Teherans beschleunigter Marsch zu einem Atomwaffenarsenal

2018 präsentierte Israels damaliger Premier Netanjahu der Welt das iranische Nukleararchiv
2018 präsentierte Israels damaliger Premier Netanjahu der Welt das iranische Nukleararchiv (Quelle: YouTube)

Rückblickend hat der Iran immer wieder bewiesen, dass er ein völlig unzuverlässiger Partner für den Westen ist und sich an keine Vereinbarungen hält.

Dore Gold

Seit dem Beginn der Atomverhandlungen zwischen dem Iran und dem Westen ist es Teheran gelungen, den Eindruck zu erwecken, sich an die Bedingungen der verschiedenen getroffenen Vereinbarungen gehalten zu haben; und dass es der Westen und vor allem die Vereinigten Staaten gewesen seien, die sie verletzt haben. Mit dieser diplomatischen Strategie verfolgt man zwei Ziele.

  • Erstens ist sie ein wichtiges Instrument, um einen Keil zwischen die Vereinigten Staaten und ihre europäischen Verbündeten zu treiben, indem man Washington die Schuld für das Scheitern der Gespräche in die Schuhe schob.
  • Zweitens gelang es dem Iran, die innenpolitische Debatte in den USA über die iranische Frage zu verschärfen, indem er den Eindruck erweckte, die »Falken« in der amerikanischen Regierung hielten die Feindseligkeit zwischen den beiden Ländern aufrecht und der Iran sei die unschuldige Partei in diesem Konflikt.

Doch nun, da die Vereinigten Staaten und der Iran kurz vor dem Abschluss eines neuen Atomabkommens stehen könnte, ist eine wichtige Debatte zwischen den Parteien entbrannt, die die in den letzten Jahren entstandenen falschen Eindrücke korrigieren könnte. Denn in der Tat ist es der Iran, der gegen frühere Vereinbarungen mit dem Westen verstoßen hat.

Der eklatanteste Verstoß ist die Weigerung Teherans, der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEO) eine Antwort auf die an drei nicht deklarierten Standorten im Iran entdeckten Uranpartikel zu geben, die es dort überhaupt nicht geben dürfte. Nach amerikanischer Tradition sind Abrüstungsverhandlungen mit ehemaligen Gegnern legitim, wenn sie auf einem glaubwürdigen Inspektionssystem beruhen. Es war Präsident Ronald Reagan, der das berühmte russische Sprichwort »Vertraue, aber überprüfe« zitierte. Hier wurden die Iraner wiederholt auf frischer Tat ertappt.

Schwerwiegende Verstöße

Rückblickend hat der Iran immer wieder bewiesen, dass er ein völlig unzuverlässiger Partner für den Westen ist. Im November 2004 stellte die IAEO fest, dass der Iran gegen sein Sicherungsabkommen verstoßen hatte, als sie entdeckte, dass ihr zahlreiche iranische Aktivitäten in den Bereichen Urananreicherung, -umwandlung und Plutoniumabtrennung nicht gemeldet worden waren. Die Iraner rissen immer wieder Gebäude ab, um Beweise zu verstecken, wie sie es beim Lavizan-Shian-Komplex getan haben, wo sie sechs Hallen planierten. Sie hoben die Erde rund um diese Komplexe mehrere Meter tief aus, damit keine belastenden Bodenproben entnommen werden konnten.

Wie Präsident Ebrahim Raisi am 29. August 2022 erklärte, sei die offizielle iranische Position in dieser Frage kurz und bündig: »Ohne eine Lösung der Fragen der Sicherheitsüberwachung ist es sinnlos, über ein Abkommen zu sprechen.« Mit anderen Worten: Die Meinungsverschiedenheit über die Uranpartikel ist so wichtig, dass sie das gesamte Atomabkommen zum Scheitern bringen könnte.

Außerdem hat Teheran die westlichen Vorwürfe zu den Uranpartikeln nirgends bestritten. Vielmehr enthielt seine Antwort das implizite Eingeständnis, dass sie weitgehend zutreffend ist. Seit 2018 hat sich die IAEO auf drei Nuklearstandorte konzentriert: Marivan, Varamin und Turquzabad. Die Zahl der vermuteten Nuklearstandorte könnte laut einem Bericht in Foreign Policy vom 29. August 2022 jedoch wesentlich höher sein.

Viele der iranischen Verstöße sind besonders schwerwiegend. Im Rahmen des ursprünglichen Gemeinsamen Umfassenden Aktionsplans (JCPOA) von 2015 war der Iran berechtigt, 5.060 IR-1-Zentrifugen der ersten Generation bis zum Jahr 2025 zu betreiben. Doch am 10. April 2021 begann der Iran mit der Erprobung einer fortschrittlichen Zentrifuge, der IR-9, die Uran fünfzig Mal schneller anreichern kann als die ältere IR-1.

Knapp drei Monate später begann der Iran mit der Verarbeitung von Urangas zur Herstellung von Uranmetall, das für den Kern einer Atomwaffe verwendet werden könnte. Gemäß dem JCPOA war Teheran die Herstellung von Uranmetall bis 2031 nicht erlaubt, doch das Land machte trotzdem weiter, zehn Jahre früher als geplant. In diesem Monat meldete die IAEO, dass der Iran nun über genügend sechzig Prozent angereichertes Uran verfügt, um eine Atombombe herzustellen.

Alle Aspekte

Es ist klar, dass der Iran entschlossen ist, die Entwicklung voranzutreiben und ein Atomwaffenarsenal aufzubauen. Dies wurde noch deutlicher, als israelische Sicherheitsdienste ein geheimes Nukleararchiv in Teheran entdeckten, aus dem hervorgeht, dass der Iran beabsichtigt, zur Option des Atomwaffenbaus zurückzukehren. Der Iran erklärte der internationalen Gemeinschaft, er habe keine derartigen Absichten, aber das Archiv bewies das genaue Gegenteil.

Schließlich hat sich die iranische Arbeit an einem Atomwaffenprogramm nicht nur auf die Urananreicherung beschränkt. Bereits im Jahr 2011 meldete die IAEO, dass Teheran an der Neukonstruktion eines Raketenwiedereintrittskörpers arbeitete. Dazu gehörte »die Entfernung der konventionellen, hochexplosiven Nutzlast aus dem Gefechtskopf der Schahab-3-Rakete« und ihre Ersetzung durch eine neue, als nuklear eingestufte Nutzlast.

Damit wurden vom Iran alle Aspekte eines Atomwaffenarsenals abgedeckt.

Dore Gold ist ehemaliger israelischer Botschafter bei den Vereinten Nationen und derzeitiger Präsident des Jerusalem Center for Public Affairs. (Der Artikel erschien auf Englisch beim Jewish News Syndicate. Übersetzung von Alexander Gruber.)

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