Die Eliyahu-Hanavi-Synagoge in Damaskus – oder das, was von ihr übrig ist – kann nach über einem Jahrzehnt inmitten eines Kriegsgebiets nun wieder gefahrlos besucht werden.
Nach dem Sturz des Assad-Regimes können die wenigen in Syrien verbliebenen Juden wieder eine der ältesten Synagogen der Welt besuchen, die sich im Damaszener Vorort Jobar befindet und einst Gläubige aus der ganzen Region anzog. Das Gebiet, das während des dreizehnjährigen Bürgerkriegs eine Gefahrenzone war und als Schlachtfeld zwischen syrischen Regierungstruppen und Rebellenmilizen diente, kann wieder gefahrlos besucht werden. Allerdings hinterließ der Bürgerkrieg das Gebiet und die Eliyahu-Hanavi-Synagoge in Trümmern. Die Wände und das Dach sind eingestürzt; es fehlen Artefakte. Ein Marmorschild am Eingang gibt auf Arabisch an, dass sie 720 v. Chr. erbaut wurde.
Neun Juden
Syrien war einst die Heimat einer der größten jüdischen Gemeinden der Welt. Nachdem die Kreuzritter 1099 Jerusalem erobert und Zehntausende Muslime und Juden massakriert hatten, flohen etwa 50.000 Juden nach Damaskus, was fast einem Drittel der Bevölkerung der Stadt entsprach. Die Gemeinde wuchs weiter, als nach 1492 die spanischen Juden vor der Reconquista und der Inquisition flohen. Nach der Gründung Israels im Jahr 1948 ging die Zahl der Juden in Damaskus dann deutlich zurück, und heute leben dort nur noch neun Juden. Laut Gemeindevorsteher sind fast alle von ihnen bereits in hohem Alter. In einigen Jahren, befürchten sie, werden keine Juden mehr im Land leben.
»Diese Synagoge bedeutet uns sehr viel«, sagte der 74-jährige Leiter der jüdischen Gemeinde in Syrien, Bakhour Chamntoub, bei seinem ersten Besuch vor Ort seit fünfzehn Jahren gegenüber der Nachrichtenagentur AP. Als er sah, dass Teile des Gebäudes in Schutt und Asche lagen, war er »bestürzt«.
Juden aus aller Welt hätten sich bei ihm gemeldet und ihre Hilfe beim Wiederaufbau angeboten, erzählte Chamntoub, der sich geweigert hatte, Syrien während des Bürgerkriegs zu verlassen, während seine zwölf Geschwister flüchteten und emigrierten. Er sei glücklich in Syrien und von Menschen umgeben, die ihn respektieren. Als einer der wenigen Juden, die offen über ihren Glauben sprechen, sei er nie diskriminiert worden. Andere Mitglieder der Gemeinschaft ziehen es aus Sicherheitsgründen und Furcht, als Spione oder Kollaborateure Israels abgestempelt zu werden, vor, sich öffentlich nicht zu äußern.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts zählte die jüdische Gemeinde in Syrien etwa 100.000 Mitglieder. Während der 54-jährigen Herrschaft der Assad-Familie genossen Juden zwar offiziell Religionsfreiheit, durften jedoch bis Anfang der 1990er Jahre nicht ins Ausland reisen, um eine Auswanderung nach Israel zu verhindern. Nachdem die Beschränkungen mit Beginn der arabisch-israelischen Friedensgespräche aufgehoben wurden, verließen viele derjenigen das Land, die nach 1948 ausgeharrt hatten.
Schabbatgebete
Vor dem Ausbruch des syrischen Bürgerkriegs im Jahr 2011 kamen Chamntoub und die übrigen Gemeindemitglieder zum Schabbatgebet nach Jobar. Der Gemeindevorsteher berichtete von auf Gazellenleder beschriebenen Thorarollen, den Kronleuchtern und Teppichen, die inzwischen verschwunden sind und wahrscheinlich von Plünderern gestohlen wurden.
Der der in der Nähe der Synagoge geborene und aufgewachsene Muslim Barakat Hazroumi beschrieb, wie die Gläubigen ihn baten, am Schabbat das Licht einzuschalten oder Kerzen anzuzünden. »Es war ein wunderschöner religiöser Ort«, doch der gesamte zerstörte Vorort muss »von Grund auf neu aufgebaut werden«.
Die Truppen des nun geflüchteten Präsidenten Baschar al-Assad eroberten Jobar im Jahr 2018 von den Rebellen zurück und verhängten strenge Sicherheitsmaßnahmen, die viele Menschen am Zugang zum Gebiet hinderten. Die neue Führung der islamistischen Hayat Tahrir al-Sham (HTS) behauptet, sie werde allen Glaubensrichtungen Religionsfreiheit gewähren, trotz sektiererischer Angriffe, die sich hauptsächlich gegen die alawitische Minderheit richten.
Heute lebt Chamntoub im alten jüdischen Viertel von Damaskus in der Nähe der geschlossenen jüdischen Maimonides-Schule. Er hält trotz der Herausforderungen an seinen religiösen Praktiken fest und erhält jedes Jahr Pakete mit koscherem Fleisch von seinen amerikanischen Geschwistern. Er bereitet Mahlzeiten für seinen 88-jährigen Mitbewohner Firdos Mallakh zu, der keine Verwandten mehr in Syrien hat.
Während er die achttägigen Chanukka-Feiertage allein zu Hause verbringt, hofft Chamntoub, dass die Syrer nach dem Sturz des Regimes mehr Freiheiten genießen werden, sowohl in wirtschaftlicher als auch in anderer Hinsicht. Zuvor, erklärte er im AP-Interview, hätten die Behörden ihn daran gehindert, ohne Sicherheitsfreigabe Interviews zu geben, aber: »Ich bin Jude und stolz darauf.«
Der Text erschien auf Englisch zuerst beim Jewish News Syndicate. (Übersetzung von Alexander Gruber.)