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Systematische Duldung und Unterstützung von Antisemitismus durch die FIFA

FIFA-Chef Gianni Infantino bei einer Pressekonferenz während der Fußball-Weltmeisterschaft in Katar
FIFA-Chef Gianni Infantino bei einer Pressekonferenz in Katar (© Imago Images / Pressinphoto)

Die Organisation, die hinter der Fußballweltmeisterschaft steht, hat eine lange Geschichte des Hasses auf Juden und den jüdischen Staat vorzuweisen.

Jordan Cope

Die FIFA-WM in Katar ist wohl die bisher umstrittenste Fußballweltmeisterschaft. Das Verhalten der Gastgeber und zahlreiche Probleme lösten viel Kritik und Empörung aus: etwa über die Entscheidung Katars, Bier aus den Stadien zu verbannen, über die Unterdrückung der Presse, über die Misshandlung der LGBTQ+-Gemeinschaft und der die Stadien errichtenden Wanderarbeiter, von denen 6.500 seit der Vergabe der Weltmeisterschaft an Katar gestorben sind.

Viele dieser Probleme wurden öffentlich angesprochen und diskutierte, eines jedoch blieb weitgehende unbehandelt: Die Weigerung der FIFA, ihren eigenen systematischen Antisemitismus zu bekämpfen. Seit Beginn der Feierlichkeiten zu dieser WM haben Katar und manche der FIFA-Vertreter immer wieder ihre Absicht oder zumindest Bereitschaft deutlich gemacht, Juden auszuschließen. Das Schweigen der FIFA war ohrenbetäubend.

Schikanen und Diskriminierung

Zunächst wurde auf einer FIFA-Website für den Verkauf von WM-Tickets und Unterkünften versucht, leicht als Juden identifizierbaren Gästen den Besuch zu vergraulen. Um Tickets zu buchen, mussten die Fans über eine Vermittlungsseite einsteigen, die ihrem Wohnsitzland entsprach. Israel, wo fast die Hälfte aller Juden weltweit lebt, wurde in dieser Liste zunächst als »besetzte palästinensische Gebiete« geführt. – Schweigen der FIFA.

Dann tauchten Berichte auf, Katar untersage jüdischen Gästen das öffentliche Gebet und verweigere trotz ursprünglicher Zusage, bei den Spielen gekochtes koscheres Essen anzubieten, obwohl die Nachfrage danach bestand, da 10.000 bis 20.000 Israelis erwartet wurden. – Und wieder schwieg die FIFA.

Viermal wandten sich hochrangige Antisemitismus-Experten an die FIFA und baten darum, dass zwei Antisemitismus-Berater das Turnier besuchen und überwachen dürfen. Der Vorschlag hätte leicht umgesetzt werden können, ohne Kosten zu verursachen. Diese Berater und ihre Erkenntnisse hätten bei einer Veranstaltung, die von einem Land ausgerichtet wird, das der Hamas, die den Völkermord an den Juden anstrebt, fast zwei Milliarden Dollar zur Verfügung gestellt hat, sicherlich von großem Nutzen sein können. – Doch die FIFA ignorierte die Briefe.

Während der WM war der Antisemitismus auch bei den Spielen in den Stadien offen ersichtlich. Katar selbst hat mit zweierlei Maß gemessen und den Fans erlaubt, während des Turniers gegen Israel zu protestieren, nicht aber gegen andere Länder wie Russland oder den Iran. Immer qwieder haben Fans, israelische Reporter schikaniert, indem sie vor laufenden Kameras die Existenz des jüdischen Staates leugneten und schrien, Israelis seien nicht willkommen.

Angesichts der offensichtlichen Stummheit der FIFA gegenüber diesem Antisemitismus müssen wohlmeinende Fans und FIFA-Funktionäre diese Weltmeisterschaft zum Anlass nehmen, vom Weltfußballverband zu verlangen, ihre Duldung und Unterstützung von Antisemitismus, und zwar sowohl den aktuell als auch historisch, zu korrigieren.

Antisemitischer Ausschluss aus der AFC

Als erstes muss die FIFA Israel die Möglichkeit bieten, wieder in die Asiatische Fußballkonföderation (AFC) der FIFA aufgenommen zu werden. Der Ausschluss Israels aus der AFC im Jahr 1974 war antisemitisch und hat die Aussichten des jüdischen Staates auf Teilnahme im Weltfußball dauerhaft beeinträchtigt.

Solche Versuche, Israel zu boykottieren zielen darauf ab, die Existenz Israels und das Recht des jüdischen Volkes auf Selbstbestimmung zu untergraben und beseitigen. Die ersten groß angelegten Boykottaktionen gegen Israel in der AFC fanden während der Weltmeisterschaft 1958 statt – also lange, bevor Israel im Sechstagekrieg von 1967 die Kontrolle über die umstrittenen Gebiete in der Westbank übernahm, was die Vermutung widerlegt, dass sie auf spezifischen politischen Fragen beruhten. 

Solche Boykotte wurden vor allem von muslimischen Ländern angeführt, von denen viele lieber auf ihr Punkte verzichteten als durch ein Antreten gegen Israel dessen Existenz zumindest indirekt anzuerkennen. Dies war ein Versuch, den Antisemitismus auch über den Sport in der Weltgemeinschaft zu normalisieren.

Schließlich führte Kuwait 1974 eine Resolution an, die aufgrund der beharrlichen arabischen Ablehnung israelischer Souveränität schließlich zum Ausschluss des jüdischen Staates aus der AFC führte. Das israelische Team blieb ein Eremit in der internationalen Fußballwelt, bis es zwanzig Jahre später der viel größere Konkurrenz gekennzeichneten Union of European Football Associations (UEFA) beitreten konnte.

Der Ausschluss Israels aus der AFC und die Institutionalisierung dieser Diskriminierung durch die FIFA erstickten die sportlichen Ambitionen Israels. Während Israel in der AFC einen Asien-Cup gewinnen und sich für die Weltmeisterschaft qualifizierten konnte, gelang ihm Ähnliches seit seinem erzwungenen Beitritt zur UEFA weder für eine Welt- noch für eine Europameisterschaft. Israels Präsenz in der UEFA ist unnatürlich‹ und es ist nach wie vor das einzige Land in der europäischen Liga, das nicht in Europa liegt.

Judenhass die rote Karte zeigen

Um Antisemitismus zu bekämpfen, muss die FIFA die Doppelmoral bekämpfen, die sie selbst dem jüdischen Staat gegenüber institutionalisiert hat. Artikel IV der FIFA-Statuten verbietet explizit die Diskriminierung eines Landes, einer Person oder einer Gruppe aufgrund deren nationaler oder ethnischer Herkunft, der Religion oder der politischen Meinung. In Übereinstimmung mit ihrer eigenen Politik muss die FIFA Israel die Möglichkeit bieten, in die AFC zurückzukehren. Außerdem muss die FIFA gegebenenfalls Artikel IV anwenden, um jede Mannschaft zu bestrafen, die diese Bemühungen zu behindern droht.

Die FIFA-Führung muss auch davon absehen, den gegen Israel gerichteten Antisemitismus zur Normalisierung zu verhelfen, wie es etwa tat, als sie einem Treffen mit offenkundigen Antisemiten wie dem Chef der Palästinensischen Autonomiebehörde, Mahmud Abbas, einem Holocaust-Leugner und-Relativierer, der zu Gewalt angestiftet hat, und dem Chef des Palästinensischen Fußballverbands, Jibril Rajoub zustimmte, der aus der FIFA verbannt worden war, nachdem er zu Gewalt gegen die argentinische Mannschaft aufgerufen hatte, weil diese in Israel spielen wollte.

Als vielleicht wichtigsten ersten Schritt sollte die FIFA die IHRA-Arbeitsdefinition für Antisemitismus übernehmen, um die Organisation bei der künftigen Bekämpfung von Diskriminierung von Juden und des jüdischen Staates zu unterstützen. Die Definition der International Holocaust Rememberance Alliance spiegelt einen internationalen Konsens wider. Sie wird bislang von 865 Institutionen unterstützt, darunter fast vierzig Länder und einige der größten Institutionen des Fußballs wie die englische Premier League, der argentinische Fußballverband und Borussia Dortmund.

Die Untätigkeit der FIFA angesichts des Antisemitismus hat die Institutionalisierung und Akzeptanz des Judenasses in der Welt des internationalen Fußballs ermöglicht. Die FIFA sollte sich selbst einer gründlichen Überprüfung unterziehen und dem Antisemitismus endlich die rote Karte zeigen, um die antijüdische Bigotterie so endgültig aus dem Sport zu verbannen.

Jordan Cope ist Direktor für politische Bildung bei StandWithUs, einer internationalen, überparteilichen Bildungsorganisation, die Israel unterstützt und Antisemitismus bekämpft. (Der Artikel erschien auf Englisch beim Jewish News SyndicateÜbersetzung von Alexander Gruber.)

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