Schweigen über den Terror

Sehr geehrte Presse-Redaktion,

Patrick Müller hat in seinem Gastkommentar über die „Nahostfriedenssuche in der Endlosschleife“ das Kunststück vollbracht, über den Stillstand im 1993 begonnenen israelisch-palästinensischen Friedensprozess zu schreiben, ohne einen der wichtigsten Gründe für dessen Scheitern auch nur zu erwähnen: palästinensischer Terrorismus kommt darin schlicht nicht vor. Lediglich an einer Stelle bemerkt er, dass die Hamas „weiter auf Gewalt gegen Israel“ setze, nur um sogleich hinzuzufügen, es sei „ungeklärt“, ob sie sich „einem Friedensschluss anschließen würde“ – eine reichlich absurde Behauptung, lässt sie doch selbst an ihrer grundsätzlichen Ablehnung jeglichen Friedensprozesses nicht den geringsten Zweifel.

Kein Wort ist in Müllers Ausführungen darüber zu lesen, dass Israel allein seit der Jahrtausendwende den Palästinensern drei Mal die Gründung eines palästinensischen Staates im Gazastreifen und dem Westjordanland mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt angeboten hat, und alle diese Vorschläge von der palästinensischen Seite unbeantwortet blieben bzw. im Herbst 2000 mit einem blutigen Terrorkrieg beantwortet wurden.

Wenn Müller ferner behauptet, seit Beginn des Friedensprozesses habe „Israel seine Kontrolle über das Westjordanland … kontinuierlich ausgebaut“, so verschweigt er damit, dass Israel sich in den 1990er-Jahren sukzessive aus weiten Teilen des Gazastreifens und des Westjordanlands zurückgezogen hatte, sodass rund 98 Prozent der Palästinenser unter palästinensischer Kontrolle und Verwaltung lebten – mit dem Ergebnis, das sich dort unter den Augen und mit Unterstützung der Palästinensischen Autonomiebehörde eine Infrastruktur des Terrors entwickeln konnte, mit deren Hilfe in dem als „al-Aqsa-Intifada“ verniedlichten Terrorkrieg ab dem Herbst 2000 über 1100 Israelis bei Selbstmordanschlägen und anderen blutigen Attacken ermordet wurden. Dieser Terroroffensive war es geschuldet, dass Israel sich im März 2002 dazu gezwungen sah, Teile des Westjordanlands wiederzubesetzen, um der Gewalt ein Ende zu bereiten.

Schließlich meint Müller, die Politik „auf beiden Seiten“ habe es „verabsäumt“, die je eigene Bevölkerung auf die Verwirklichung einer Zwei-Staaten-Lösung einzustellen, womit er den völlig unhaltbaren Eindruck erweckt, die systematische Hetze gegen den jüdischen Staat in palästinensischen Schulen, Medien, Moscheen usw. würde auch nur annähernd eine Entsprechung auf israelischer Seite finden.

Wie Müller über das Scheitern des Friedensprozesses zu schreiben, ohne dabei auf den zugrundeliegenden Krieg einzugehen, die mehrfachen israelischen Friedensangebote auch nur zu erwähnen und entgegen aller Evidenz zu suggerieren, beide Seiten würden sich gleichermaßen in Hetze gegen die jeweils andere ergehen, ist eine in höchstem Maße verzerrende und daher überaus fragwürdige Darstellung des Konflikts.

Mit freundlichen Grüßen,
Mag. Florian Markl
Medienbeobachtungsstelle Naher Osten (MENA)

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