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US-Universität in Katar geht vor Schwulen-Hassern in die Knie

Der offen homosexuelle Sänger Hamed Sinno der libanesischen Indie-Rockband Mashrou’ Leila
Der offen homosexuelle Sänger Hamed Sinno der libanesischen Indie-Rockband Mashrou’ Leila (© Imago Images / PA Images)

Aufgrund von homosexuellenfeindlichen Protesten hat die Zweigstelle einer amerikanischen Universität in Katar eine auf dem Universitätsgelände geplante Diskussionsveranstaltung zum Thema „Medienrevolutionen im Nahen Osten“ abgesagt, an der auch Hamed Sinno (31), der offen homosexuelle Sänger der populären libanesischen Indie-Rockband Mashrou’ Leila hatte teilnehmen sollen. Das berichtet die Nachrichtenagentur Reuters.

Dem Bericht zufolge nannte die Northwestern University in Qatar (NU-Q) „Sicherheitsbedenken“ als Grund für die Absage. Sinno ist bekannt dafür, sich für die Rechte sexueller Minderheiten im Nahen Osten einzusetzen. Homosexualität ist in dem Emirat, das 2022 die Fußballweltmeisterschaft ausrichten wird, eine Straftat. Wegen der Proteste habe man im Einvernehmen mit der Band entschieden, die Veranstaltung statt in Katar in den USA auszurichten, teilte die Leitung der Universität laut Reuters mit.

„Die Entscheidung zur Verlegung wurde aus sehr großer Vorsicht heraus getroffen, aufgrund zahlreicher Faktoren, darunter die Sorge um die Sicherheit der Band und unserer Community“, teilte der Pressesprecher der Universität, Jon Yates Reuters per E-Mail mit. Yates versicherte, die Northwestern University sei sowohl in Katar als auch in den Vereinigten Staaten der akademischen Freiheit verpflichtet“. Die Verlegung der Veranstaltung „stellt sicher“, dass die „Gedanken und die Kunst gehört werden können“.

„Anstachelung zur Unmoral“

Laut Reuters hatten Gegner der geplanten Diskussion unter einem (von Reuters nicht spezifizierten) „arabischen Hashtag“ auf Twitter Druck gemacht und die Absage verlangt. Beispielhaft zitiert Reuters einen Twitter-Nutzer, der schrieb: „Dies ist gegen unsere kulturellen Standards und gesellschaftlichen Normen.“

Es ist nicht das erste Mal, dass Mena-Watch über einen Konflikt berichtet, der sich im arabischen Raum an Mashrou’ Leila entzündet. Im September 2017 kam es in Ägypten zu einer Reihe von Verhaftungen, nachdem Fans der Band auf einem Konzert in Kairo eine Regenbogenfahne geschwenkt hatten. Den Verhafteten wurde vorgeworfen, „sexuelle Abweichung beworben“ und „zur Unmoral angestachelt“ zu haben.

In Jordanien wurden schon mehrfach geplante Konzerte von Mashrou’ Leila kurzfristig verboten. Ihr Konzertkalender zeigte in den letzten Jahren einige wenige Veranstaltungen in Marokko, Tunesien, Ägypten und dem Libanon, wesentlich häufiger tritt die Band aber in Westeuropa, Kanada und den USA auf.

Die Northwestern University in Qatar ist eine geisteswissenschaftliche Universität, die vor allem für ihren Studiengang Journalismus bekannt ist. Katar begann in den 1990er Jahren mit dem Aufbau einer luxuriösen Education City, die mittlerweile Ableger westlicher Universitäten beherbergt. Die Qatar Foundation, die dem Herrscherhaus gehört, bewirbt den Standort so:

„Education City, unsere Flaggschiffinitiative, ist ein ziemlich einzigartiger Ort. Während eines kurzen Spaziergangs  – oder einer Fahrt mit der Straßenbahn – können Sie eine Ivy-League-Universität besuchen, auf der anderen Straßenseite eine der größten Bibliotheken der Region durchstöbern, und dann an einer Offenen Bühne der benachbarten Universität dahinter teilnehmen. So ist das Leben, wenn Sie Teil der engen Gemeinschaft von Education City sind. Es ist ein Ort mit Zweigstellen einiger der weltweit führenden Bildungseinrichtungen, einer einheimischen Forschungsuniversität, Gründerzentren, Technologieparks, Kulturstätten, kulturellen Einrichtungen und vielem mehr.“

Zahlreiche westliche Universitäten – und vor allem Eliteuniversitäten aus den USA – haben in den letzten 20 Jahren Zweigstellen in Ländern am Persischen Golf errichtet. Sie können sich rühmen, Teil der Globalisierung des Wissens zu sein und nehmen überdies mehr Geld in Form von Spenden und exorbitanten Studiengebühren ein.

Akademische Selbstzensur

Doch in einem repressiven Staat wie Katar – der obendrein ein Sponsor von Terrororganisationen wie der Hamas ist –, präsent zu sein, wirft moralische Fragen auf, die seit Jahren diskutiert werden. „In einem Umfeld wie Katar ist akademische Freiheit nicht möglich. Sie kann nicht existieren“, sagte vor einigen Jahren der inzwischen verstorbene Historiker und Kolumnist der Washington Times, Herbert London.

„Wenn es um Ernennungen von Dozenten geht, wenn es um Geld geht und wenn es um grundlegende Merkmale des akademischen Lebens geht, vor allem um die ganze Frage des freien und offenen Gedankenaustauschs, haben sich die Universitäten meines Erachtens kompromittiert, indem sie die Einrichtung der Universität in einem Teil der Welt zugelassen haben, in dem diese Bedingungen von Freiheit nicht erfüllt sind.“

Die Alternative sei einfach, sagte London:

„Entweder sagt man, man nimmt das Geld und kompromittiert seine Werte, oder man sagt, man nimmt das Geld nicht, und dann ist man eben nicht dort, und ehrlich gesagt, denke ich, es sollte Letzteres sein.“

Im jährlich von Freedom House veröffentlichten Bericht Freedom in the World wird Katar als „nicht frei“ bewertet. Über die akademische Freiheit heißt es im Bericht von 2017: „Die Verfassung garantiert akademische Freiheit, doch Wissenschaftler üben oft Selbstzensur bei politisch heiklen Themen.“ So wie wohl auch die Northwestern University, die die Debatte über „Medienrevolutionen im Nahen Osten“ sicherheitshalber in die USA verlegt.

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