Sehr geehrter Herr Rauscher,
in Ihrer Kolumne über den jüngst veröffentlichten Forschungsbericht „Muslimische Gruppen in Österreich“ schreiben Sie, es sei „auch keine Überraschung, dass unter manchen muslimischen Gruppen, vor allem jenen aus israelfeindlichen Regimen, der Antisemitismus sehr hoch ist.“ 62 Prozent der Syrer und 61 Prozent der befragten Türken seien der Ansicht, Juden hätten „zu viel Macht in der Welt“. Diesem einfach klingenden Zusammenhang steht freilich das von Ihnen nicht angeführte Ergebnis der befragten Iraner entgegen, von denen nur vier Prozent dem antisemitischen Statement „sehr“ und weitere vierzehn Prozent „eher“ zustimmten, während zehn Prozent ihm „eher nicht“ und 53 Prozent „gar nicht“ zustimmten.
Über die Gründe für dieses Ergebnis können wir nur mutmaßen. Vielleicht ist es dem speziellen methodischen Vorgehen geschuldet, das bei der Zusammenstellung der Samples teilweise zur Anwendung kam („Snowball-Sampling“) und, wie die Studienautoren betonen, kaum repräsentative Schlüsse zulässt. Möglich wäre aber auch, dass sich iranische Flüchtlinge ideologisch stark von dem Regime unterscheiden, vor dem sie geflohen sind. Wie auch immer: Übrig bleibt, dass unter den Flüchtlingen aus dem islamistischen Regime im Iran, das sich die Vernichtung Israels zum Staatsziel gemacht hat, von allen befragten Gruppen am wenigsten Zustimmung zur antisemitischen Aussage zu finden war, die Juden hätten zu viel Macht auf der Welt. Tatsächlich fiel sie mit insgesamt 18 Prozent sogar nur halb so groß aus wie unter den Österreichern, die an der von Ihnen erwähnten Befragung aus dem Jahr 2009 teilnahmen.
Mit freundlichen Grüßen,
Mag. Florian Markl
Mena Watch – der unabhängige Nahost-Thinktank