„‚Die letzten Worte, die ich von ihnen hörte, waren: »Bitte vergesst uns nicht.« Jeden Tag klingen diese Worte in meinen Ohren wie Kirchenglocken, wie ein täglicher Aufruf zum Gebet.’ Mansour al-Omari, ein syrischer Menschenrechtsaktivist, erinnert sich an den Augenblick, da sein Name nach neun Monaten in Haft von einem Gefängniswärter aufgerufen wurde. Er hatte das Glück, entlassen zu werden, doch der Gedanke an diejenigen, die er zurückließ, verfolgt ihn. Die Bedingungen in den Gefangenenlagern des syrischen Regimes sind höllisch. Gefangene berichten von überfüllten Zellen, Unterernährung und regelmäßiger körperlicher und psychischer Misshandlung. Tausende sind durch Folter, widrige Bedingungen oder unterlassene Hilfeleistung umgekommen. Viele der ehemaligen Gefangenen, die ich für meinen Film Syria’s Disappeared: The Case Against Assad befragt habe, fühlen sich schuldig, weil sie überlebt haben.
Zehntausende Syrer werden gegenwärtig ‚in Gefangenschaft vermisst’. Dies stellt einen verborgenen Horror des seit sechs Jahren währenden Syrienkriegs dar. Der Staat setzt seine Kritiker seit langem fest, um sie mundtot zu machen und zu bestrafen, doch hat er dieses Mittel niemals zuvor so extensiv eingesetzt. (…) Das syrische Regime weigert sich, die Namen der Gefangenen bekannt zu geben oder auch nur, wie viele Menschen sich in seinen Geheimgefängnissen befinden. Für die Angehörigen und Freunde der Gefangenen, ist dies eine zusätzliche Form der Folter. Sie suchen nach Informationen über ihre Freunde oder Verwandten, ohne zu wissen, ob sie noch am Leben oder bereits tot sind.“ (Nicola Cutcher: „‚Please don’t forget us‘: the hellish search for Syria’s lost prisoners“)