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Tunesiens islamische Ennahda-Partei vor dem Aus?

Demonstranten in Tunis protestieren gegen die islamische Ennahda-Partei
Demonstranten in Tunis protestieren gegen die islamische Ennahda-Partei (© Imago Images / NurPhoto)

In einer beispiellosen Austrittwelle verließen 113 Abgeordnete und führende Funktionäre die mit der Muslimbruderschaft verbundene Ennahda-Bewegung, die 10 Jahre lang an der tunesischen Regierung beteiligt war.

Hanen Jebli, Al-Monitor

Während der Proteste zur Unterstützung des tunesischen Präsidenten Kais Saied am 3. Oktober in der Küstenprovinz Monastir im Nordosten Tunesiens warf eine Gruppe von Menschen einen Sarg ins Meer, in dem sich die symbolische Leiche der islamischen Ennahda-Bewegung befand, um so den Tod der Bewegung und ihr politisches Ende auszudrücken.

Tausende Tunesiern gingen in den ersten Oktobertagen in verschiedenen Provinzen des Landes auf die Straße, um die jüngsten Maßnahmen von Saied zu unterstützen, darunter die Entlassung der Regierung und die Suspendierung des Parlaments.

Neben vielen anderen Forderungen sprachen sich die Demonstranten für die Auflösung des von der Ennahda kontrollierten Parlaments und für eine Rechenschaftspflicht der Bewegung aus, die seit 10 Jahren an der Regierung beteiligt ist und auf allen Ebenen versagt hat.

Neben der wachsenden Unzufriedenheit in der Bevölkerung hat die Ennahda in jüngster Zeit auch einen schweren Rückschlag erlitten, als sie eine beispiellose Spaltung durchmachte.

Am 25. September gaben 113 führende und prominente Mitglieder der Bewegung in einer Erklärung ihren Rücktritt bekannt, um gegen die Leistung der Führung zu protestieren, wobei sie sich auf Rachid Ghannouchi bezogen, der die Bewegung seit ihrer offiziellen Gründung im Jahr 1981 leitet, bevor sie nach der Revolution 2011 von den Behörden anerkannt wurde.

Diejenigen, die aus der Bewegung ausgetreten sind, erklärten, ihre Entscheidung sei eine Reaktion auf die „falschen politischen Entscheidungen der Ennahda-Führung“.

Die Funktionäre fügten in ihrer Erklärung hinzu, dass diese Entscheidungen die Bewegung „isoliert und sie daran gehindert haben, sich aktiv an einer gemeinsamen Front zu beteiligen, um der drohenden tyrannischen Gefahr zu widerstehen, die von den Entscheidungen vom 22. September ausgeht.“ Damit meinten sie die Ankündigung Saieds, dass er zwei Monate lang per Dekret regieren und Teile der tunesischen Verfassung ignorieren werde.

Zu den Zurückgetretenen gehörten hochrangige Ennahda-Führer wie Abdel Latif al-Makki, Samir Dilo, Muhammad bin Salem und eine Reihe von Parlamentsmitgliedern sowie Mitglieder der Verfassungsgebenden Versammlung (ehemals Parlament) und mehrere Mitglieder des Zentralen Schura-Rats, der regionalen Schura-Räte sowie lokaler Ämter.

Das Ennahda-Parlamentsmitglied Salim Basbas erklärte gegenüber Al-Monitor, die Rücktritte hätten große Auswirkungen auf die Bewegung, da sie zahlreich und gewichtig seien und wichtige Führungspersönlichkeiten beinhalteten. Er stellte fest, dass diese Rücktrittswelle die Bewegung schwächt, die bereits mit internen Spaltungen zu kämpfen hat.

Basbas sagte, die Ennahda habe durch die Rücktritte einen schweren Schlag von innen und durch die Entscheidungen von Saied einen schweren Schlag von außen erlitten. Er forderte die Führung der Bewegung auf, die Gründe für die Rücktritte zu beseitigen, bevor die Bewegung in eine Lage gerate, aus der sie sich nicht mehr erholen könne.

(Aus dem Artikel Tunisia’s Ennahda party shaken by resignations, political crisis“, der bei Al-Monitor erschienen ist. Übersetzung von Alexander Gruber.)

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