Im Rahmen der Bemühungen um eine Annäherung zwischen den Nachbarstaaten überlegt Erdogan den syrischen Präsidenten in die Türkei einzuladen.
Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat am Freitag erklärt, dass er seinen langjährigen Gegner, den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad, im Rahmen der Bemühungen um eine Annäherung zwischen den Nachbarstaaten in die Türkei einladen könnte. »Wir könnten eine Einladung an [den russischen Präsidenten] Putin und Baschar al-Assad aussprechen. Wenn Putin die Türkei besucht, könnte dies der Beginn eines neuen Prozesses sein«, sagte Erdogan gegenüber Journalisten, die ihn auf dem Rückflug von Kasachstan begleiteten, wo er an einem Gipfel der Schanghaier Organisation für Zusammenarbeit teilgenommen hatte.
Russland ist nicht nur der Hauptunterstützer des Assad-Regimes, sondern gehört neben dem Irak und dem Iran auch zu jenen Ländern, die eine Normalisierung der Beziehungen zwischen Ankara und Damaskus anstreben. Erdogan und Putin trafen sich am Mittwoch am Rand des Gipfels.
Erdogan äußerte sich nicht dazu, wann die Einladung ausgesprochen werden soll. »Wir haben unserem Nachbarn Syrien immer freundlich die Hand gereicht und werden dies auch weiterhin tun. Wir werden Syrien beistehen, das uns auf der Grundlage eines fairen und integrativen neuen Gesellschaftsvertrags willkommen heißt«, sagte Erdogan und fügte theatralisch hinzu: »Die Winde des Friedens, die in Syrien wehen werden, und das Klima des Friedens, das in ganz Syrien entstehen wird, sind auch Voraussetzung dafür, dass Millionen von Menschen in ihr Land zurückkehren können.«
Nicht nur versucht die türkische Regierung, die syrischen Flüchtlinge im Land loszuwerden, auch komme es in jüngster Zeit vermehrt zu pogromartigen Ausschreitungen gegen in der Türkei lebende Syrer. Nach Angaben der Vereinten Nationen wurden seit Beginn des Bürgerkriegs mehr als dreizehn Millionen Syrer – die Hälfte der Vorkriegsbevölkerung des Landes – vertrieben, von denen etwa die Hälfte als Binnenvertrieben lebt, während die andere das vom Krieg zerrütteten Land verlassen hat. Millionen dieser Flüchtlinge leben in der Türkei.
Russland will Normalisierung
Als der Krieg in Syrien ausbrach, warf Erdogan, der damals türkischer Ministerpräsident war, Assad vor, Gewalt gegen sein eigenes Volk zu verüben. Erdogan forderte die Entmachtung des syrischen Präsidenten und bezeichnete ihn als »Terroristen«. In den ersten Jahren des Bürgerkriegs unterstützte die Türkei die Anti-Assad-Rebellen, insbesondere im Nordwesten Syriens. Als jedoch Russland intervenierte und Putin sich hinter Assad stellte, begann Erdogan, sich gegen die wachsende kurdische Dominanz in Nordsyrien zu stellen.
Die Türkei hat seit 2016 drei große Militäraktionen gegen die kurdisch geführten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) mit der Begründung durchgeführt, diese seien mit kurdischen Rebellen in der Türkei, der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), verbunden. Die von den USA unterstützten SDF haben jegliche formale Verbindung zur PKK bestritten.
Erdogan sagte Ende letzten Monats, es gebe keinen Grund, die Beziehungen zu Assad nicht zu normalisieren. Diese Bemerkung erfolgte kurz nachdem der syrische Präsident einer hochrangigen russischen Delegation seine »Offenheit für alle Initiativen im Zusammenhang mit den Beziehungen zwischen Syrien und der Türkei« erklärt hatte, »die auf der Souveränität des syrischen Staates über sein gesamtes Territorium beruhen«, hieß es damals in einer Erklärung seines Büros.
Assad hatte zuvor jede mögliche Annäherung an den vollständigen Abzug der türkischen Truppen aus Syrien geknüpft.