Von Florian Markl
Die Kleine Zeitung nahm bislang nicht dazu Stellung, dass in ihrer aktuellen Serie über das Judentum die historische Wahrheit zugunsten einer israelfeindlichen Verschwörungstheorie beiseitegelassen wurde, in der dem jüdischen Staat expansive Absichten unterstellt werden – Mena Watch hat darauf am vergangenen Freitag hingewiesen. Die Leserschaft des Blattes reagiert unterdessen gespalten auf die Serie. Eine Leserin, eine „überzeugte Christin“, die die Juden als „Ursprungsvolk meines Herrn“ liebt, bedankte sich für die „neutrale, historisch fundierte Berichterstattung“. Eine andere Leserin sah die Sache dagegen entschieden anders: Die Serie über das Judentum könne keine passende Einstimmung auf Ostern, „das Fest der Auferstehung Jesu sein, denn das Judentum anerkennt weder die Gottheit Christi noch seine Auferstehung von den Toten“. „Empörend für Christen“ sei es, Jesus in einer Liste „besonders erfolgreiche(r) Juden“ zu nennen. Kurz vor Ostern werde also „ohne Rücksicht auf christliche Leser die jüdische Einstellung gegenüber Jesus Christus voll übernommen.“ (Kleine Zeitung, 21. März 2016) Das rigide Abgrenzungsbedürfnis des Christentums vom Judentum, auf dessen Grundlage Jahrhunderte christlichen Judenhasses aufbauten, gehört anscheinend noch immer nicht der Vergangenheit an. Offenbar wurde die Schreiberin dieser Zeilen noch nie mit dem schrecklichen Verdacht konfrontiert, dass der noch bei seiner Kreuzigung in Jerusalem als „König der Juden“ (Lukas 23, 38-39) verspottete Jesus, nun ja, eben Jude gewesen sein könnte.