Eine deutsch-israelische Spielerin des Fußballklubs SV Werder Bremen wurde auf X wüst beschimpft. Der Verein nahm das nicht einfach hin.
Im zeitgenössischen Sport ist es zur skandalösen Normalität geworden, dass jüdische oder israelische Sportler virtuell zum Abschuss freigegeben sind. Wo immer israelische Sportler antreten, verweigern Spieler aus offiziell israelfeindlichen Ländern den Wettkampf – israelische Judokämpfer, Schwimmer und sogar Tischtennisspieler können ein Lied davon singen. In mehreren europäischen Ländern werden israelischen Fußballmannschaften keine Stadien mehr zur Verfügung gestellt.
Werden Israelis nicht von Konkurrenten boykottiert, müssen sie zumindest damit rechnen, in sozialen Medien mit Hassbotschaften, antisemitischen Beschimpfungen, Gewaltandrohungen oder gar Mordaufrufen überschüttet zu werden.
Sharon Beck
Sharon Beck ist Fußballspielerin. Die Mutter der Stürmerin ist Deutsche, die Familie ihres Vaters hat deutsche und israelische Wurzeln. Ihre Karriere führte sie unter anderem zu den Frauen-Bundesligisten Bayer 04 Leverkusen, TSG 1899 Hoffenheim, SC Freiburg, und von 2020 bis heuer spielte sie für den 1. FC Köln, für den sie in 65 Spielen sechzehn Tore schoss.
Beck besitzt sowohl die deutsche als auch die israelische Staatsbürgerschaft. In ihrer Jugend hat sie für die deutsche U-16- und U-17-Nationalmannschaften gespielt, als Erwachsene hatte sie bisher 22 Einsätze im israelischen Frauennationalteam.
Im heurigen April wurde ihr Wechsel zum SV Werder Bremen bekannt gegeben – und das stößt Antisemiten und Israelhassern offenkundig böse auf.
»Fest an deiner Seite«
Einer dieser Hetzer fühlte sich bemüßigt, Beck auf Instagram zu beschimpfen, wie es in sozialen Medien gegenüber Juden und Israelis leider nur allzu oft vorkommt. Ein User namens eleventuone schrieb:
»Ey nutte hab gerade bei FIFA gesehen das du Israeli bist ich hoffe du und deine Familie sterben aus und deine Kinder wünsche in eine Behinderung für ihr ganzes Leben.« [Rechtschreibung i. Orig., Anm. Mena-Watch]
Normalerweise wäre die Geschichte hier zu Ende, denn den betroffenen Sportlern bleibt in aller Regel nicht viel anderes übrig, als sich mit den Hassbotschaften abzufinden. Doch der SV Werder Bremen entschied sich – in deutlichem Gegensatz zu vielen anderen Sportvereinen –, die Verächtlichmachung seiner Spielerin nicht einfach hinzunehmen und nicht so zu tun, als sei nichts geschehen. Er reagierte auf seinen Plattformen in den sozialen Medien, indem er die Nachricht und den Namen des Users veröffentlichte und darunter erklärte:
»Wir verurteilen solche Nachrichten auf das Schärfste. Hass, Drohungen und Beleidigungen haben bei uns keinen Platz. Sharon, wir stehen fest an deiner Seite!«
Beck wurde von der unerwarteten Reaktion des Vereins offenbar überrascht. Gegenüber der Bild-Zeitung sagte sie: »Ich muss gestehen, dass ich mich nicht direkt an den Verein gewendet habe, sondern dass Werder Eigeninitiative ergriffen hat, als sie es mitbekommen haben. Das weiß ich sehr zu schätzen.«
Im Schutz der Anonymität
Einige Follower des SV Werder Bremen forderten Behörden auf, gegen die Beschimpfung Becks aktiv zu werden. Daraufhin meldete sich die Bremer Polizei zu Wort: »Vielen Dank für den Hinweis. Wir stehen diesbezüglich mit Werder Bremen im Austausch.«
Der offenkundig orthografisch wie intellektuell minderbemittelte eleventuone dürfte leider kaum etwas zu befürchten haben: Die Anonymität fiktiver Usernamen gewährt ihnen meist Schutz vor Strafverfolgung, weil Plattformen wie X in aller Regel nicht mit den Behörden kooperieren, um juristische Schritte gegen Hetzer und Verbreiter von Hassbotschaften zu ermöglichen.