Die Polizei vermutet zwei koordinierte Angreifer mit ferngezündeten Sprengsätzen, was auf eine umfangreiche Infrastruktur hinter dem Anschlag verweist.
Bei zwei durch einen koordinierten Terroranschlag verursachten Explosionen an zwei Bushaltestellen in der Nähe der Einfahrten nach Jerusalem wurden am Mittwochmorgen ein Mensch getötet und mindestens achtzehn weitere Personen verletzt, wie Polizei und Sanitäter mitteilten.
Die erste Explosion ereignete sich in der Nähe der Haupteinfahrt nach Jerusalem in Givat Shaul, kurz nach sieben Uhr Morgen, der Hauptverkehrszeit für Pendler. Zwölf Personen, die sich an der Bushaltestelle aufhielten, wurden bei der Explosion verletzt, zwei davon kritisch und zwei schwer, wie die Ärzte mitteilten. Eines der Opfer verstarb später im Shaare Zedek Medical Center, wie das Krankenhaus berichtete.
Eine zweite Explosion ereignete sich kurz nach 7:30 Uhr an der Ramot-Kreuzung, einer anderen Einfahrt nach Jerusalem. Dabei wurden drei Personen durch Schrapnelle leicht verletzt. Sie und vier weitere Personen mit Panikzuständen wurden ins Krankenhaus gebracht, wie die Ärzte mitteilten. Ein Bus an der Haltestelle wurde durch die Explosion beschädigt, wobei zunächst unklar war, ob sich die Opfer in der Station oder im Bus selbst befunden hatten.
Hoher Organisationsgrad
Die Polizei vermutet, dass die Explosionen durch nahezu identische, ferngezündete Sprengsätze ausgelöst wurden, die in Taschen deponiert waren. Die Sprengsätze waren mit Nägeln gespickt, um die Zahl der Opfer zu maximieren, berichtete der israelische Fernsehsender Kan.
Der israelische Polizeipräsident Kobi Shabtai, der den Tatort besuchte, sagte, dass es sich möglicherweise um zwei gemeinsam agierende Angreifer gehandelt habe. »Dies ist eine Art von Angriff, wie wir ihn seit vielen Jahren nicht mehr gesehen haben«, sagte Shabtai, der die Öffentlichkeit dazu aufrief, nach verdächtigen Paketen Ausschau zu halten, und hinzufügte, seine Beamten suchten die Stadt nach weiteren möglichen Sprengvorrichtungen ab.
Ein hochrangiger Sicherheitsbeamter sagte zwischenzeitlich, solch ein Doppelanschlag deute auf eine umfangreiche Infrastruktur hinter dem Angriff hin. Die Attentäter müssen die Tatorte ausgespäht, Informationen gesammelt, sich den Sprengstoff beschafft und diesen vorbereitet haben, was auf eine Zelle mit hohem Organisationsgrad schließen lasse.
Hamas jubelt
Es gab keine unmittelbaren Bekennerschreiben, aber die Hamas begrüßte die Anschläge. »Die Aktion übermittelte der Besatzung die Botschaft, dass unser Volk auf seinem Land standhaft bleiben und den Weg des Widerstands weitergehen wird«, sagte der Hamas-Sprecher Mohammad Hamada in einer Erklärung. »Die kommenden Tage werden intensiv und schwierig für den Feind sein. Die Zeit ist gekommen, Zellen zu bilden, die über ganz Palästina verteilt und bereit für eine Konfrontation sind.«
Die Sicherheitskräfte durchkämmten die Gegend, um Verdächtige im Zusammenhang mit den Explosionen zu finden. Verteidigungsminister Benny Gantz traf sich nach dem Anschlag mit dem Chef des Sicherheitsdienstes Shin Bet, dem stellvertretenden Armeechef und anderen hochrangigen Militär- und Polizeibeamten zu einer Lagebeurteilung. Premierminister Yair Lapid will später am Mittwoch eine separate Bewertung vornehmen.
Angespannte Lage
Die Explosionen ereigneten sich zu einem Zeitpunkt erhöhter Spannungen, nachdem bei einer Reihe von palästinensischen Anschlägen seit Anfang des Jahres neunundzwanzig Menschen in Israel und im Westjordanland ums Leben gekommen sind. In den vergangenen Monaten kam es in Jerusalem, vor allem in der Altstadt, zu mehreren Messerattacken. Im Oktober tötete ein palästinensischer Schütze einen israelischen Soldaten an einem Kontrollpunkt in der Nähe von Jerusalem.
Im Frühjahr leitete das Militär nach Anschlägen eine groß angelegte Antiterroroffensive im Westjordanland ein. Im Rahmen dieser Operation wurden bei nächtlichen Razzien mehr als 2.000 Menschen festgenommen, aber auch mehr als 130 Palästinenser getötet, viele von ihnen, aber nicht alle, bei der Ausführung von Anschlägen oder bei Zusammenstößen mit Sicherheitskräften.
Bombenanschläge auf Busse und öffentliche Plätze waren ein Markenzeichen des Zweiten Intifada genannten Terrorkriegs von 2000 bis 2005, haben aber in den letzten siebzehn Jahren deutlich nachgelassen, was israelische Beamte auf verstärkte Sicherheitsmaßnahmen zurückführen, darunter die Sicherheitsbarriere zum Westjordanland sowie bessere Aufklärungsarbeit.