Hätte Israel sich an die mehr oder minder wohlgemeinten Ratschläge von außen gehalten, wären Sinwar, Nasrallah & Co. noch gesund und munter.
Als gestern Nachmittag die ersten Meldungen über das wahrscheinliche Ableben von Hamas-Chef Yahya Sinwar die Runde machten, musste ich wieder einmal an Christopher Hitchens denken. Der kommentierte einst den Tod eines berüchtigten amerikanischen Predigers sinngemäß mit den Worten, es sei schade, dass es die Hölle nicht gibt, in die einzufahren der Verblichene sich redlich verdient hätte. Auf kaum jemanden trifft diese Aussage besser zu als auf den Organisator des Hamas-Massakers vom 7. Oktober 2023.
Als dann schließlich der Abgang des Terror-Paten bestätigt wurde, ließ kaum eine Nachrichtensendung den Hinweis aus, Sinwar sei nicht durch eine gezielte Aktion, sondern, wie es im ORF heute Morgen hieß, »bei einem zufälligen Zusammenstoß mit israelischen Soldaten getötet« worden.
Im engeren Sinne mag das richtig sein: Sinwar, der Verantwortliche für den Krieg und nicht zuletzt auch für die etlichen palästinensischen Zivilisten, die getötet wurden, weil die Hamas sie als lebende Schutzschilde missbraucht, war nicht vom israelischen Geheimdienst lokalisiert und gezielt ins Visier genommen worden, sondern geriet in ein Feuergefecht mit israelischen Soldaten und flüchtete dann in ein Haus, wo ihn schließlich sein längst überfälliges Ende erreichte.
Kein Zufall
Aber in einem weiteren Sinn geschah der Tod Sinwars alles andere als »zufällig«, sondern war das Ergebnis des Drucks, den Israel auf ihn und seine Mörderbande ausübte. Die Soldaten waren nicht »zufällig« zur richtigen Zeit am richtigen Ort, sondern, weil Israel sich in seinem Vorgehen gegen die Hamas nicht von den – mehr oder minder gut gemeinten – Ratschlägen aus dem Ausland beirren hat lassen.
Wäre Israel im vergangenen Jahr nicht mit Bodentruppen in den Gazastreifen eingedrungen, würde die Hamas diesen heute noch immer beherrschen und Sinwar den nächsten Massenmord an Juden planen. Wären die israelischen Streitkräfte nicht auch nach Rafah im Süden des Gazastreifens vorgestoßen, wäre Sinwar noch am Leben und würde dank der Hilfe des iranischen Regimes an der Wiederaufrüstung der Hamas arbeiten. Hätte Israel den unzähligen Aufforderungen nach Waffenstillständen und einem Ende der Kämpfe Folge geleistet, hätte Sinwar in aller Ruhe nicht nur die Mentos-Bonbons vertilgen können, die bei seiner Leiche gefunden wurden.
Kurz gesagt: Israel hat gut daran getan, nicht auf die Herren Guterres, Biden und wie sie sonst noch alle heißen, zu hören, deren Appelle darauf hinausgelaufen wären, der Hamas als mörderischer Terrorgruppe und ihrem blutrünstigen Führer das Leben zu retten. Ismail Haniyeh würde nach wie vor im Privatflieger um die Welt jetten, Hassan Nasrallah in seinem Bunkerversteck im Libanon hausen und die von ihm befehligten Mördertrupps ausschicken, um Israelis zu töten, Mohammed Deif würde weiterhin die Qassam-Brigaden im Gazastreifen befehligen, und der Hamas stünden 17.000 Terroristen mehr zur Verfügung, als das heute noch der Fall ist.
Hohle Erleichterung
Deshalb klingen die Aussagen jener so hohl, die jetzt Israel für die Ausschaltung des Hamas-Chefs gratulieren oder sich zumindest erleichtert zeigen. Wen will beispielsweise US-Präsident Joe Biden für dumm verkaufen, wenn er meint, der Tod des Hamas-Führers »beweist einmal mehr, dass kein Terrorist irgendwo auf der Welt der Justiz entkommen kann, egal, wie lange es dauert«? Hätte Israel getan, was Biden selbst ununterbrochen verlangt hat, wäre Sinwar in Rafah heute noch gesund und munter und würde selbstverständlich weiterhin »der Justiz entkommen«.
Wer soll Vize-Präsidentin und Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris Glauben schenken, die sagt, »ich möchte jedem Terroristen, der Amerikaner tötet, das amerikanische Volk oder unsere Truppen oder unsere Interessen bedroht, Folgendes sagen: Wir werden Sie immer zur Rechenschaft ziehen«, wenn sie Israel bis gestern noch daran hindern wollte, genau das zu tun?
Anstatt jetzt also hohle Glückwünsche an Israel auszusprechen, sollten Biden, Harris und viele andere besser über ihre Mitverantwortung dafür nachdenken, dass der Krieg im Gazastreifen überhaupt so lange dauert und so viele Opfer fordert. Indem sie ständig versucht haben, Israel in die Arme zu fallen, haben sie Sinwar bis zuletzt in dem Glauben bestärkt, nur noch ein bisschen länger aushalten zu müssen, bevor Israel von der sogenannten internationalen Gemeinschaft ein Ende der Kämpfe aufgezwungen werde. Wie anders wäre dieser Krieg verlaufen, wäre der Hamas nicht dauernd vermittelt worden, sie könne überleben, weil Israel irgendwann von den USA, der EU, der UNO oder wem auch immer gestoppt werde?
Was Yahya Sinwar betrifft: Sollte er wider Erwarten für seine Verbrechen im Jenseits doch mit den berühmten 72 Jungfrauen belohnt werden, an die Islamisten so fest glauben, bleibt wiederum mit Christopher Hitchens wenigstens die Hoffnung, dass er sich dann bis in alle Ewigkeit auch mit den dazugehörigen 72 Schwiegermüttern herumschlagen muss.