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Sollte es etwa gar antisemitisch sein, Israel Apartheid vorzuwerfen?

Süddeutsche Zeitung, BDS-Veranstaltung Israeli Apartheid Week
Süddeutsche Zeitung, BDS-Veranstaltung Israeli Apartheid Week (Quellen: Süddeutsche Zeitung / Public Domain, Life in General / CC BY 3.0)

Gerade diejenigen, die zur unvoreingenommenen Diskussion von Achille Mbembes Thesen aufrufen, sind erstaunlich wenig an Diskussion interessiert.

Alan Posener, Starke Meinungen

Der Fall Achille Mbembe ruft die üblichen Reflexe der üblichen Verdächtigen hervor. Als zuerst der NRW-Landtagsabgeordnete Lorenz Deutsch (FDP), dann der Antisemitismus-Beauftragte des Bundes Felix Klein Einwände gegen die Einladung des Philosophen als Hauptredner bei der Eröffnung der diesjährigen Ruhrtriennale erhoben, reagierten die Leiterin der Ruhrtriennale und ihre linken und linksliberalen Freunde nicht etwa mit Betroffenheit und dem Angebot einer Diskussion über die gegen Mbembe erhobenen Vorwürfe des Antisemitismus und der Holocaust-Relativierung. Vorwürfe, die nicht nur in Deutschland, aber gerade hier jeden anständigen Menschen zum Innehalten und Nachdenken bewegen sollten. Stattdessen wurde sofort zurückgeschossen.

Nicht, weil seine Reaktion besonders originell wäre, sondern weil sie typisch ist, nehme ich mir stellvertretend den Kollegen Jörg Häntzschel vom Feuilleton der Süddeutschen Zeitung (SZ) vor. (…) Häntzschel belegt mit seinen Beispielen, dass die Intervention Felix Kleins eben nicht willkürlich erfolgte; dass es nicht darum geht, einen „Wissenschaftler aus Kamerun“ zu kritisieren, sondern einen Darling der deutschen akademischen Szene. Dass es nicht um den afrikanischen Antisemitismus geht, sondern um deutschen. Dass die Intervention mithin längst fällig war. (…)

Indem er also zwei Behauptungen Mbembes wiedergibt, die niemand als antisemitisch kritisiert hat, will Häntzschel anscheinend erstens ablenken von den Behauptungen Mbembes, die gelogen sind, etwa, dass er nie die BDS-Bewegung unterstützt, nie zu einem Boykott Israels aufgerufen habe und nie den Holocaust mit der Apartheid verglichen habe.

An die von ihm zitierten höchst fragwürdigen, aber nicht antisemitischen Behauptungen tackert Häntzschel jedoch eine, die tatsächlich antisemitisch ist: „Was Israel heute den Palästinensern antue, sei “schlimmer als die vergleichsweise primitiven Maßnahmen” des südafrikanischen Apartheidsregimes.“ Ob diese „radikale“ Behauptung antisemitisch sei, fragt er mit unschuldigem Augenaufschlag. Ja, Herr Häntzschel, und Sie wüssten warum, wenn Sie sich je die Mühe gemacht hätten, sich näher mit der „Israelkritik“ zu beschäftigen.

Es besteht ein gewaltiger Unterschied zwischen der Entrechtung der schwarzen Mehrheit der Bevölkerung Südafrikas durch die weiße Elite, um ihre Privilegien und Herrschaft zu wahren, und der militärischen Besatzung der 1948 widerrechtlich von Jordanien annektierten Gebiete westlich des Jordans durch Israel infolge eines Abwehrkrieges 1967.

Es besteht ein gewaltiger Unterschied zwischen der rassistischen Ideologie der weißen Überlegenheit, die der Apartheid zugrunde liegt, und der israelischen Haltung gegenüber den Arabern sowohl in Israel, wo sie gleichberechtigte Bürger sind, als auch in Judäa und Samaria, wo sie schon jetzt weitgehende Selbstverwaltung genießen nebst einem der höchsten Lebensstandards der arabischen Welt, und wo ein palästinensischer Staat entstehen soll.

Der weiße Rassenhass in Südafrika konnte mörderische Züge annehmen; darin war er eher dem antijüdischen Rassenhass der Hamas vergleichbar als der kühlen Pragmatik der israelischen Politik gegenüber den Arabern in der Westbank. (…) Und ja, Herr Kollege [Häntzschel]: Diffamierung, Delegitimierung und Doppelstandards sind Kennzeichen des israelbezogenen Antisemitismus

Jörg Häntzschel oder die Unfähigkeit zur Selbstkritik

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