Die Gerichtsentscheidungen, über zwei Kurdinnen wegen angeblicher Rebellion gegen den Staat die Todesstrafe zu verhängen, haben im Iran und auch international Empörung ausgelöst.
In mehreren kurdischen Städten im Iran traten die Geschäfte am Mittwoch in den Streik, nachdem kurdische Oppositionsparteien zum Protest gegen die Todesurteile gegen zwei weibliche politische Gefangene aufgerufen hatten. Bilder in den sozialen Medien zeigten geschlossene Geschäfte in Städten wie Sanandaj, Saqqez, Divandarreh und Marivan in der Provinz Kurdistan sowie in Mahabad, Bukan in der Provinz West-Azarbaijan und Kermanshah.
Anfang dieser Woche hatten sechs kurdische Parteien in einer gemeinsamen Erklärung dazu aufgerufen, am Mittwoch zu streiken und Märkte, Arbeitsstätten und Schulen zu schließen, um die Hinrichtungen von Pakhshan Azizi und Varishe Moradi zu verhindern.
Moradi war im November vom Teheraner Revolutionsgericht wegen »bewaffneter Rebellion gegen den Staat« zum Tod verurteilt worden. Gegen Azizi wurde dieses Urteil bereits im Juli ausgesprochen. Zusätzlich erhält sie eine vierjährige Haftstrafe wegen angeblicher Mitgliedschaft in der Partei Freies Leben in Kurdistan (PJAK), die ihre Anwälte jedoch bestritten. Die PJAK wird vom Iran, der Türkei und den USA als terroristische Organisation eingestuft.
Beide Gerichtsentscheidungen haben im Iran und auch international Empörung ausgelöst. So schloss sich die Friedensnobelpreisträgerin Shirin Ebadi den Protestaufrufen an und schrieb auf Instagram: »Ich rufe alle politischen, sozialen, kulturellen, zivilen und professionellen Organisationen auf, sich diesem Streik anzuschließen.«
Die iranischen Sicherheitskräfte ihrerseits verschickten Drohbotschaften per SMS an die Bewohner der Kurdengebiete, um sie vor der Teilnahme am ausgerufenen Generalstreik zu warnen, berichtete die Menschenrechtsorganisation Hengaw am Mittwoch und zitierte sie mit den Worten: »Angesichts des Aufrufs der konterrevolutionären Gruppen zu Streiks, Versammlungen und Belästigungen wird jede Teilnahme oder Zusammenarbeit als Zustimmung zur terroristischen Gruppe PJAK (Partei für ein Freies Leben in Kurdistan) gewertet und gemäß Artikel 500 des islamischen Strafgesetzbuchs strafrechtlich verfolgt.«
A video received by @IranIntl shows shopkeepers in the Saqqez bazaar in Iran's Kurdistan Province going on strike on Wednesday after Kurdish groups called for a protest against the death sentences of two female political prisoners.pic.twitter.com/ZlJmB98SW4
— Iran International English (@IranIntl_En) January 22, 2025
Proteste gegen Hinrichtungen
Neben den genannten sechs Parteien gaben auch Studenten und eine Koalition kurdischer Frauen separate Erklärungen ab, in denen sie die Todesurteile verurteilten, brachten ihre Unterstützung für den Streik zum Ausdruck und prangerten die Behandlung von Azizi und Moradi an, die im Teheraner Evin-Gefängnis inhaftiert sind, das für seine harten Haftbedingungen und politischen Inhaftierungen berüchtigt ist.
Anfang dieses Monats hatte Amnesty International den Obersten Gerichtshof des Irans verurteilt, weil er das Todesurteil gegen Azizi bestätigt hatte und bezeichnete ihren Prozess als äußerst fehlerhaft und die Strafe als unangemessen. »Die iranischen Behörden müssen alle Pläne zu ihrer Hinrichtung aufgeben und sie sofort freilassen«, forderte Amnesty und vermutet, die Verurteilung Azizis hänge offenbar mit deren friedlichen Menschenrechtsarbeit zusammen.
In einem Brief aus dem Gefängnis beschrieb Pakhshan Azizi Fälle von Folter, Schikanen und Scheinhinrichtungen. Sie selbst ist zu einem Brennpunkt für Menschenrechtsorganisationen geworden, wobei viele davon die Verurteilung als Teil eines breiteren Musters staatlicher Repression im Iran gegen politische Dissidenten betrachten. Nach Angaben der in den USA ansässigen Menschenrechtsgruppe HRANA droht derzeit mindestens 54 politischen Gefangenen die Hinrichtung.
Der Iran ist wegen der weit verbreiteten Anwendung der Todesstrafe, insbesondere gegen politische Gefangene und Aktivisten, zunehmend in die internationale Kritik geraten. Das Menschenrechtsbüro der Vereinten Nationen berichtete im Januar, dass der Iran im vergangenen Jahr Todesstrafen an 901 Menschen, darunter 31 Frauen, vollstreckt hat, was einen drastischen Anstieg der Hinrichtungen bedeutet.
Hengaw’s exclusive footages reveal a heavy presence of security forces on the streets of Divandarreh, along with the sealing of shops. This coincides with a widespread strike by businesses in the city, held in protest against the death sentences of Pakhshan Azizi and Varisheh… pic.twitter.com/hKBx0cDsep
— Hengaw Organization for Human Rights (@Hengaw_English) January 22, 2025