Kann es bei den in zwei Wochen unter amerikanischer Schirmherrschaft in der Schweiz stattfindenden Gesprächen zur Beilegung Sudan-Krise zu einem Durchbruch in Richtung Frieden kommen?
Die Vereinigten Staaten haben die sudanesische Armee und die Schnellen Eingreiftruppen (RSF) eingeladen, an den von Washington vermittelten Waffenstillstandsgesprächen teilzunehmen, die am 14. August in der Schweiz beginnen werden. US-Außenminister Anthony Blinken erklärte vor einer Woche, die Afrikanische Union, Ägypten, die Vereinigten Arabischen Emirate und die Vereinten Nationen würden als Beobachter an den Gesprächen teilnehmen und Saudi-Arabien werde die Gespräche mitveranstalten.
Blinken fügte hinzu, dass »das Ausmaß von Tod, Leid und Zerstörung im Sudan verheerend ist. Dieser sinnlose Konflikt muss beendet werden«. Der US-Außenminister forderte die einander seit über einem Jahr bekämpfenden sudanesischen Streitkräfte und die Schnellen Eingreiftruppen auf, an den Gesprächen teilzunehmen und konstruktiv an einer Lösung mitzuarbeiten.
Stunden nach Blinkens Rede kündigte der Kommandeur der Schnellen Eingreiftruppen, Mohamed Hamdan Dagalo, an, seine Truppen würden an den Gesprächen teilnehmen. »Wir erneuern unsere Position, die darin besteht, Leben zu retten, die Kämpfe zu beenden und den Weg für eine friedliche politische Lösung auf dem Verhandlungsweg zu ebnen, die das Land zu einer zivilen Regierung und dem Weg der demokratischen Transformation zurückführt.«
Die sudanesische Regierung hingegen reagierte sechs Tage lang nicht, bis sie Dienstagabend dann doch bekannt gab, dass sie ebenfalls »der Aufforderung der USA nachgekommen ist, in Genf Verhandlungen über einen Waffenstillstand zu führen«. In einer Erklärung des sudanesischen Außenministeriums hieß es, die Regierung sei »erneut bereit, sich auf Verhandlungen einzulassen, um die Besetzung von Städten, Dörfern und Häusern durch die Rebellenmilizen [gemeint sind die Schnellen Eingreiftruppen] zu beenden«.
Die sudanesische Regierung betonte, dass sowohl die Form und die Tagesordnung der Verhandlungen als auch die teilnehmenden Parteien zuvor mit ihr abgesprochen werden müssten. Laut der Erklärung des Außenministeriums bat die Regierung auch um ein Treffen mit der US-Regierung, um die Friedensverhandlungen ausreichend vorbereiten zu können.
Neue Faktoren
Der Politikanalyst Othman Al-Mard erklärte, die Zustimmung der sudanesischen Militärregierung zur amerikanischen Einladung sei durch drei in jüngster Zeit aufgetretene Faktoren bedingt. Der erste dieser Faktoren sei ein Telefongespräch, das vor einigen Tagen zwischen dem sudanesischen Armeechef Abdel Fattah Al-Burhan und dem Präsidenten der Vereinigten Arabischen Emirate, Mohammed bin Zayed, stattgefunden hat, »ein Gespräch, auf dessen Ergebnissen man aufbauen kann«.
Der zweite Faktor sei die Erklärung der aufgelösten Nationalen Kongresspartei, der Partei des ehemaligen Regimes, die immer noch großen Einfluss auf die Armee hat und die Verhandlungen mit den Schnellen Eingreiftruppen unter bestimmten Bedingungen begrüßt. »Ich glaube, dass die Positionierung der Nationalen Kongresspartei eine bedeutende Entwicklung ist, da sie zuvor Verhandlungen grundsätzlich abgelehnt und dazu aufgerufen hatte, den Krieg fortzusetzen, um die Schnellen Eingreiftruppen zu eliminieren.«
Die Nationale Kongresspartei begrüßte am vergangenen Sonntag in einer Erklärung »jeden Frieden, der dem Leiden der Sudanesen ein Ende setzt und ihren Glauben, ihre Einheit, ihren Staat und ihre territoriale Souveränität bewahrt«.
Der dritte Faktor seien laut Othman Al-Mardi die jüngsten regionalen Bewegungen zu einem Ende der militärischen Auseinandersetzungen, »wie die Konferenz der sudanesischen Zivilkräfte, die vergangene Woche in Kairo stattfand, um Wege zur Beendigung des Krieges zu erörtern, sowie die Konferenz, die von der Afrikanischen Union zum selben Zweck veranstaltet wurde«.
Warum jetzt?
Zur Rolle der USA bei den anstehenden Gesprächen sagte der ehemalige stellvertretende US-Außenminister für afrikanische Angelegenheiten, David Shinn, aktuell würden sowohl Mitglieder des Kongresses als auch die Medien sowie humanitäre Hilfsorganisationen und Menschenrechtsgruppen zunehmenden Druck auf Washington ausüben, »sich aktiver für die Beendigung des katastrophalen Konflikts im Sudan einzusetzen«.
In den vergangenen zwei Jahren »standen leider der russische Krieg gegen die Ukraine und der Krieg in Gaza so sehr im Mittelpunkt der amerikanischen Aufmerksamkeit, dass für die Situation im Sudan wenig Zeit blieb«, fügte Shinn hinzu. Die neue Initiative in der Schweiz stehe für die Bedeutung, die Washington dem sudanesischen Problem inzwischen jedoch beimisst.
Der ehemalige sudanesische Botschafter Al-Sadig Al-Maqli sagte, der internationale Druck könne dazu beitragen, den Krieg zu beenden, insbesondere durch das jüngst zunehmende Interesse an der Lage im Sudan und den immer ernsthafteren Versuchen, die sich verschlimmernde humanitäre Krise zu beenden.
Zwar sei die amerikanische Rolle in den vergangenen Monaten nur zaghaft und ineffektiv gewesen und nicht über die Sanktionspolitik hinausgegangen, aber diese Situation habe sich geändert. Es sei nicht unwahrscheinlich, »dass die neue Initiative darauf abzielt, das Image Washingtons zu verbessern und einen Erfolg im Sudan zu erzielen, um damit den Wahlkampf der amerikanischen Regierung zu unterstützen«, meinte Al-Maqli, der die Ansicht vertrat, dass » neue amerikanische Initiative könnte die letzte Chance sein, den Zusammenbruch des Sudan zu verhindern.«