zerschlagen, wenn sie wollte, denn die PA verfügt pro Kopf gesehen über eine der größten Sicherheitskräfte der Welt. Aber sie will es einfach nicht. Sie behandelt die Terroristen in Dschenin und anderen von ihr kontrollierten Gebieten wie Brüder, nicht wie Feinde.

Mitveranwortlich

Selbst israelfeindliche Quellen geben gelegentlich zu, dass Terroristen in den Städten der PA frei herumlaufen. So berichtete die New York Times schon am 23. März 2014, dass israelische Truppen gezwungen waren, auf der Suche nach Terroristen in das Flüchtlingslager Dschenin einzudringen, denn obwohl Dschenin unter der »vollen Kontrolle« der Palästinensischen Autonomiebehörde steht, »operieren die palästinensischen [Sicherheitskräfte] im Allgemeinen nicht in Flüchtlingslagern«.

Das ist der Grund, weshalb die israelischen Soldaten nach Dschenin eindringen mussten – die Palästinensische Autonomiebehörde zwang sie durch ihre absichtliche Politik der Untätigkeit, dies zu tun.

Die Israelis konnten ihre Verfolgung nicht einstellen, als die vor ihnen fliehenden Terroristen Dschenin erreichten, denn das hätte den Terroristen die Freiheit gelassen, weitere jüdische Frauen und Kinder zu ermorden. Die israelischen Soldaten mussten sie also verfolgen. Das war ihre moralische und rechtliche Verpflichtung, auch wenn das bedeutete, kurzzeitig in eine von der PA verwaltete Stadt einzudringen.

Das macht die PA mitverantwortlich für den Tod von Shireen Abu Akleh.

Direkt verantwortlich

Und die Terroristen waren diejenigen, die direkt für die Umstände verantwortlich waren, die zu ihrem Tod führten. Als sie von israelischen Soldaten konfrontiert wurden, hätten sie sich ergeben können.

Der Fall ist exakt derselbe, wie er es wäre, wenn ein Krimineller von Polizeibeamten in den Vereinigten Staaten gestellt wird. Der Kriminelle hat eine Wahl: Er kann sich friedlich ergeben, oder er kann anfangen zu schießen. Wenn bei dem Schusswechsel ein unschuldiger Passant getötet wird – ob die tödliche Kugel nun vom Kriminellen oder von der Polizei abgefeuert wird –, ist der Kriminelle der Verursacher. Die Polizei hätte nicht geschossen, hätte sich der Verbrecher friedlich ergeben.

Dasselbe gilt für Dschenin. Der einzige Grund, warum die Israelis schossen, war, dass die Terroristen auf sie schossen. Offensichtlich haben die Israelis nicht die Reporter in der Nähe ins Visier genommen. Israelische Soldaten schießen nicht absichtlich auf Journalisten.

Wenn die Kugel, die Abu Akleh tötete, aus der Waffe eines palästinensischen Terroristen stammt, dann sind die Terroristen schuld. Und wenn die Kugel von israelischen Soldaten stammt, die auf die Schüsse der Terroristen reagierten, dann sind ebenfalls die Terroristen schuld. So oder so, der Ursprungsort der berühmt-berüchtigten Kugel ist eigentlich völlig egal.

Stephen M. Flatow, Anwalt in New Jersey, ist der Vater von Alisa Flatow, die 1995 bei einem vom Iran finanzierten palästinensischen Terroranschlag ermordet wurde. Er ist Autor von A Father’s Story: My Fight for Justice Against Iranian Terror. (Der Artikel erschien auf Englisch beim Jewish News Syndicate. Übersetzung von Alexander Gruber.)

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