Von Florian Markl
Wiens Bürgermeister hat der iranischen Hauptstadt einen Besuch abgestattet und mit seinem Teheraner Amtskollegen, einem ehemaligen Luftwaffenbefehlshaber der iranischen Revolutionsgarden, eine Städtekooperation vereinbart. Im Interview mit dem gestrigen Kurier gab der Freund des Spritzweins Auskunft darüber, warum er ausgerechnet mit einem Land kooperieren will, in dem der Alkoholkonsum von Muslimen als „Verbrechen an Gott“ gewertet und schwer bestraft wird – bis hin zu Fällen, in denen für mehrfaches Trinken alkoholischer Getränke die Todesstrafe verhängt wurde.
Fest stehe für den Wiener Bürgermeister,
„der Iran ist in der Region das einzige stabile Land. Wenn man auf die wechselseitige Feindpropaganda nicht hereinfällt, dann muss man das auch so sehen. Denn viele der Konflikte in Syrien, Irak und Afghanistan sind in hohem Ausmaß von außen bestimmt. Nachdem ich dafür stehe, Konflikte durch Verhandlungen zu lösen, ist die Entwicklung im Iran ein wichtiger Schritt.“
Ob das iranische Regime wirklich so fest im Sattel sitzt, wie offenbar Häupl glaubt, sei dahingestellt. Bemerkenswert ist jedenfalls das Lob der „Stabilität“ aus dem Munde eines österreichischen Sozialdemokraten, der durchaus wissen könnte, wie diese zustande kommt: Durch massive Repression gegen alle, die sich der Herrschaft der Mullahs nicht unterwerfen wollen. Kann Häupl sich etwa nicht an die brutale Niederschlagung der iranischen Freiheitsbewegung nach den Präsidentschaftswahlen 2009 erinnern? Kann ihm entgangen sein, dass unlängst eine bekannte Menschenrechtsaktivistin zu zehn Jahren Haft verurteilt wurde? Hat er nicht mitbekommen, dass wenige Tage vor seiner Iran-Reise Dutzende Studenten für das ‚Verbrechen‘ ausgepeitscht wurden, gemeinsam eine Abschlussparty gefeiert zu haben? Wollte Häupl andeuten, dass es ihm lieber wäre, im Nahen Osten würde es noch viel mehr Gottesstaaten nach iranischem Vorbild geben, weil die Region dann viel ‚stabiler‘ wäre?
Dem Bürgermeister dürfte darüber hinaus noch nicht aufgefallen sein, dass der Iran u. a. deshalb als das „einzige stabile Land in der Region“ erscheinen kann, weil er für die Destabilisierung und den Zusammenbruch einer Reihe von Staaten im Nahen Osten, vom Libanon über Syrien, den Irak und den Jemen bis nach Afghanistan maßgeblich mitverantwortlich ist. Nicht ohne Grund preisen Regimevertreter den Umstand, dass der Iran bereits in vier arabischen Hauptstädten das Sagen habe. So repressiv der islamistische Gottesstaat seine Herrschaft im eigenen Lande zu sichern sucht, so aggressiv agiert er nach außen.
Dazu gehören auch die ständigen Vernichtungsdrohungen gegen Israel, die auch unter der angeblich ‚moderaten‘ Präsidentschaft Hassan Rohanis auf der Tagesordnung stehen. Häupl stellte freilich sicher, dass derartige Dinge die geplante Kooperation nicht beeinträchtigen. „Die Position des Iran zu Israel“, so war in der Presse zu lesen, „war laut Bürgermeisterbüro bei den Treffen kein Thema.“
Und auch um die frühere und aktuelle Unterstützung des Terrorismus durch das iranische Regime wurde mit Sicherheit ein großer Bogen gemacht. Obwohl es mit zumindest einem der Gesprächspartner Häupls, Akhbar Hashemi Rafsanjani, diesbezüglich durchaus einiges zu bereden gegeben hätte, z. B. die Rolle, die dieser 1989 spielte, als auf Befehl der iranischen Staatsführung oppositionelle Kurden in Wien ermordet wurden.
Das Eintreten für Menschenrechte und der Kampf gegen ‚jede Form des Antisemitismus‘ werden mit Sicherheit wieder bemüht werden, wenn sich Häupl in Sonntagsreden hierzulande wieder einmal in die Pose des unerschrockenen Streiters gegen rechts werfen wird. Bis dahin übt er sich im freundschaftlichen Plausch mit den Unterdrückern des iranischen Volkes und den Vertretern des Antisemiten-Regimes in Teheran.