In Südafrika gewinnen unverhohlen antisemitische und gegen Israel gerichtete Aktionen immer mehr Anhänger, die sich nicht scheuen, vor Holocaustzentren zu demonstrieren.
Anti-Israel-Aktivisten haben Zentren zum Gedenken an den Holocaust und zur Erforschung von Völkermorden in Johannesburg, Durban und Kapstadt ins Visier genommen, indem sie vor diesen Einrichtungen protestierten und Drohbriefe verschickten, was von Führern der jüdischen Gemeinde in Südafrika als »Einschüchterungskampagne« bezeichnet wird. So fanden in der vergangenen Woche gleich zwei Protestkundgebungen vor dem Johannesburg Holocaust & Genocide Center (JHGC) statt, zeitgleich mit einer Konferenz der International Association of Genocide Scholars (IAGS), die vom 20. bis 24. Oktober in dem Zentrum stattfand.
Im Vorfeld der Konferenz schickten vierzehn antiisraelische Organisationen, darunter die South African BDS Coalition, South African Jews for a Free Palestine und Queers for Palestine, eine »Absichtserklärung« an das JHGC, in der sie ihm »Schweigen und Komplizenschaft in einer Zeit, in der sich vor den Augen der Welt ein Völkermord abspielt«, vorwarfen. In dem Schreiben wurde gefordert, das Zentrum solle Israels Militäraktion im Gazastreifen öffentlich als »Völkermord« bezeichnen, »die israelische Apartheid und den Siedlerkolonialismus« verurteilen, die Schließung der israelischen Botschaft in Südafrika unterstützen und die weltweite BDS-Bewegung befürworten.
Kein Dialog gewünscht
Laut JHGC-Direktorin Tali Nates traf sich die Leitung ihre Zentrums Anfang Oktober »in gutem Glauben« mit Vertretern der unterzeichnenden Gruppen. »Nach dem informellen Treffen veröffentlichten sie eine Erklärung gegen das JHGC, in der sie einen weiteren Dialog oder formelle Treffen schriftlich ablehnten«, informierte Nates.
Das Verhalten der Gruppen, ihre Ansichten mit öffentlichem Druck durchzusetzen, stehe »in krassem Gegensatz zur halbjährlichen Konferenz der Völkermordforscher, bei der offene – und oft unterschiedliche – Ansichten geäußert und diskutiert wurden«. Nates betonte, die Mission des Zentrums bestehe darin, »ein Ort der Erinnerung, der Bildung und des Dialogs zu sein, der Lehren aus den Gräueltaten der Vergangenheit für die Menschheit zieht«.
Die Proteste vor dem JHGC haben heftige Kritik hervorgerufen. Der in Kapstadt ansässige PR-Spezialist Tim Flack kommentierte die Ereignisse mit folgenden Worten: »Wenn sich Menschen vor einem Holocaust-Zentrum versammeln, um Juden des Völkermords zu bezichtigen, sagt das alles über den moralischen Verfall unserer Zeit aus. Der Holocaust war die industrielle Vernichtung eines Volkes; ihn gegen die Nachkommen seiner Opfer zu beschwören, ist keine Unwissenheit, sondern als Tugend getarnte Bosheit.«
Das JHGC, das 2019 eröffnet wurde, untersucht den Holocaust der Nationalsozialisten und den Völkermord an den Tutsi in Ruanda im Jahr 1994 und dient als Zentrum für Bildung und Dialog über Völkermordprävention und Menschenrechte.






