Sündenbock Israel: Fehlmeinungen, Fragen und Antworten zum „Nahostkonflikt“ (Teil 7)

Demonstration gegen Antisemitismus und Israelhass in Kiel
Demonstration gegen Antisemitismus und Israelhass in Kiel (© Imago Images / penofoto)

Behauptung 7: „Die Palästinenser waren und sind unschuldige Opfer der Zionisten, der Europäer und des Staates Israel.“

Theodor Much

Dass die schweren Judenverfolgungen in Europa zum Aufkommen des Zionismus – der Ideologie vom Selbstbestimmungsrecht des jüdischen Volkes in der alten Heimat – maßgeblich beitrugen, bestreitet niemand. Doch, wie oben dargestellt, gab es zu allen Zeiten, auch Diskriminierung und Gewalttaten gegen Juden in allen islamischen Staaten. Heute leben in Israel Millionen Nachkommen vertriebener Juden aus arabischen Staaten, die mit Sicherheit keine Sehnsucht nach ihren ehemaligen „Heimatländern“ verspüren.

Wer heute zu Recht das Los der arabischen Flüchtlinge aus Palästina beklagt, sollte sich aber auch folgende Tatsachen in Erinnerung rufen: zur Zeit des UNO-Teilungsplanes für Palästina im Jahr 1947 lebten bereits 550.000 Juden, neben 1,2 Millionen Araber im heutigen Staatsgebiet von Israel, der Westbank und Gaza.

Der damalige Teilungsplan sah ein friedliches Zusammenleben von Juden und Arabern im neu zu gründenden jüdischen Staat vor, in dem rund 350.000 Araber leben sollten und die Internationalisierung Jerusalems vorgesehen war.

Hätte die gesamte arabische Welt – inkl. der in Palästina lebenden Araber – nicht den von der zionistischen Führung angenommenen Teilungsplan in Bausch und Bogen abgelehnt, wäre ein Krieg mit all seinen schlimmen Folgen abgewendet worden und die Palästinenser hätten ihren unabhängigen Staat in Palästina erhalten.

Gleich nach der Bekanntgabe des UNO-Teilungsplan im November 1947 kam es zu antijüdischen Ausschreitungen, zur sechs monatige Belagerung von Jerusalem durch palästinensische Milizen und dem Eingreifen der „Arabischen Befreiungsbewegung“ von Syrien aus.

Am 15. Mai 1948 – einem Tag nach Ausrufung des Staates Israel – griffen die vereinigten Armeen von Ägypten, Jordanien, Syrien, Irak und des Libanon den jungen, damals noch fast wehrlosen Staat Israel an, im Bestreben ihn zu vernichten. Die arabischen Führungen hielten die Juden für keine ernsthaften Gegner und stritten sich – wie man in Sari Nusseibehs „Es war einmal ein Land“ nachlesen kann – schon vorab, wem der Verdienst des glorreichen Sieges zufallen sollte.

Im Zuge der Kriegshandlungen, die mit einer militärischen Niederlage der Invasoren endete, flüchteten nach Angaben des UNO-Hilfswerk 650.000 Menschen aus ihren Häusern, die Mehrzahl von ihnen in Panik, aber auch aus Angst vor einer Wiederholung des abscheulichen Massakers von Dir Jassin im April 1948 durch rechtsradikale Milizen, bei dem zwischen 80 und 120 Zivilisten ihr Leben verloren, oder in der Annahme, dass die Juden bald aus Palästina vertrieben werden würden und sie bald in ihre Heimatorte zurückkehren könnten.

Doch 160.000 Araber blieben im Land und wurden, nach Beendigung der Kämpfe, zu Staatsbürgern Israels. Die Behauptung, dass all die Flüchtlinge von den Zionisten gewaltsam vertrieben wurden entspricht nur teilweise den historischen Gegebenheiten.

Der kritische Historiker Benny Morris konnte nachweisen, dass es nie eine systematische Ausweisung der Araber aus Israel gab, auch wenn an mehreren Orten – wie etwa in Ramala, Lod und Jaffa – bedauerlicherweise gezielte Vertreibungen der Araber stattfanden. In anderen Städten, wie etwa Haifa, versuchten Militärs und Politiker die Araber zum Bleiben zu überreden, was ihnen aber, wegen der Gräuelpropaganda arabischer Politiker – auch des Großmuftis von Jerusalem – misslang.

Es ist daher unfair, Israel alle Schuld an der Flüchtlingstragödie der Palästinenser in die Schuld zu schieben.

Eine „Nakba“ (Katastrophe) erlebten nicht nur die Palästinenser, sondern auch die israelischen Juden. Bei den Kämpfen um Israel fielen 6.000 Soldaten, also 1% der damaligen jüdischen Gesamtbevölkerung. Auf Österreich übertragen, würde das dem Tod von rund 90.000 jungen Menschen bedeuten.

Dazu kommt auch noch die Vertreibung aller Juden aus der Westbank und der Altstadt von Jerusalem und der Exodus von 900.000 arabisch stämmiger Juden aus fast allen islamischen Staaten der Region. Diese Menschen mussten ihr gesamtes Hab und Gut in ihren Heimatländern zurücklassen. Von den 900.000 Vertriebenen, landeten schließlich 650.000 Juden in Israel, wo sie aufgenommen und integriert wurden.

Dazu einige sehr grundsätzliche Anmerkungen zur Flüchtlingsproblematik:

  1. Praktisch jeder größere Krieg, egal wo, produziert Flüchtlinge, weswegen die Schuldfrage gestellt werden muss. Denn, dass die Seite, die mutwillig einen Krieg auslöst, der dann zu Fluchtbewegungen führt, an derartigen Flüchtlingstragödien die Hauptschuld trägt, ist offensichtlich. Diese Aussage gilt auch für die Tragödie der Palästina-Flüchtlinge.
  2. Die Welt ist voll mit Flüchtlingen, doch über die meisten der Heimatlosen wird nicht oder kaum gesprochen. Ich erinnere nur an das Los der Sudetendeutschen und der Finnen, die Stalin aus Karelien vertrieben hat. Dass über sie nicht gesprochen wird hat einen einfachen Grund und dieser lautet: diese Flüchtlinge wurden in Deutschland bzw. in Finnland aufgenommen und integriert.
    Doch die arabischen Staaten dachten nicht an eine Integration ihrer Brüder und Schwestern. Sie sperrten die Flüchtlinge in Lager ein, verweigerten ihnen die Staatsbürgerschaft und benützen sie seither als politisches Druckmittel. Das war und ist ein Verbrechen, das aber offensichtlich nur wenigen Menschen in Europa bewusst ist.
  3. Anders als die meisten anderen Flüchtlinge dieser Welt, wurden – und werden immer noch – die palästinensischen Flüchtlinge von der UNO mit Milliardenbeträgen unterstützt, anstatt die „Gastländer“ dazu zu bewegen, die Flüchtlingslager aufzulösen und die Menschen zu integrieren. Damit trägt die UNO aktiv dazu bei, das palästinensische Flüchtlingsproblem aufrechzuerhalten, was weltweit eine Einzigartigkeit darstellt.

Theodor Much war von 1990 bis 2020 Präsident der jüdisch-liberalen Gemeinde Or Chadasch Wien und veröffentlichte als Sachbuchautor bislang 12 Bücher zu den Themen Aberglaube, Fundamentalismus, Scheinmedizin, Religion, Satire.

Behauptung 1: „Wer Israel kritisiert, wird automatisch beschuldigt Antisemit zu sein.

Behauptung 2: „Zionismus und die Politik der Zionisten können mit Kolonialismus, Apartheid und Rassismus gleichgesetzt werden.“

Behauptung 3: „Rassismus ist per se ein Kennzeichen des Judentums und des Staates Israel.“

Behauptung 4: „Israel hat keine Existenzberechtigung.“

Behauptung 5: „Die Welt hat doch, lange vor der dem ungerechten UNO-Teilungsplan von 1947, den Arabern Palästina als zukünftigen Staat versprochen.“

Behauptung 6: „Muslime und Juden haben bis zum Beginn der zionistischen Invasion Palästinas in allen arabischen Staaten friedlich und freundschaftlich miteinander gelebt.“

Behauptung 7: “Die Palästinenser waren und sind unschuldige Opfer der Zionisten, der Europäer und des Staates Israel.“

Behauptung 8: „Israel führt immer wieder kolonialistische Kriege, um sein Staatsgebiet zu erweitern.

Behauptung 9: „Terroranschläge von Palästinensern sind lediglich eine Reaktion auf die Besetzung der Westbank, Gazas und der Altstadt von Jerusalem durch Israel.“

Behauptung 10: „Israel ist kein demokratischer Staat. Das Land besitzt weder eine Verfassung, noch sind in Israel Staat und Religion getrennt.“

Bleiben Sie informiert!
Mit unserem wöchentlichen Newsletter erhalten Sie alle aktuellen Analysen und Kommentare unserer Experten und Autoren sowie ein Editorial des Herausgebers.

Zeigen Sie bitte Ihre Wertschätzung. Spenden Sie jetzt mit Bank oder Kreditkarte oder direkt über Ihren PayPal Account. 

Mehr zu den Themen

Das könnte Sie auch interessieren

Wir sprechen Tachles!

Abonnieren Sie unseren Newsletter und erhalten Sie einen unabhängigen Blickzu den Geschehnissen im Nahen Osten.
Bonus: Wöchentliches Editorial unseres Herausgebers!

Nur einmal wöchentlich. Versprochen!