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Steht Libyen vor einem neuen Bürgerkrieg?

Ausgebranntes Auto nach den Kämpfen in Libyens Hauptstadt Tripolis
Ausgebranntes Auto nach den Kämpfen in Libyens Hauptstadt Tripolis (© Imago Images / Xinhua)

Der Machtkampf in Libyen eskaliert. Ein offener Bürgerkrieg im wichtigsten Transitland für Migranten aus Afrika könnte für Europa schwerwiegende Folgen haben.

Am vergangenen Wochenende kam es in der Hauptstadt Tripolis zu heftigen Zusammenstößen zwischen bewaffneten Milizen der beiden rivalisierenden Regierungen des Landes, bei denen mehr als dreißig Menschen getötet und über 150 verletzt wurden.

Kurz zum Hintergrund: Nach dem Sturz und der Ermordung von Muammar Gaddafi im Jahr 2011 stürzte das Land in einen Bürgerkrieg. Zwei Regierungen kämpfen um die Macht: Die »Regierung der Nationalen Einheit« (Government of National Accord, GNA) in Tripolis unter Abdul Hamid Dbeiba und der Abgeordnetenrat (House of Representatives, HoR) mit Sitz in Tobruk. Im September 2020 wurde die GNA von den Vereinten Nationen als legitime Regierung Libyens anerkannt.

Nachdem die für den 24. Dezember 2021 angesetzten Wahlen nicht stattfanden, hat das HoR im Februar den ehemaligen Innenminister Fathi Baschagha zum Ministerpräsidenten ernannt, was Dbeiba und die GNA nicht akzeptieren. Die Vereinten Nationen erkennen weiterhin Dbeiba als Regierungschef an. Zwischen dem Parlament im Osten und der Regierung in Tripolis tobt ein Machtkampf mit ungewissem Ausgang.

Beide Parteien stützen sich auf eigene Milizen. Dbeiba und die GNA beherrschen nur mehr die Region Tripolis. Den größten Teil des Landes kontrolliert der Warlord Chalifa Haftar, der die »libysch-nationale Armee« des HoR befehligt.

Die gewaltsamen Zusammenstöße vom Wochenende könnten Vorboten eines wieder ausbrechenden Bürgerkriegs sein. Die Wahrscheinlichkeit weiterer bewaffneter Konfrontationen in den nächsten Wochen und Monaten ist jedenfalls hoch.

Libyen ist das wichtigste Transitland für afrikanische Migranten auf ihrem Weg nach Europa. Daher ist der Failed State für die EU ein offenbar schwer verzichtbarer Partner bei der Grenzsicherung des Kontinents. Mit mindestens 200 Millionen Euro jährlich soll Europa Medienberichten zufolge den Ausbau der libyschen Küstenwache und der libyschen Seepolizei finanzieren, um »effektive Such- und Rettungsaktionen durchführen zu können«.

Sind diese »Rettungsaktionen« erfolgreich, bringt die Küstenwache die aufgebrachten Flüchtlingsboote zurück an die libysche Küste und verbringt die Insassen in staatliche Lager. Dort drohen ihnen nach einem aktuellen Bericht einer Fact-Finding-Mission der Vereinten Nationen »Mord, Verschwindenlassen, Folter, Versklavung, sexuelle Gewalt und Vergewaltigung«. Eine höchst eigenwillige Interpretation des Begriffs »Rettung«, finanziert unter anderem mit europäischem Steuergeld.

Sollte es aufgrund von Nahrungsmittelkrisen zu Unruhen und Aufständen in Afrika kommen, würden die Migrationsbewegungen nach Europa sprunghaft steigen. Tobte zur gleichen Zeit ein Bürgerkrieg in Libyen, wäre das vermutlich sowohl für die Migranten als auch für die Europäer das worst case Szenario. Europa ist daher gefordert, mehr Verantwortung in Libyen zu übernehmen. Und zwar möglichst rasch.

Dies ist ein Auszug aus unserem Newsletter vom 28. August. Wenn Sie den nächsten Newsletter erhalten möchten, melden Sie sich an!

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