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UNO bestätigt: Systematische Pushbacks in Griechenland

Türkische Küstenwache greift von Griechenland zurückgeschickte Flüchtlinge auf
Türkische Küstenwache greift von Griechenland zurückgeschickte Flüchtlinge auf (Quelle: Türkische Küstenwache)

Laut UN sind im Jahr 2021 14.000 Flüchtlinge an der Einreise nach Griechenland gewaltsam gehindert und zurück in die Türkei gedrängt worden.

Seit Jahren werfen Menschenrechtsorganisationen der griechischen Regierung vor, systematisch Asylsuchende an ihren Grenzen mit Gewalt am Übertritt zu hindern oder sie sogar – illegal – wieder abzuschieben, bevor sie einen Antrag auf Asyl stellen können. Längst bekannt ist auch, dass sich die europäische Grenzschutzagentur Frontex seit Jahren an diesen Rückführungen beteiligt.

Fast täglich lassen sich inzwischen solche Pushbacks auf den Seiten des Aegean Boat Report in Echtzeit verfolgen und auch die türkische Küstenwache dokumentiert sie minutiös. Diese Praxis verstößt, wie das Magazin We are Solomon erst jüngst in einem Artikel feststellt, gegen die UN-Flüchtlingskonvention, die EU-Menschenrechtserklärung und auch gegen griechisches Recht:

»Sobald Sie sich auf griechischem Boden befinden, haben Sie das Recht, Asyl zu beantragen. Solange Sie keine endgültige Antwort auf Ihren Asylantrag erhalten haben, können Sie nicht in ein anderes Land abgeschoben werden.

Gemäß der Europäischen Menschenrechtskonvention (Artikel 19.1) ist Griechenland verpflichtet, jeden Fall einer Person, die sich in seinem Hoheitsgebiet aufhält und um internationalen Schutz ersuchen möchte, gesondert zu prüfen.

Trotz des völkerrechtlichen Verbots solcher Abschiebungen gibt es jedoch zahlreiche Behauptungen über illegale Abschiebungen in den letzten Jahren, die von Medien und Organisationen sowohl in Griechenland als auch im Ausland veröffentlicht wurden und sogar die höchsten europäischen Institutionen erreicht haben.«

De-Facto-Politik

Nun hat sich auch die UNO zu Wort gemeldet und offiziell bestätigt, was an den europäischen Außengrenzen in Griechenland tägliche Praxis ist:

»In Griechenland sind Pushbacks an Land- und Seegrenzen eine de-facto-Politik geworden. Der Hohe Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen hat im Zeitraum 2020 bis 2021 540 separate Vorfälle registriert, bei denen 17.000 Menschen, die inoffiziell in die Türkei zurückgekehrt sind, Berichten zufolge gewaltsam zurückgeschickt wurden.

Felipe González Morales stellt fest, dass es in Griechenland ein sehr großes Problem mit gewaltsamen Rückführungen gibt. Der UN-Sonderberichterstatter ist auch besorgt über den deutlichen Anstieg der Zahl der Menschen, die daran gehindert werden, griechisches Territorium zu betreten. Griechenland soll zwischen April und November 2021 mehr als 140.000 Menschen an der Einreise gehindert haben.

In der Ägäis haben NGOs mindestens 147 Vorfälle von Pushbacks dokumentiert, an denen 7.000 Menschen beteiligt waren, darunter viele Kinder. Bei den Vorfällen wird behauptet, dass die Küstenwache nicht das richtige Verfahren befolgt hat.«

Neue Flüchtlinge erwartet

Nur: Außer »besorgt zu sein« und »Betroffenheit zum Ausdruck« zu bringen wird das UNHCR, dessen Mandat doch eigentlich darin bestehen sollte, für die Einhaltung der Konvention zu sorgen, wohl wenig tun.

In Europa besteht keinerlei Interesse, dass sich die griechische Politik ändert. Ganz im Gegenteil: Angesichts der sich verschärfenden Lebensmittelkrise im Nahen Osten dürfte eher ein Interesse darin bestehen, Grenzen so hermetisch wie möglich abgeriegelt zu halten. Millionen von Menschen droht dort akuter Hunger, und schon jetzt gehen Experten davon aus, dass es in naher Zukunft zu neuen größeren Fluchtbewegungen kommen wird.

Dies wiederum passt einmal mehr in das Kalkül des Kremls, dem es seit Jahren um eine Destabilisierung Europas geht:

»Putins Kalkül besteht darin, dass nach dem Zusammenbruch der Getreidelieferungen die hungernden Menschen aus diesen Regionen fliehen werden und versuchen, nach Europa zu kommen – wie damals die Millionen Syrer, die vor den Schrecken des Krieges flohen.«

Der Artikel erschien zuerst beim Jungle Blog.

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