Das Mullah-Regime in Teheran ist seit Jahren bestrebt, innerhalb der Europäischen Union jüdische und (pro-)israelische Bürger bzw. Einrichtungen mit dem Ziel, Terroranschläge zu verüben, auszukundschaften.
Auf deutsches Ersuchen hin wurde am 26. Juni ein mutmaßlicher Spion in Dänemark vom dortigen Nachrichtendienst Politiets Efterretningstjeneste (PET) in Aarhus verhaftet. Nach Angaben der deutschen Bundesanwaltschaft ist Ali S. dänischer Staatsangehöriger mit afghanischen Wurzeln.
Der Beschuldigte ist dringend verdächtig, für einen iranischen Geheimdienst tätig gewesen zu sein. Laut Haftbefehl soll Ali S. Anfang dieses Jahres von einem iranischen Geheimdienst den Auftrag erhalten haben, in Berlin Informationen über jüdische Örtlichkeiten und bestimmte jüdische Personen zu sammeln. Zu diesem Zweck soll er im vergangenen Juni vor Ort drei Objekte ausgespäht haben.
Dies, so die Bundesanwaltschaft, »diente mutmaßlich der Vorbereitung weiterer geheimdienstlicher Operationen in Deutschland, möglicherweise bis hin zu Anschlägen gegen jüdische Ziele«. Nach seiner Überstellung aus Dänemark wird der Beschuldigte dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs vorgeführt werden. Wie die Pressestelle der Bundesanwaltschaft weiter berichtet, geht das vorliegende Verfahren auf Erkenntnisse des Bundesamts für Verfassungsschutz zurück. Mit der Durchführung der polizeilichen Ermittlungen sei das Bundeskriminalamt beauftragt.
Der Bundesverfassungsschutz warnt in seinem aktuellen Bericht (Berichtszeitraum 2024) wie seit Jahren schon vor der Tätigkeit iranischer Geheimdienste und dem Staatsterrorismus der Mullahs in Deutschland. Ein Hauptziel dabei ist die iranische Opposition und einzelne Iraner, die sich kritisch gegenüber dem Regime äußern. »Für die Machthaber des Irans gelten solche Gruppierungen als Gefährdung für den Fortbestand ihrer Herrschaft, weshalb »Nachrichtendienste der Islamischen Republik Iran« auch »staatsterroristische Mittel zur Durchsetzung ihrer Ziele ein[setzen]«.
Dabei handle es sich maßgeblich um die »Einschüchterung und Neutralisierung Oppositioneller«, aber auch die Bestrafung von »Verrätern« oder »Überläufern«. Auch solle »Druck auf Politik und Öffentlichkeit anderer Staaten« ausgeübt werden. »Ausspähungsaktivitäten iranischer Nachrichtendienste dienen häufig der Vorbereitung staatsterroristischer Aktivitäten, darunter Entführung oder sogar Tötung der Zielperson.« Neben regimekritischen Iranern ist alles im Visier, das mit Israel und Juden zu tun hat: »So gehören beispielsweise (pro)israelische sowie (pro)jüdische Ziele in Deutschland unter anderem wegen der antiisraelischen Staatsdoktrin weiterhin zu den Zielobjekten der Nachrichtendienste des Irans.«
Seit Langem bekannt
Wie das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf im Dezember 2023 in einem Urteil rechtskräftig feststellte, hatten staatliche iranische Stellen im November 2022 Brandanschläge auf Synagogen in Nordrhein-Westfalen in Auftrag gegeben. Morde an Oppositionellen im Auftrag des iranischen Regimes wurden in den letzten Jahrzehnten auch in Deutschland und Österreich verübt. Bekannt sind die »Wiener Kurdenmorde« von 1989 und das Mykonos-Attentat von 1992.
Von einem Gericht bestätigt sind die Aktivitäten der Quds-Einheit der Islamischen Revolutionsgarde in Deutschland auch durch ein am 27. März 2017 ergangenes Urteil des Kammergerichts Berlin gegen einen pakistanischen Staatsangehörigen. Dieser hatte nach Feststellung des Gerichts im Auftrag der Quds-Einheit unter anderem den damaligen Vorsitzenden der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Reinhold Robbe (SPD) ausspioniert. Robbe vermutete, das Mullah-Regime wollte ihn entweder entführen oder ermorden. Der Täter wurde zu einer Haftstrafe von vier Jahren und drei Monaten verurteilt. Deutsche Medien berichteten damals über diesen Fall und andere Fälle von Staatsterrorismus der Mullahs.
Auch Dänemark hat nicht zum ersten Mal einen mutmaßlichen Agenten der Ajatollahs verhaftet. Am 26. Juni 2020 verurteilte ein dänisches Gericht einen norwegischen Staatsangehörigen iranischer Abstammung zu sieben Jahren Haft, weil er im Auftrag eines iranischen Nachrichtendienstes einen in Dänemark lebenden Aktivisten der separatistischen Unabhängigkeitsbewegung Arab Struggle Movement for the Liberation of Ahwaz (ASMLA) ausgespäht hatte, wodurch dessen Tötung durch einen iranischen Geheimdienst ermöglicht werden sollte.
Als Reaktion auf die Tötung eines zuvor entführten und nach einem Schauprozess verurteilten deutsch-iranischen Staatsbürgers wurden im Dezember auf Veranlassung der deutschen Bundesregierung die drei iranischen Generalkonsulate in Frankfurt am Main, München und Hamburg geschlossen. Ein Teil des diplomatischen Personals musste Deutschland verlassen. Die Islamische Republik Iran verfügt somit nur noch über die Botschaft in Berlin als diplomatische Vertretung.
EU muss handeln
Zur Verhaftung des Terrorverdächtigen Ali S. erklärte das bundesdeutsche Auswärtige Amt auf X: »Wir dulden keinerlei Bedrohung jüdischen Lebens in Deutschland. Der Verdacht gegen einen Mann in Dänemark wegen mutmaßlicher Agententätigkeit für Iran muss lückenlos aufgeklärt werden. Der iranische Botschafter wurde heute ins Auswärtige Amt einbestellt.«
Benjamin Jendro, Sprecher der Gewerkschaft der Polizei (GdP) Berlin, kommentierte: »Wir beobachten seit Langem, dass auch der Arm des iranischen Regimes zunehmend nach Berlin greift. Als Hauptstadt stehen wir ohnehin dauerhaft im Fokus des internationalen Terrorismus, und selbstverständlich hat die aktuelle Lage in Nahost und unsere klare Haltung zu Bündnispartnern die Lage noch einmal verschärft.« Da es sich um »internationale Netzwerke und global operierende Gruppen« handle, müsse die weltweite Zusammenarbeit und der Informationsaustausch der Sicherheitsbehörden verbessert werden. Auch der Datenschutz, »der Polizeien, Verfassungsschutz und Bundesnachrichtendienst unnötig geißelt und von anderen abhängig macht«, sei ein Problem, das gelöst werden müsse.
Der erste Schritt, um Terror zu bekämpfen, ist freilich, ihn erst einmal als solchen zu bezeichnen. Seit Jahren zögert die EU, die Islamische Revolutionsgarde (IRGC) auf die Liste der Terrororganisationen zu setzen. 2023 stellte das Europäische Parlament fest:
»Die Islamische Republik führt, insbesondere durch die IRGC, groß angelegte, ausgeklügelte und gewalttätige transnationale Repressionsmaßnahmen gegen im Exil und in der Diaspora lebende Aktivisten, Dissidenten, unabhängige Journalisten und Menschenrechtsverteidiger durch, auch auf EU-Boden, und bedroht und schikaniert deren Familienangehörige im Iran. Gleichzeitig hat die Islamische Republik, sowohl direkt als auch durch lokale Stellvertreter, Dissidenten in der Diaspora ermordet, Exilanten entführt und in mehreren Ländern, darunter auch EU-Mitgliedstaaten, Bombenanschläge geplant.«
Das EU-Parlament erkannte an, dass die Pläne und Terroranschläge gegen diese Personen auf europäischem Boden eindeutig mit der Islamischen Revolutionsgarde in Verbindung stehen. Der Prozess gegen Ali S. wird zu weiteren Erkenntnissen über die Terroraktivitäten des Mullah-Regimes auf europäischem Boden führen. So lange sollte aber nicht gewartet werden: Ein entschlossenes Vorgehen der EU gegen die Organisation der IRGC innerhalb der Union ist seit Langem überfällig.